„Das ist famos eingerichtet,“ sagte der Buchfink. „Und alle die bunten Farben habt ihr also nur, um die Insekten anzulocken?“
„So ist es,“ war die Antwort der Lichtnelke. „Ich für mein Teil bin allerdings ganz weiß, wie du siehst. Ich spekuliere nur auf die Insekten, die des Nachts ausfliegen, und dafür eignet sich die weiße Farbe am besten, weil sie im Dunkeln am hellsten leuchtet. Am Tage ist mir der Wettbewerb zu groß; aber jetzt ist mir das Feld ganz überlassen.“
„Na — na,“ sagte die Nachtviole, die nicht weit davon stand und alles mitangehört hatte. „Ich zähle doch auch mit!“
„Ich kann dich nicht sehen,“ sagte die Lichtnelke. „Wo stehst du? Wie heißt du? Was für Farben hat deine Blüte?“
„Ich heiße Nachtviole, und meine Blüte ist braun, klein und häßlich.“
„Dann bist du nicht gefährlich für mich,“ meinte die Lichtnelke.
„Nu—uun, ich komme schon durch! Vor einem Weilchen flog ein großer Dämmerungsfalter geradeswegs in meinen Schoß. Ich hatte ihn mit meinem Duft angelockt, verstehst du... dem süßesten Duft der Nacht! So süß ist er, daß die Menschen mich aus dem Süden, wo meine Heimat ist, in ihre Gärten nach dem Norden verpflanzt haben. Ich hab’ mich aus dem Garten des Müllers hierher verirrt, und nun bleibe ich hier bei dir!“
Die Lichtnelke wollte antworten, aber die Nachtviole stimmte ein Lied an:
„Nachtfalter, der du im Tanz
schwebst durch die kühle Luft,
kannst du mich finden?
Mir fehlet der Lichtnelke Glanz.
Aber mein köstlicher Duft
wird dich doch binden.“
„Ja, wenn du mich nur wenigstens die Dämmerungsfalter behalten ließest, und dich mit den Nachtfaltern begnügtest,“ sagte die Lichtnelke. „Die meisten von ihnen verzehren nichts, sondern fliegen an dem schönsten Honig vorbei, als ob es Dreck wäre.“
„Es ist genug für euch beide vorhanden,“ sagte der Buchfink. „Deswegen keine Feindschaft. Ihr solltet bloß die Tagblumen sehen. Da herrscht Kampf ... das ist eine andere Sache, ihr könnt’s mir glauben! — — Aber nun höre, Lichtnelke, da ist doch noch etwas, was ich nicht verstehe. Warum laßt ihr nicht selber Staub auf eure Eier fallen? Ihr habt ja genug Staub, und das wäre doch viel, viel einfacher!“