Aehnlich ist die Wirkung der Dampfmaschine, bei welcher der in einem Dampfkessel erzeugte, hochgespannte und dann mehr oder weniger überhitzte Dampf ebenfalls in einen Zylinder1 mit Kolben tritt und diesen vorwärts schiebt. Um die im Dampf enthaltene Energie möglichst auszunutzen, sperrt2 die sogenannte Steuervorrichtung3 den[Pg 50] Zutritt des frischen Dampfes aus dem Kessel nach etwa 1/10 bis 1/3 des Kolbenweges ab, und der Dampf dehnt sich dann weiter nahezu adiabatisch unter Abkühlung und Abnahme des Druckes aus, wobei4 ihm aber durch Heizung der Zylinderwände etwas Wärme zugeführt werden muss, wenn keine Verdichtung eintreten soll. Der bis nahezu Atmosphärendruck ausgedehnte Dampf tritt dann entweder in die Luft aus oder er tritt in einen sogenannten Kondensator, worin er durch Abkühlung der Wandungen oder durch eingespritztes Wasser verdichtet wird. Hierbei4 entsteht ein bis etwa 65 cm Quecksilbersäule niedrigerer5 Druck, als der Atmosphärendruck beträgt; der auf Atmosphärendruck expandierte Dampf kann sich also noch weiter ausdehnen und dabei4 Arbeit abgeben. Wegen der bei letzteren Maschinen notwendigen Pumpe zum Fortschaffen des Kondenswassers aus dem Kondensator geht6 hierbei ein Teil Arbeit wieder verloren, der bei kleinen Maschinen grösser ausfallen7 kann als der durch die Verdichtung erzielte Gewinn.
Beträgt der Ueberdruck des Kesseldampfes nicht mehr als 6 Atm., so genügt für die Ausdehnung ein Zylinder. Bei 8 bis 10 Atm. Kesselüberdruck ist es aber vorteilhafter, die Expansion stufenweise auf 2 Zylinder, den Hochdruckzylinder mit kleinerem und den Niederdruckzylinder mit grösserem Durchmesser zu verteilen, während man für noch höheren Dampfdruck (12 bis 17 Atm.) die Expansion auf 3 und sogar 4 Zylinder verteilt. Da selbst in dem bei niederer Temperatur verdichteten Dampf noch sehr grosse Wärmemengen enthalten sind, hat man in neuester Zeit versucht, die Wärmeausnutzung der Dampfmaschine noch vollkommener zu gestalten, indem man8 den Kondensator einer Wasserdampfmaschine als Heizapparat für einen mit Aether oder flüssiger schwefliger Säure gefüllten zweiten[Pg 51] Dampfkessel verwendete und mittels der schon bei niederer Temperatur hoch gespannten Dämpfe dieser Flüssigkeiten eine zweite mit der ersten mechanisch gekuppelte Dampfmaschine antrieb. Auf diese Weise hat man den Wirkungsgrad9 der Dampfmaschine, der bei der Wasserdampfmaschine zusammen mit dem Kessel bis etwa 12 Prozent erreicht, auf 17 Prozent zu steigern vermocht. Aehnliche Vorteile hat man durch sehr starke Ueberhitzung des Dampfes erreicht.