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Gockel, Hinkel und Gackeleia-93
日期:2023-09-13 17:14  点击:259
Da neigten sich die drei weißen Klosterfrauen gegen die rechte Schulter der Ahnfrau und man hörte die Worte wieder:
 
"O Stern und Blume, Geist und Kleid,
Lieb, Leid und Zeit und Ewigkeit!"
Hierauf nahte die Mutter Gackeleias dem Sarge und legte vier der acht Amaranthbänder, die von dem Gürtel der Ahnfrau ausliefen, zur rechten und vier zur linken Seite des Sarges heraus, und indem sie die weiten Aermel ein wenig über den hagern elfenbeinernen Händen der Ahnfrau in die Höhe zog, sprach sie: "sieh Gackeleia, da bewährt sich das Sprichwort wieder--an der Klaue kennt man den Löwen und an der Hand die Gräfin von Hennegau.--Wenn wir es auch nicht wüßten, so würden uns diese Hände sagen, daß sie der Gräfin Amey von Hennegau gehören. Sieh, Gackeleia, von ihr haben wir die sogenannten Hennegauischen Dockadaumen oder Gnadendaumen geerbt." Gackeleia küßte die Hände der Ahnfrau ehrerbietig, indem sie den Vater fragte, woher denn der Name Hennegauische Gnadendaumen komme; da erwiederte Gockel: "die ganze Hennegauische Familie stammt mütterlicher Seite von einem römischen Kaiser Curio und dessen Weib Docka her, die Christen geworden, nach Deutschland gezogen und auch das Land Vadutz gegründet. Es war aber bei den heidnischen Römern eine grausame Belustigung, Männer mit Schwertern auf Tod und Leben mit einander fechten zu sehen. Wenn nun einer der Kämpfer unterlag, setzte ihm der andere das Messer an die Kehle und schaute umher, ob man ihn tödten oder begnadigen lassen wolle; wer nun verlangte, der Ueberwundene solle leben bleiben, der hob die Hände in die Höhe und schloß den Daumen fest in die Faust, das war das Zeichen der Gnade; die Kaiserinn Docka soll gleich nach ihrer Geburt schon die Händchen in dieser Stellung gehabt haben, so daß die Mutter ausrief: "Ach mein liebes Kind du bist ein Gnadenkind!" --Docka aber hielt bei jeder Gelegenheit, wo es Hilfe und Rettung galt, von frühester Jugend auf ihre Händchen immer in dieser Gnadenstellung, so daß ihre Daumen sich ganz danach bildeten und man dieselben Gnadendaumen, Dockadaumen nannte, und von ihr ist diese Handbildung auf alle Gräfinnen von Hennegau, mit der großen Neigung zu begnadigen und zu vergeben, vererbt.--Sieh Gackeleia, daher kömmt der Gebrauch, daß man sagt, halte mir den Daumen, wenn man verlangt, ein anderer solle mit seiner ganzen Seele unser Glück wünschen."
 
"Nun wissen wir Alles," sprach Gackeleia, "so recht, wie man sagt, bis auf den Fingernagel; wir wissen, warum die drei Lilien und die drei weißen Klosterfrauen bei der lieben Ahnfrau unter der Hennenlinde stehen; und warum dort bei den acht Pflanzen die acht Ordensgespielen des armen Kindes von Hennegau festlich geschmückt erscheinen und Hühner in Körbchen unter dem Arm tragen. Sie kommen zur Leichen-Uebertragung des ältesten armen Kindes von Hennegau und zum Brautzug des jüngsten, und das bin ich!--Sie wollen ihre Pflichthühner abliefern.--Geschwind, geschwind, laßt uns sie empfangen, ich sehe, sie schwanken schon ein wenig ungeduldig durcheinander. Wohlan, ich rufe sie auf--"Im Namen Ihrer Kindlichkeit der Gräfin Amey von Hennegau, ersten Lehnshuldin von Vadutz und ersten armen Kindes von Hennegau mahne ich, Gackeleia Königin von Gelnhausen, Gräfin in Hennegau und von Gockelsruh, jüngste Lehnshuldin von Vadutz und jüngstes armes Kind von Hennegau, --Euch, acht erste Ordensgespielen, die acht Pflichthühner abzuliefern.--Zuerst rufe ich auf. Fräulein Ornitogalia, für eine am 30. April 1318 empfangene Weide-Gerechtigkeit liefere ab ein Hirtenhuhn!"
 
Auf diesen Ruf schwebte Ornitogalia, ein Kränzlein des Kräutleins Hühnermilch auf den blonden Locken und ein schönes Huhn in einem Körbchen tragend, zwischen den Sarg und Gackeleia. Sie verbeugte sich gegen den Geist der Ahnfrau, küßte dann knieend den Orden, den der Leichnam im Sarge trug. Hierauf erhob sie sich wieder, lehnte ihr Haupt gegen das Kleinod der rechten Achselspange Gackeleias, setzte sodann ihren Korb mit dem Hirtenhuhn zu ihren Füßen nieder und nahm ihn wieder unter den Arm, worauf sie das erste der acht amaranthfarbenen Bänder ergriff und ruhig an ihrer Stelle stehen blieb.--Hierauf rief Gackeleia nach der Reihe die sieben folgenden Fräulein auf. Alle trugen sie Kränze von Kräutern ihres Namens und den Orden der freudig frommen Kinder, und jede that wie Ornitogalia. --Osterluzia lieferte für ein am 1. Mai empfangenes Stück Wald ein Waldhuhn.--Kretellina brachte für das am 7. Mai erhaltene Recht, im Wald zu grasen, ein Grashuhn.--Serpoleta gab für den am 14. Mai verliehenen jährlichen Holzbedarf ein Rauchhuhn.--Morgelina hatte am 21. Mai das Recht erhalten, im Walde Laub zu sammeln und brachte ein Laubhuhn.--Moskatellina entrichtete für ein am 28. Mai empfangenes Kornfeld ein Aehrenhuhn.--Kornelia leistete ihre Lehnspflicht für einen am 4. Juni empfangenen Rosengarten mit einem Gartenhuhn. --Esparsetta entrichtete für ein am 13. Juni, Pfingstdienstag, empfangenes Feldgut ein Pfingsthuhn.--Als alle Ordensgespielinnen ihre Pflicht gelöst und die acht Bänder anfassend, zur Rechten und linken des Blumensarges standen, erhoben Gackeleia und Kronovus die beiden vorderen, Gockel und Hinkel die beiden hinteren Stangen der Tragbahre und zogen mit dem Blumensarge der Kapelle zu.--Der Geist der Ahnfrau folgte seinem eignen Leibe zu Grab.--Es war ein Anblick von der rührendsten Erhabenheit.--Hinter dem von den acht Ordensgespielinnen umgebenen bunten Blumensarg, in welchem das bleiche, arme Kind von Hennegau in tiefrothem Gewand gleich einem elfenbeinernen ernsten Jungfräulein zu schlummern schien, schwebte dessen eigner Geist zwischen den drei weißen Klosterfrauen, welche Lilien trugen--selbst eine Lilie--in unaussprechlich rührender Einfachheit, in schneeweißem, langem Gewand, Spindel und Brod tragend, das verschleierte Haupt mit weißen Rosen bekränzt, mit lieblichem Frieden im Angesicht über die Blumen und Grasspitzen dahin. Eine der drei Klosterjungfrauen, welche sie mehr, als die beiden andern zu lieben schien, trug ihr demüthig die Schleppe.--Alle drei sangen:
 
"Die reine Lilie prangt mit größrer Herrlichkeit,
Als jemals Salomo in seinem Königskleid,
Du trägst dies Brautgewand seit deiner Tauf' auf Erden,
Du konntest herrlicher niemals geschmücket werden." 

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