„Es ist alles gut!“ sagte er.
Und mit jedem Tage, der verstrich, erstrahlte sein Purpurmantel herrlicher, der goldene Gürtel[S. 241] um seine Lende flammte, und die rote Rose im Gürtel erglühte.
Auf einmal ertönte ein gräßlicher Schrei im Walde. So gellend klang es, daß es ringsum ganz still wurde und alle lauschten.
Es war eine alte knorrige Eiche, die den Schrei ausgestoßen hatte. Sie stand mitten in einer Schar junger Buchen.
„Sommer, Fürst, komm mir zu Hilfe!“ schrie sie. „Siehst du denn nicht, daß die Buchen mich erwürgen? Eh’ du noch zweimal deinen Einzug im Tale gehalten hast, werde ich unter ihrem Schatten tot und begraben sein.“
„Ich sehe es,“ sagte der Sommer ruhig.
„Du siehst es?“ schrie die Eiche und rang verzweifelt ihre alten Zweige.
„Du siehst es und hilfst mir nicht? Weh mir, was für ein Fürst bist du?! Da war der Frühling wahrlich ein anderer, gnädigerer Herr. Im Walde war kein trockenes Holz, dem er nicht ein paar grüne Blätter gewünscht hätte.“
Aber der Sommerfürst sah gleichgültig auf die sterbende alte Eiche hin.
„Hab’ nie die Verantwortung übernommen für die grünen Versprechungen des Frühlings,“ erwiderte er. „Ich herrsche nach meinem eigenen Gesetz, und das Gesetz gebietet, daß du sterben mußt. Was soll ich mit so welkem Holz in meinen frischen Wäldern?“
Dann wandte er sich zu den Buchen und sagte: „Ich hab’ euch Kraft zu wachsen gegeben. Ich geb[S. 242]’ euch doppelte, geb’ euch zehnfache Kraft. Beeilt euch und legt den alten Herrn zur Ruhe!“
Und die Buchen schossen empor und überschatteten die Eiche, so daß sie starb.
Aber auch andere brachten ihre Klage vor den Sommer. Jeden Tag, jede Stunde kam einer, der um Hilfe schrie.
Da war das Gras, das weinte, weil der Hirsch es fraß.
„Ich habe dich zahlreich gemacht wie der Sand am Meere,“ sagte der Sommer. „Ich habe dir Zähigkeit und rasches Wachstum, habe dir den Wind gegeben, auf daß er deinen Staub über die Wiese hinträgt. Für dich habe ich genug getan.“