Da liefen alle an den Strand hinunter und setzten die Boote ins Wasser und warfen die Netze aus und taten einen schweren Zug nach dem anderen.
Aber der kleine Hering lag tief im Wasser, nahe am Grunde, und dachte gar nicht an die Gefahr, der er sich aussetzte. Und er legte Eier, zehn, zwanzig, hundert und tausend... bis er sie alle los war.
Und während des Eierlegens schwatzte er, genau so wie seine Mutter geschwatzt hatte. Ganz verworrene Dinge erzählte er, ohne sich darum zu kümmern, ob jemand ihn hörte:
„Ach, Kinderchen, Kinderchen... es ist so herrlich, in dem großen, weiten Meere zu leben und umherzuschwimmen. Die Möwen sind hinter uns her und die Haie und Dorsche und Thunfische und Menschen und viele andere böse Geschöpfe. Und doch läßt sich nichts in der Welt mit dem Leben eines Herings vergleichen. — — Ihr wißt nicht, wie schön es ist, hinter dem Plankton herzuschwimmen und Tag und Nacht zu fressen. Ihr wißt nicht, wie schön und still es da unten in den tiefen Gewässern ist, wenn oben die Wogen dahinrollen, wie herrlich es ist, in einer finstern, ruhigen Nacht an die Oberfläche zu schwimmen und seine Schuppen in dem schwachen Licht glänzen zu lassen. — Aber nichts war so schön wie die Reise hierher, um euch in die Welt zu setzen. Ich kann es euch gar nicht erklären, denn ich bekomme euch ja nie zu sehen und würde euch auch nicht erkennen, selbst wenn ich euch sähe. Der eine Hering gleicht dem andern.... Ihr wißt nichts von mir, und ich weiß nichts von euch. Ich habe auch erfahren, daß nur ganz wenige von euch am Leben bleiben. Wir waren bloß zwei von 30000 Geschwistern, und der eine von uns wurde gefressen, ehe er noch richtig ausgewachsen war. —[S. 183] Aber das macht nichts. Das Leben ist so schön, und der Hering ist das glücklichste Tier im ganzen Meere. Seht zu, daß möglichst viele von euch mit dem Leben davonkommen, und werdet zu schönen, blanken Heringen, die im Meere glänzen.“
Inzwischen hatte der kleine Hering alle Eier gelegt und war sterbensmüde davon geworden.
Er sah sich um und bemerkte, daß der ganze Schwarm zerstreut war. Viele waren gefangen, andere waren gefressen worden, und andere waren fortgeschlichen, nachdem sie die Eier gelegt hatten. Der ganze Meeresboden war mit Heringseiern bedeckt.
„Ja, ja,“ sagte der kleine Hering, „im nächsten Jahre gibt es wieder Heringe. Dafür stehe ich ein. Aber jetzt muß ich wahrhaftig sehen, ob ich nicht etwas zu essen kriegen kann.“
Er schwamm weg, ohne daß ihm jemand etwas zuleide tat.
Die Fischer hatten sich mit ihren Booten und Netzen zurückgezogen; die Haie und Dorsche waren anderswohin geschwommen, und die Möwen saßen auf den Felsen an der Küste und verdauten ihren Fraß.