Durch unwegsames Gebiet waren sie gezogen... durch dichte Wälder, Moore und Steppen, über Meer und Land. Viele blieben vor Erschöpfung und Entbehrung unterwegs liegen und kamen um, weil keine Hand sich regte, um ihnen zu helfen. Jeder der Gesunden fürchtete ja, er könne vielleicht eine Stunde zu spät kommen, und ein andrer könne den Goldklumpen finden, auf den man selber hoffte. So blieben die Kranken und Toten am Wege liegen; und keinem drückte Freundeshand die Augen zu.
Und als die Schar der Goldsucher das böse Land erreichte, da teilten sie es unter sich. Im Tale und auf den Felsen war bald ein Gewimmel wie in einem Ameisenhaufen. Den langen Tag hindurch hackten und gruben und wühlten die Leute mit zusammengebissenen Zähnen und stieren Augen. Unter ihnen waren solche, die an die Arbeit in Feld und Wald gewöhnt waren; sie ermüdeten nicht. Aber auch solche, die nie mit den Händen gearbeitet hatten: Lehrer, Priester und Gelehrte; denen erging es nicht so gut. Sie brachen bei der Arbeit zusammen und mußten dann als die Diener der andern ihr Dasein fristen.
Einige — und das waren die Klügsten — ließen die Goldgräber sich abrackern, soviel sie Lust hatten, und eröffneten selber eine Wirtschaft,[S. 90] eine Spielbank oder einen Laden. Sie meinten, das Gold werde dann schließlich doch zu ihnen kommen, und das tat es auch. Wenn einer Gold fand, so glaubte er, auf sein Glück trinken zu müssen; und oft vertrank er den ganzen Gewinn. Hatte aber einer keinen Erfolg gehabt, so mußte auch er trinken und verbrachte alle Habe, die er aus der Heimat mitgenommen hatte, oder trank auf Borg, solange der Wirt ihm Kredit gab.
Machte jedoch einer einen großen Fund und begann er dann nicht zu schlemmen und zu schwelgen, so hatte er weder Ruh noch Rast, sondern war wie ein gehetztes Tier im Walde.
Denn er kannte ja die andern Goldgräber und wußte, daß nur wenige von ihnen davor zurückschrecken würden, zum Dieb oder Mörder zu werden, bloß um den Goldklumpen zu bekommen. Darum wagte der glückliche Finder nicht einzuschlafen und seinen Schatz einen Moment aus den Augen zu verlieren. Wie ein Verbrecher mußte er des Nachts mit seinem rechtmäßigen Eigentum fortschleichen, um die nächste Stadt zu erreichen und den Klumpen in der Bank gegen gute Goldstücke umzutauschen. Und hinter ihm her schlichen Leute mit Revolvern in der Tasche und mit Mordgedanken im Sinne.... um ihm in einsamer Gegend aufzulauern und ihm das Gold zu entreißen.
Kein Tag verging ohne Revolverschüsse und Todesgeschrei, kein Tag, ohne daß ein Dieb gehängt wurde.
„Seht ihr’s!.... Seht ihr’s!“ rief der Adler. „Es ist gekommen, wie ich prophezeit habe. Überall, wo das rote Gold schimmert, erwächst Unheil[S. 91] und Verbrechen. Wer nichts findet, wird schlecht und mißgünstig. Und wer etwas findet, wagt nicht froh zu sein, aus Furcht, das Gefundene wieder einzubüßen.“
„Ich glänze!.... Ich glänze!“ rief das Gold.
„Wann kommt die Reihe an uns?“ fragte das Eisen. „Wir liegen hier, gewaltig und groß, und niemand schenkt uns Beachtung.“