Das waren seltsame, stille Tage. Überall sickerte, rieselte, brodelte, siedete es in der Erde, sonst war kein Laut zu hören. Stumm glitt der Nebel die Hügel hinan, in den Wald hinein, und hängte schwere Tropfen an alle Zweige. Und die Tropfen fielen herab vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen.
So dicht war der Nebel, daß der Fluß ganz darin verschwand, so daß man ihn nur strömen hörte. Und die Hügel verschwanden auch und der Wald, so daß man nichts als die äußersten Bäume sah, und selbst[S. 225] sie erschienen als Schatten auf der grauen Nebelwand.
Aber dort, wo der Nebel am dichtesten war, war der Frühling. Und je dichter der Nebel wurde, desto stärker leuchtete das grüne Gewand des Frühlings hervor. Und während das Wasser sickerte und die Tropfen tropften und der Fluß dahinströmte, sang der Frühling:
„Stille, stille rinnen
traufende Tropfen von hinnen!“
Aber oben im Gebirge lag lauernd der Winterfürst. Er sah, wie der Schnee schmolz und verschwand; er sah die Blumen kommen und konnte nichts dagegen tun. Bis hoch in die Berge hinauf schmolz der Schnee, und er dachte, es werde ganz toll werden, wenn er nicht etwas unternähme.
Im Dunkel der Nacht schlich er ins Tal hinunter, am nächsten Morgen war Eis auf den Pfützen, und der Nebel hatte sich auf der Wiese als funkelnder Reif niedergeschlagen.
Aber als der junge Frühling das sah, lachte er bloß.
„Das hilft dir doch nichts,“ sagte er. Und er hob sein junges Antlitz zum Himmel und rief:
„Sonne!“
Sofort teilten sich die Wolken, und vor der Sonne schmolzen das Eis und der Reif. Dann versteckte die Sonne sich wieder hinter den Wolken, der Nebel schwamm von neuem über den Höhen, und allerorten brodelte, sickerte, rieselte und tropfte es. Schneeglöckchen, Krokus und Weide blühten, daß es eine Lust war, und das Veilchen streckte vorsichtig seine Knospen aus dem Erdreich hervor.
„Nun ist’s gut!“ sagte der Frühling.
Kaum war ihm das Wort entfahren, so kam ein munterer Wind über die Hügel herbeigesprungen.