„Das versteh’ ich nicht,“ sagte der Hänfling.
„Ich versteh’ es selbst nicht,“ entgegnete der Wind. „Aber ich tu es.“
Dann legte er sich. Und die Freunde ließen ihre Köpfe hängen und wußten keinen Rat.
„Da ist nichts zu machen, wir müssen sterben,“ rief die Kornblume.
„Habe ich den Winter hindurch hier gestanden, so werd’ ich doch wohl auch das aushalten,“ sagte der Nußstrauch. „Aber streng ist es.“
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Und die Glockenblume und die Kornblume, die noch keinen Winter überstanden hatten, fragten sich erstaunt, ob er denn wohl noch schlimmer sein könne als das, was sie jetzt durchzumachen hatten. Und der Hänfling träumte vom Süden, wo er sich im Winter aufhielt, und die Grashalme hatten die Sache ganz aufgegeben.
„Reichen deine Zweige nicht bis zur Sonne?“ fragte die Kornblume den Nußstrauch.
„Kannst du nicht zur Sonne fliegen?“ fragte die Glockenblume den Hänfling.
Aber das konnten sie nicht, und die Tage verstrichen, und das Elend wuchs. Es war ganz still im Walde. Kein Vogel piepte, der Fuchs hielt sich in seiner Höhle, der Hirsch lag im Schatten und ließ ächzend die Zunge zum Halse heraushängen; und die Zweige der Bäume hingen gleichfalls herab, wie wenn ein Begräbnis im Gange wäre.
Die Glockenblume aber läutete mit all ihren Glocken, als wollte sie den Tod einläuten im Walde.
Wer es hörte, weiß man nicht recht; und keiner der Freunde sagte etwas. Aber dann hörten alle deutlich jemanden sprechen, und alle wußten sofort, daß es die Sonne war, die der Nußstrauch mit seinen Zweigen nicht erreichen und zu der der Hänfling nicht hinfliegen konnte, die aber die Klage der Glockenblume gehört hatte:
„Ich scheine, wie ich muß, und nicht, wie ich will; und ich kann euch nicht helfen. Keinen Fußbreit kann ich von meinem Wege abweichen, keinen Strahl kann ich nach meinem eignen Willen versenden.“
„Ich versteh’ es nicht,“ sagte der Haselnußstrauch.