„Wir haben ihn gesehen!“ sagte der Adler.
„Wir haben ihn gesehen!“ fielen auch die andern ein.
„Du bist hier aus dieser Gegend!“ erklärte der Adler. „Du warst in dem ersten Goldklumpen enthalten, der von hier weggetragen wurde.“
„Herrgott!“ rief der erste Dukaten. „Dann sag’ ich auch allen guten Tag! Seid mir nicht böse, weil ich euch nicht wiedererkannt habe. Aber ihr wißt ja: wenn man so lange draußen in der weiten Welt gelebt hat....“
„Dann wird man ein feiner, großer Herr,“ fiel der Adler ein. „Das kennen wir. Aber weißt du auch, daß der Mann, der dich hierher getragen und dich und deine vier Geschwister von sich geworfen hat, derselbe war, der damals seinen Freund erschlug und den Goldklumpen aus diesem Lande mit sich nahm?“
„Nein, wirklich!“ rief der Dukaten. „Die Sache wird ja immer merkwürdiger. Ich hab’ ihn gar nicht erkannt.... die Menschen gleichen sich alle, und ich bin in so vielen Händen gewesen.“
„Allerdings!“ bestätigte der Adler.
Doch das Eisen bat: „Erzähle! Erzähle!“ Und[S. 102] das Blei und das Kupfer und das Silber stimmten mit ein.
„In der Stadt brachte der Mann den Klumpen auf die Bank,“ fuhr nun der Dukaten in seiner Erzählung fort. „Da bekam er viel, viel Geld dafür ... es wurde auf dem Tische aufgezählt: Papiergeld, Gold und Silber. Die Leute sagten, ein so großer Klumpen sei überhaupt noch nie gefunden worden.“
„Sie hatten recht,“ unterbrach ihn der Adler. „Ich habe viel gesehen, aber noch nie einen solchen Klumpen Gold. Er hat allerdings gleich, als er gefunden wurde, ein Menschenleben gekostet!“
„Laß doch den Dukaten erzählen!“ rief das Eisen ungeduldig dazwischen.
„Dann kam der Klumpen in die Münze,“ fuhr der Dukaten fort. „Ein gehöriger Haufe Goldstücke wurde aus uns... lauter funkelnagelneue Dukaten mit dem Bilde des Königs. Wir wurden in Rollen zu zehn und zehn gelegt und sorgfältig eingepackt. Dann wurden wir zur Bank getragen ... das heißt ich wurde von dem Mann, der mich trug, gestohlen. Er nahm mich, weil ich zu oberst lag... ich glaube, er nahm ein Goldstück von jeder Rolle.“
„Seht ihr!“ sagte der Adler. „Es kommt, wie ich prophezeit habe. Aus dem Golde entsteht nichts als Unglück und Verbrechen.“
„Am Abend hat er mich im Wirtshaus verspielt,“ erzählte der Dukaten weiter. „Gerade als er mich verloren hatte, kam die Polizei und verhaftete ihn wegen seines Diebstahls. Der, der mich gewann, spielte mit einer falschen Karte. Als die andern[S. 103] den Betrug entdeckten, entstand eine große Schlägerei. Schließlich einigte man sich dahin, mich in Branntwein umzusetzen. So gelangte ich in die Schublade des Wirtes. Gegen Morgen kam wieder ein Dieb und stahl mich.“
„Grauenhaft!“ warf das Eisen ein.
„Hab’ ich es nicht prophezeit?“ rief der Adler. „Und ich bin überzeugt, das ist noch nicht alles.“