„Für mich ist die Erde kein Klumpen,“ erwiderte die Sonne. „Sie ist ebensogut mein Kind wie ihr alle. Und sie ist das jüngste und steht darum meinem Herzen am nächsten. Es ist noch gar nicht so viele tausend Jahre her, da riß sie sich von mir los und zog in die Welt hinaus, um auf eigene Faust ihr Glück zu versuchen. Wenn sie sich nur wacker hält und nicht die Laune verliert, dann werde ich gewiß Freude an ihr erleben.“
Das hörte die Erde, und sie hielt aus.
Mit jedem Jahr, das verstrich, wurde die steinerne Rinde dicker, das Wasser sank nach und nach in die Erde hinein, und das Land tauchte auf. Aber die Rinde wurde so dick, daß das Feuer nicht hindurchbrechen konnte, wann und wo es ihm gefiel, sondern sich gehörig zusammennehmen mußte, wenn es Lärm machen wollte. Selbst da war die Drangsalszeit der Erde noch nicht zu Ende.
Es war keine Ordnung in dem Ganzen.
In Grönland war es zum Beispiel ebenso warm wie in Italien. Es wuchsen Pflanzen auf der Erde, aber wie seltsam waren sie! Da waren Farne und Schachtelhalme, so groß wie jetzt die höchsten Bäume im Walde sind. Und da waren auch Tiere, aber das waren sonderbare, unheimliche Bursche, wie man ihnen heutzutage nie begegnet, außer in den alten[S. 208] Märchen. Es gab Eidechsen, die waren 30 Ellen lang und schwammen im Wasser, und es gab Drachen, die durch die Luft flogen und greulich anzusehen waren.
Und auf einmal wurde es auf dem größten Teil der Erde ganz unsinnig kalt. Wohin man sah, lag Eis und Schnee, und Tiere und Pflanzen starben.
Aber da brach das Feuer wieder hervor, so gewaltig wie noch nie, und stürzte Berge und Täler um. Große neue Lande erhoben sich aus dem Meer, und die breiten Wogen des Meeres überfluteten das alte Land.
Niemand verstand, welches Ende das nehmen würde.
„Meine arme, arme, liebe Erde!“ sagte die Sonne.
Aber wie schließlich Ordnung in alles kam — das kann man in dem Märchen von den vier Fürsten nachlesen.