„Das sind mir nette Kerle! Die singen doch nicht... die kreischen und schreien ja, daß sich[S. 144] ein anständiger Mensch die Ohren zuhalten muß. Und was für ein Leben führen sie? Die Eier schmeißen sie auf den nackten Sand, und dann legen sie sich selbst darauf. Keine Spur von einem Nest oder von irgendwelcher Gemütlichkeit! Die Jungen müssen, wenn sie kaum ausgewachsen sind, sich selber ihr Futter verschaffen. Das sind schöne Verhältnisse, muß ich sagen! Aber Gott behüte... arme Leute müssen ja mit allem zufrieden sein.“
„Sind deine Vögel denn besser?“
„Was faselst du da? Hier draußen ist freilich nicht viel los. Aber dort, woher ich stamme... da kannst du Vögel sehen, verehrter Freund! Sie singen, daß die Menschen stehenbleiben und lauschen ... Da gibt es Nachtigallen und Hänflinge, Zeisige, Drosseln und Finken. Sie bauen sich die niedlichsten Nester in den Büschen, füttern sie mit Daunen, Haaren und schönem Heu von der Wiese aus, so daß ihre Jungen wie Prinzen und Prinzessinnen darin leben können. Es geht ihnen sehr gut, verstehst du. Ich versorge sie ausgezeichnet, trage Beeren und Getreide für die, die es gerne fressen, und sie bekommen Fliegen und Würmer, soviel sie nur wollen.“
Der Sand lag da und dachte sich immer mehr und mehr in Wut und Ärger hinein. Als es Abend wurde, wehte und stob er zu seinem Privatvergnügen umher, häufte kleine Dünen auf und trug die Hügel an andere Stellen ab und benahm sich überhaupt, wie Sand sich zu benehmen pflegt. Dadurch besserte sich seine Laune allmählich.
„Wie du dich aufführst!“ rief die Erde. „Fliegst und stiebst umher. Eine ordentliche Pflanze könnte[S. 145] nie auf den Gedanken kommen, Wurzel in dir zu fassen, selbst wenn du ihr Nahrung bötest. Du würdest ja bald ihre Wurzeln bloßlegen und bald die ganze Pflanze begraben. Das gute Wasser läßt du durchsickern, als wäre es Schmutz... Du bist ein ganz leichtsinniger, unmöglicher Patron. Ich bin überzeugt, daß du selbst an deiner Armut schuld bist.“
„Ich bin, wie ich bin!“ erwiderte der Sand. „Ich liege still und fege umher, ganz wie es mir gefällt. Ich bin Herr über mein Gebiet wie du über deinen kleinen Fleck. Soweit du sehen kannst, herrsche ich längs des Meeres. Die Wellen spülen mich herauf, und die Wellen nehmen mich wieder. Der Wind trägt mich, und der Wind läßt mich fahren. Ich bin naß und bin trocken, wie es kommt.“
„Du solltest werden wie ich,“ sagte die Erde. „Schwer und fett und ruhig. Dann würden die Pflanzen in dir wurzeln, und du würdest reich werden.“
Es war Mai, und es war wunderschön in den Dünen. Vom Strande aus war nichts anderes zu sehen als Sandhaargras und dann das Häuschen des alten Mannes mit dem Garten; die bunten Krokus standen in Blüte, und alle Bäume und Sträucher trugen dicke Knospen. Aber auf der Seite der Dünen, die gegen den Wind geschützt war, glänzte und leuchtete es so von Stiefmütterchen, daß selbst die schwarze Erde ordentlich neidisch wurde.