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Einleitung
日期:2023-11-21 14:17  点击:270
Die türkischen Märchen, die dieser Band bietet, sind zweierlei Art: Volksmärchen und Kunstmärchen. Die ersteren umfassen die Nummern 1 bis 21, die zweiten die Nummern 22 bis 66. Die letzteren sind die Märchen, die, in der Hauptsache aus Indien stammend, ihren Weg über die ganze Welt gemacht haben und auch durch Vermittlung des Persischen nach der Türkei kamen. Sie sind in den Märchensammlungen der Qyrq vezir, dem Humajunname und dem Tutiname enthalten.
 
Diese genannten Sammlungen sind keine sklavischen Übersetzungen, sondern kunstvolle Umarbeitungen, die als Produkte der türkischen Literatur ihren eigenen Wert und ihre Bedeutung haben. Einfluß auf das Volk haben sie nur indirekt ausgeübt, da sie ihres künstlichen Stiles wegen dem Ungebildeten nicht verständlich waren. Trotzdem finden wir auch in den Volksmärchen viele Stoffe aus diesen Sammlungen.
 
Türkische Volksmärchen sind zuerst in größerem Umfange von Ignác Kúnos gesammelt und herausgegeben worden. Ich nenne nur seine Hauptsammlungen:
 
1. Osmán-török népköltési gyűjtemény (2 Bände), Budapest 1887–1889.
 
2. Band VIII von Radloffs Proben der Volksliteratur der türkischen Stämme, Petersburg 1899.
 
3. Ada-Kalei török népdalok, Budapest 1906.
 
4. Materialien zur Kenntnis des rumelischen Türkisch (mit deutscher Übersetzung), Leipzig 1907.
 
Er hat auch einen Band: Türkische Volksmärchen aus Stambul. Leiden ohne Jahr, in deutscher Sprache herausgegeben, die aber mehr eine freie Bearbeitung als eine Übersetzung sind.
 
In der Türkei sind verhältnismäßig sehr wenige solcher Sammlungen gedruckt worden. Abgesehen von einzelnen Erzählungen sind in den früheren Jahren nur zwei Sammlungen erschienen. Erstens das Billur kjöschk, so genannt [2]nach dem Titel des ersten Märchens dieser Sammlung, und zweitens Horos kardasch. Von diesen ist das letztere von Georg Jacob übersetzt und in der Türkischen Bibliothek, Band V, Berlin 1906, erschienen. Von dem ersteren, über das man Georg Jacob, Die türkische Volksliteratur, Berlin 1901, S. 5 ff. vergleiche, war schon oft eine deutsche Übersetzung gewünscht worden. Die in Amerika erschienene englische Übersetzung: Told in the Gardens of Araby (untranslated till now) by Izora Chandler and Mary Montgomery, Neuyork 1905, ist mir unzugänglich geblieben. Ich habe daher die ganze Sammlung übersetzt. Es sind die ersten 14 Märchen dieses Bandes. Inzwischen ist nun noch eine Übersetzung von Theodor Menzel erschienen in Beiträge zur Märchenkunde des Morgenlandes, herausgegeben von Georg Jacob und Theodor Menzel, Band II, Hannover 1923.
 
In neuester Zeit hat man auch in der Türkei angefangen, sich mehr für das Märchen zu interessieren. Davon gibt zunächst ein Band: Türk Masallary (Türkische Märchen) von K. D. in Konstantinopel, Druckerei Mahmud Bej 1329/1911, und die Veröffentlichungen des Türk Yurdu der letzten Jahre Kunde.
 
Die Türk Masallary enthalten eine sehr hübsche Sammlung bekannter und unbekannter Märchen, die recht geschickt erzählt sind. Sie sind zwar im allgemeinen in einem einfachen Stil gehalten, aber sehr häufig finden sich doch Wendungen, die dem Volke nicht verständlich sind. Sie wenden sich mehr an den Durchschnittsgebildeten, dem sie diese Märchen in etwas verfeinerter und veredelter Gestalt darbieten. Da der gebildete Türke über diese Gattung Literatur im allgemeinen die Nase rümpft, so ist dies Bestreben durchaus anzuerkennen, aber von ihrer schlichten Einfachheit haben sie doch viel verloren. Von diesen Märchen ist bis jetzt das erste von Beck in dem Korrespondenzblatt der Nachrichtenstelle für den Orient Nr. 9, Berlin 1917, übersetzt. Der türkische Text ist von ihm in der [3]Sammlung: Der islamische Orient, Heidelberg 1917, veröffentlicht. Ich habe in meiner Übersetzung eine Probe in den Nummern 19 bis 21 gegeben.
 
Die Publikationen des Türk Yurdu wenden sich an die Jugend. Sie sind in reinem Türkisch geschrieben. Leider sind neben echt türkischen auch allerhand moderne europäische Stoffe übernommen. Ich habe aus dieser Sammlung das Märchen: In der Jugend oder im Alter?, das von Ömer Sēfüddīn verfaßt ist, übersetzt.
 
Neben diesen Märchen, die aus türkischen gedruckten Sammlungen entnommen sind, habe ich dann die Märchen übersetzt, die ich in Kleinasien aus dem Munde gänzlich ungebildeter Leute gesammelt und in meinem Werke: Materialien zur Kenntnis des anatolischen Türkisch, Halle 1907, veröffentlicht habe. Es sind dies die Nummern 15 bis 19. Stilistisch stehen sie natürlich am tiefsten, denn es sind eben keine Erzähler von Beruf, die sie mir mitgeteilt haben. Aber gerade in ihrer Unberührtheit von jeder Kunst der Darstellung geben sie ein Bild der türkischen Märchen in ihrer primitivsten Form.
 
Von den Kunstmärchen stammen 22 bis 40 aus dem Tutiname oder Papageienbuch, 41 bis 63 aus dem Humajunname und 64 bis 66 aus dem Qyrq vezir. Wie schon vorher gesagt, sind dies Übersetzungen, die in letzter Linie auf indische Vorbilder zurückgehen. Ich verweise hierfür auf den bibliographischen Wegweiser in Georg Jacob, Beiträge zur Märchenkunde des Morgenlandes, Band I, Hannover 1923, und auf Johannes Hertel, Das Pañcatantra. Seine Geschichte und seine Verbreitung, Leipzig und Berlin 1914.
 
Vom Tutiname gibt es eine vollständige deutsche Übersetzung von Georg Rosen (Tuti-nameh. Das Papageienbuch. Eine Sammlung orientalischer Erzählungen. Nach der türkischen Bearbeitung zum ersten Male übersetzt von Georg Rosen, Leipzig 1858). Aus dieser Übersetzung habe [4]ich die Verse und auch hier und da besonders glückliche Verdeutschungen des Prosatextes beibehalten.
 
Die Qyrq vezir hat Walter Fr. Adolf Behrnauer (Die vierzig Veziere oder weisen Meister, Leipzig 1851) übersetzt. Ich habe Nr. 64 bis 66 daraus übernommen mit gelegentlichen Verbesserungen.
 
Von dem Humajunname existiert bis jetzt keine deutsche Übersetzung, denn die von Suby Bey: Fabeln und Parabeln des Orients, Berlin 1903, herausgegebene ist nur eine inhaltliche Wiedergabe einiger ausgewählter Stücke. Ebendasselbe gilt von der französischen Bearbeitung Gallands und Cordonnes und der aus ihr geflossenen deutschen. Es sind alles selbständige Umarbeitungen des Inhaltes. Allerdings ist nun eine wörtliche Übersetzung für ein nicht orientalisch gebildetes Publikum eine Unmöglichkeit. Das Humajunname ist nämlich in einem so gekünstelten, mit Koranstellen und Versen geschmückten Stil geschrieben, der eine Menge Anmerkungen und Erklärungen nötig machen und den Leser ermüden würde. Ich habe daher das überflüssige Beiwerk ausgelassen und die Weitschweifigkeiten gekürzt, aber sonst, soweit es anging, übersetzt.
 
So dürfte dieser Band einen guten Überblick über das türkische Märchen in seinen verschiedenen Darstellungen geben. Verwandte Stoffe der Volksliteratur, wie den Volksroman, das Karagöz usw., hielt ich nicht für angebracht, in dieser Sammlung zu vereinigen. Es ist auch schon mancherlei davon in deutschen Übersetzungen vorhanden. Ich nenne nur die schöne Übersetzung des Köroglu von Szamatolski in der wissenschaftlichen Beilage zum Jahresberichte der sechsten städtischen Realschule zu Berlin, Ostern 1913, sowie die Karagözübersetzungen Georg Jacobs und verweise für die letzteren auf seine Türkische Literaturgeschichte in Einzeldarstellungen: Heft I, Das türkische Schattentheater, Berlin 1900.
 
Bei der Übersetzung habe ich mich im Gegensatz zu Kúnos möglichst an das Original gehalten, um dessen Einfachheit [5]nicht zu zerstören. Nur da, wo sich der türkische Satzbau nicht wiedergeben ließ, habe ich mir Freiheiten erlaubt. Jedenfalls kann die Übersetzung, soweit das möglich ist, eine wörtliche genannt werden. Die Weitschweifigkeiten, die Wiederholung derselben Wörter und die Unebenheiten im Stile, z. B. im Subjektswechsel, fallen dem Original zur Last. 

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