Die schwarze Erde und der weiße Sand kommen nicht so leicht ins Gespräch miteinander. Sie wohnen an verschiedenen Orten und sprechen verschiedene Sprachen. Nicht einmal im Traume begegnen sie sich; denn das Erdreich träumt von grünen Wäldern, roten Rosen und gutem, goldenem Getreide, der Sand aber träumt nur vom Sandhaargras und den wilden Wellen.
Zuweilen kommen sie einander nahe, ohne daß aber jemals eine rechte Gemeinschaft zwischen ihnen entstünde. Denn der Wind weht viel Sand über das Erdreich hin, und Fuchs, Hase, Buchfink und Maikäfer tragen an ihren Füßen, ohne darüber nachzudenken, Erde in den Sand hinaus. So vermischen sie sich, und mitten zwischen der richtigen Erde und dem richtigen Sande entsteht ein Stück, das weder das eine noch das andere ist. Magere Erde nennt es der Bauer, weil es ihm nicht so viel Ertrag bringt wie die Ackererde. Gute Erde nennt es der Fischer, weil es ihm mehr gibt als der Sand.
Aber da war einmal eine Stelle, wo das schwarze Erdreich und der weiße Sand sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden, so daß sie sich unbedingt in die Augen sehen mußten. Da lernten sie auch zusammen sprechen, und es kam zu einem grauenhaften Spektakel zwischen ihnen.
Es ging so zu, daß da ein Mann war, der einst ein glückliches Leben auf der schwarzen Erde geführt hatte, dort, wo die Wälder und das Getreide und die Rosen wachsen. Doch dann war ihm etwas Böses widerfahren, so daß er es in seiner Heimat nicht mehr aushielt. Er meinte, den Rest seines Lebens da zubringen zu müssen, wo es wild und öde und unheimlich war. Darum erbaute er sich ein kleines niedriges Haus, so nahe am Strande, wie nur möglich, zwischen zwei Dünen, auf denen nur Sandhaargras und kleine Weidenbüsche und dergleichen armselige Pflanzen wuchsen. Vom Fenster aus konnte man über das weite Meer blicken, das manchmal ein ohrenbetäubendes Gebrüll erhob. Man konnte ein weites Stück am Strande entlanggehen, ohne ein Haus oder einen Garten zu sehen.
Nun war es so um den Mann bestellt, daß er sich trotzdem nach dem, was er verloren, sehnte. Darum hatte er sich einen kleinen Garten angelegt, der ihn viel Geld und Arbeit kostete. Von weit her ließ er schwere Fuhren Erde kommen, die die Pferde kaum durch den Sand ziehen konnten. Er pflanzte, säte und schützte die jungen Keime vor dem Sturm und der Kälte, die vom Meere herüberkamen. Nachdem viele Jahre verstrichen waren, hatte er das Ziel seiner Wünsche erreicht und konnte an schönen Sommertagen im Schatten seiner grünen[S. 142] Bäume sitzen, seine Rosen pflücken und an die großen Wälder von einst denken. Jetzt war er allerdings ein alter Mann. Aber das hat nichts mit der Geschichte zu tun. Der ganze Mann hat nur insofern etwas für die Geschichte zu bedeuten, als er den Garten angelegt und dadurch das Erdreich und den Sand einander so nahegebracht hatte, daß sie sich gegenseitig ihre Komplimente machen konnten.