Die Sonne am Himmel stieg und trocknete den Tau weg.
„Jetzt läute ich zum Zeichen, daß der Markt beginnt,“ sagte die Glockenblume.
Alle Blumen richteten sich auf und leuchteten und dufteten und gaben sich Mühe, gut auszusehen. Und[S. 191] von allen Seiten summten und surrten Fliegen, Bienen, Schmetterlinge und Hornissen, sowie eine Menge anderer Insekten herbei, die während der Nacht versteckt in ihren Nestern, unter großen Blättern oder an anderen Stellen gesessen hatten, wo es trocken und warm war.
Sie breiteten sich aus über die Hecke und den Grabenrand, flogen von einer Blüte zur andern und krochen in ihnen ein und aus. Und die Blüten leuchteten und dufteten und schrien durcheinander.
Die Glockenblume sang:
„Kling, klang, Bienlein,
kriecht in meine Glöcklein,
schöner Honig winket hier,
junge Königin, reichlich dir.“
„Wir kommen, wir kommen!“ riefen die Bienen, und einen Augenblick darauf saß in jeder der Glockenblüten eine von ihnen. Sie tranken so viel Honig, wie sie konnten, und der Staub rieselte von den Staubgefäßen auf sie herab und blieb an den Haaren ihres Körpers hängen.
Und die wilde Rose an der Hecke sang:
„Komm, gelbes Bienchen gut!
Komm, Falter, zum Rosenhaus!
In meinem Schoße sanft ihr ruht
beim lieblichen Morgenschmaus.
Gefüllt sind all die Rosen rot
mit Mehl zu leckerm Madenbrot.“
Und das Leinkraut sang:
„Tief in meinem Kelch ist der Honig verwahrt,
nicht jedem er sich offenbart.
Den holt nur der schwarze Hummelchor;
er öffnet sich keck mein gelbes Tor.
Komm, Hummel, komm! Ich leb’ ja nur für dich!
Das andre Gewürm verachte ich!“
„Nur Geduld, Kinder!“ sagten die Hummeln. „Wir kommen der Reihe nach zu euch allen!“
„Diesen Weg!“ schrie der Löwenzahn. „Den besten Honig am ganzen Grabenrand gibt es bei mir. In dem gelben Laden hier unten im Grase — schräg gegenüber der wilden Rose. Hochverehrte Fliegen, wollt ihr nicht bei mir einkehren? Hier gibt es etwas für jeden... alle meine hundert Blüten sind bis an den Rand gefüllt. Diesen Weg, diesen Weg!“