Sie erinnerte sich. Sie gedachte noch anderer Dinge, und sie erinnerte ihn an alles. Und dann rückten sie näher aneinander und saßen schweigend da und gedachten alter Zeiten.
Und all den andern ging es ebenso wie dem Zeisigpärchen.
Die Blumen neigten sich zueinander und flüsterten von der goldenen Zeit, als jeder Kelch eine Biene beherbergte. So eifrig waren sie, daß der eine kaum abwarten konnte, bis der andere mit seiner Geschichte fertig war. Über die ganze Wiese tönte es hin:
„Weißt du noch? Weißt du noch?“
Die Fliegen und Bienen saßen den halben Tag schläfrig da und hatten vertrauliche Gespräche über die schönen Sommertage, an denen sie summend und brummend auf der Wiese regierten. Die Bäume schlugen mit den Zweigen gegeneinander und erzählten sich Märchen aus ihrer grünen Jugend. Die Schilfhalme streckten die braunen Kolben zusammen und erlebten das ganze noch einmal im Traum. Die braunen Mäuslein saßen in der Abendsonne an der Hecke und erzählten den Kindern ihre Liebesgeschichte.
„Weißt du noch? Weißt du noch?“
Mitten im Tale stand der Herbstfürst, das Horn in der Hand. Aber niemand sah ihn.
Da flog die Krähe mit heftigem Flügelschlag aus dem Walde und schrie:
„Vorbei — vorbei! Wie mögt ihr von den alten Dingen reden! Es ist ja doch alles vorbei — vorbei — vorbei!“
Das Echo klang von den Hügeln:
„Vorbei — vorbei — vorbei!“
Und das Echo flüsterte im Schilf und summte im Fluß. Alle verstanden es, daß der Sommer zu Ende war. Sie schwiegen; mitten in ihren[S. 254] Geschichten verstummten sie, lauschten und sprachen es nach:
„Vorbei — vorbei — vorbei!“
Und plötzlich sahen sie alle den Herbst, wie er in seinem bunten Mantel mitten unter ihnen stand. Mit bangen Augen starrten sie ihn und einander an.