Und die wilde Möhre hob ihren Schirm über die andern empor und sang ein- übers andremal denselben Vers:
„Ihr Bienen, Hornissen, Fliegen,
kommet her zum Honigvergnügen!
Bei der wilden gelben Möhre
gibt es Honig frisch aus der Röhre!“
„Hier ist mehr zu haben, als wir bewältigen können,“ sagte die Hornisse.
Und sie kroch in die eine Blüte hinein und aus der andern hinaus. Die Bienen trugen Blütenstaub und Honig in ihre Körbe heim und eilten von dannen, um noch mehr zu holen. Die Hummeln summten und brummten, die Fliegen kletterten und krochen, die Falter tanzten durch die Luft vom einen zum andern, breiteten ihre bunten Flügel aus und schlossen sie wieder.
So ging es den ganzen Tag. Die Blumen lockten und sangen unaufhörlich, und die Sonne schien munter auf das alles hernieder. Erst als sie hinterm Walde sank, flogen die Insekten heim, jedes zu seiner Zufluchtsstätte.
„Das war ein guter Tag,“ sagte die Rose. „Die Hälfte meiner Blüten ist leer von Staub. Noch solch ein Tag, und ich bin zufrieden.“
Die Glockenblume nickte, denn auch sie hatte gute Geschäfte gemacht. Der Löwenzahn beeilte sich, alle seine kleinen Blüten zu schließen, und die Möhre stand noch da und hielt ihren Schirm bereit für den Fall, daß eine verspätete Fliege vorbeikommen sollte.
Aber im Grase am Grabenrand lag eine große alte Hummel auf dem Rücken und trat mit allen sechs Beinen in die Luft.
„Ist dir etwas zugestoßen, liebes Kind?“ fragte die wilde Rose an der Hecke.
„Ach nein!“ sagte die Hummel. „Ich ersticke nur beinahe vor Lachen. Ich mußte an die Studenten denken, die heut früh vorbeikamen. Hahaha! Sie dachten, ihr leuchtetet und duftetet für sie.“
„Ja, das waren lächerliche Gesellen,“ meinte die Rose.
„Hahaha!“ lachte die Hummel wieder. „Keine Ahnung hatten sie, daß ihr es um meinetwillen tut... und um der Bienen, Fliegen und Schmetterlinge willen. Der liebe Gott mag wissen, wie wir eure Honigläden finden sollten, wenn uns nicht unser Geruch zurechtwiese und ihr nicht ein ordentlich bemaltes Schild aufhängtet.“