„Meine Geschichte will ich euch gern berichten,“ sagte der vierte Dukaten. „Obwohl ich mein Geschick mit vielen andern gemein habe.“
„Ist die Geschichte schön?“ fragte ein kleines, kümmerliches Stiefmütterchen, das sich gerade geöffnet hatte. „Sonst fürchte ich mich. Wißt ihr: als ich im vorigen Jahr als winziger Samen im Kopfe meiner Mutter lag, da habe ich den zweiten Dukaten so etwas Greuliches erzählen hören. Das habe ich nie verwinden können. Darum sind meine Stengel so dünn und meine Blätter so klein.“
„Ja, die Geschichten der Dukaten eignen sich nicht für Kinder,“ sagte der Adler.
„Verschont uns doch um des Himmels willen mit dem dummen Geschwätz!“ rief das Eisen ungeduldig. „Wir wollen die Dukaten erzählen hören. Wenn hier einer diese Geschichten aus der Welt und dem Leben nicht vertragen kann, so mag er gefälligst weggehen. Wir sind doch Männer, sollt’ ich meinen.“
„Ich rechne mich allerdings zu den Damen,“ erwiderte das Stiefmütterchen. „Aber ich werde den Herren metallen nicht zur Last fallen.“
„Danke, sehr freundlich!“ sagte das Eisen spöttisch. „Dann kann der Dukaten also beginnen.“
„Wenn ich nur wüßte, was ich erzählen soll!“ sagte der Dukaten.
„Wir sind hier im Tale nicht verwöhnt,“ meinte das Eisen. „Hier geschieht nie etwas Besonderes. Erzähl’ nur darauf los!“
„Auch ich,“ begann der vierte Dukaten, „habe natürlich viele Besitzer gehabt. Es ist nun mal un[S. 136]ser Los, von Hand zu Hand zu gehen, wie schon meine verehrten Kollegen ganz richtig bemerkten. Wir können keinen Widerstand leisten; und wir können natürlich nicht im geringsten die Verantwortung übernehmen für das, was unsre Besitzer mit uns beginnen. Heute können wir in der Tasche eines ehrlichen Mannes liegen, und morgen in der eines Diebes. Das einemal kauft man Branntwein für uns, das andremal Rosen. Man fügt sich in sein Schicksal, ohne darum schlechter zu sein. Der Dukaten verliert seinen Wert nie, durch wessen Hände er auch gehen mag. Aber wenn sich das auch so verhält, so müßt ihr darum nicht glauben, daß ich ohne Gefühl bin. Auch ein Dukaten hat ein Herz wie andere Leute, und nicht alle unsre Herren sind uns gleich lieb. Von dem einen trennen wir uns betrübt, von dem andern mit Freuden. Die einen vergessen wir nie, die andern beachten wir kaum.“
„Das wäre also die Einleitung,“ rief das Silber. „Nun laß uns die Geschichte hören!“
„Unter allen meinen Besitzern,“ begann der vierte Dukaten, „war mir der liebste —“. Weiter aber sollte er nicht kommen in seiner Geschichte, denn der Adler unterbrach ihn von seiner Zinne mit dem Rufe:
„Da kommen Menschen!“