Da hob der Sommer seine Hand zum Lebewohl und hieß den Herbst von dem Reiche Besitz ergreifen.
„Heute nacht gehe ich fort,“ sagte er. „Und niemand außer dir soll es wissen. Mein Glanz soll noch eine Weile im Tale zurückbleiben, damit das Schicksal derer, denen du den Tod bringst, gemildert wird. Und später, wenn ich in weiter Ferne bin und meine Herrschaft in Vergessenheit zu geraten droht, dann soll die Erinnerung an mich und die Sonne und die schönen Tage wach werden.“
Damit schritt er in die Nacht hinein.
Aber hoch vom Wipfel des Baumes flog der Storch auf langen Flügeln dahin, und der Kuckuck flatterte vom Hochwalde herbei, und die Nachtigall verließ das Gesträuch mit ihren ausgewachsenen Jungen.
Leises Flügelrauschen erfüllte die Luft.
Das Zeisigpärchen plauderte am Rande des leeren Nestes.
„Erinnerst du dich noch an den Tag, als ich um deine Hand anhielt?“ fragte er. „Ich hatte mich geputzt und hübsch gemacht, so gut ich konnte, und auch du warst lieb und schön. Die Buche war eben grün geworden... nie in meinem Leben habe ich den Wald so wunderbar grün gesehen!“
„Oh, wie du gesungen hast!“ rief sie aus. „Sing wieder so, dann nehm’ ich dich vielleicht wieder.“
Aber der Zeisig schüttelte den Kopf.
„Meine Stimme ist weg,“ sagte er.
„Weißt du noch — wie wir das Nest bauten?“ fragte sie bald darauf. „Wie warm und gemütlich es war! Nie wieder bekomm’ ich ein so hübsches Heim. Sieh nur, wie garstig es jetzt aussieht!“
„Das haben die Jungen getan,“ entgegnete er.
„Ja — aber entsinnst du dich noch des Morgens, als sie aus dem Ei schlüpften?“ fragte sie, und ihre kleinen schwarzen Augen strahlten. „Wie waren sie süß und nackt und braun! Keine Minute konnte ich sie verlassen, ohne daß sie schrien.“
„Und dann bekamen sie Federn!“ sagte er und richtete sich auf. „Stolze Zeisige waren sie alle vier. Erinnerst du dich noch an den Tag, als sie zum erstenmal aus dem Nest hüpften?“