"ja, schlafen gehen, das Kind ist müde, das Sandmännchen kömmt angeschlichen", besann ich mich und schaute um mich, und sprach mit majestätischer Stimme: "Ich habe die Ehre, Ihnen sämmtlich eine geruhsame Nacht zu wünschen, lassen Sie sich etwas recht Schönes träumen. Sie würden mich unendlich verbinden, wenn Sie sich zurückziehen wollten, damit ich mich schlafen legen kann." Da aber die dummen Mäuse immer noch verwundert da standen, jagte ich sie endlich mit meiner Schürze nach Haus. Es ist mir nichts Peinlicher, als das lange unentschiedene Zaudern, und doch war ich nun, da ich mich zum Schlafen niederlegte, längere Zeit beunruhiget, daß ich die armen Schelmen so hart angefahren hatte und bat sie in meinem Innern herzlich um Verzeihung. Kaum war ich entschlafen, so versammelte sich die königliche Mäusefamilie mit ihrem Ministerium um mich her, und ich hörte alle die schönen Reden, die sie hielten, an denen nichts auszusetzen war, als daß die kurzen zu langweilig und die langen zu kurzweilig waren. Die Hauptsache war, wie sie der Raugräflich Gockelschen Familie nun schon zweimalige Rettung verdankten. Prinz Pfiffi sagte, als seine Gemahlin in die Gefangenschaft unter die Kunstfigur gekommen, sey er den drei Petschierstechern gefolgt, habe gesehen, wie sie sich den Ring verschafft und sich zu vornehmen, schönen, jungen Leuten gemacht, den Graf Gockel und seine Familie aber in arme Bettler verwünscht hätten. Kurz er wußte Alles, und wollte morgen allein ausziehen, mir den Ring wieder zu verschaffen, was ihm wegen der Uneinigkeit der Besitzer sehr leicht schien. "Nein, nein" rief da die Prinzeß Sissi, "ich will dabei seyn, du bist viel zu ungestüm, wir wollen es zusammen versuchen, und Gackeleia soll auch mitgehn." Da sprach ich: ja, ja, das wollen wir, und ich verspreche euren königlichen Eltern, wenn ich den Ring wieder erhalte, einen Zentner der schönsten holländischen Käse und einen Sack der besten Knackmandeln, um ihre Residenz neu erbauen zu können, und dazu noch einen Zentner der beßten Schinken zur allgemeinen Belustigung der Nation, und sonst Alles, was dem edeln Volk der Mäuse lieb und angenehm seyn kann. "--"Ach", rief der alte König aus, "meine liebe Gemahlin sagt mir so eben, daß sie vor ihr Leben gerne einmal Königsberger Marzipan und Thornischen Pfefferkuchen und Jauersche Bratwürste und Spandauer Zimmtbretzeln und Nürnberger Honigkuchen und Frankfurter Brenten und Sachsenhauser Kugelhupfen und Mainzer Vitzen und Gelnhauser Bubenschenkel und Koblenzer Todtenbeinchen und Liestaller Leckerli und Botzner Zelten und dergleichen patriotische Kuchen essen möge."
"Alles das sollt ihr im Ueberfluße erhalten", sagte ich, "sobald ich den Ring besitze."--"Wohlan", sprach der König, "so mögt ihr morgen mit Tagesanbruch auf das Abentheuer ausziehen. Jetzt aber soll gleich, sobald unsre Rathsitzung geschlossen ist, in die Kirche gezogen werden, um den Segen des Himmels zu erflehen; die fliegende Gensdarmerie soll gleich die nöthigen Anstalten treffen."--Nach diesen Worten des Königs Mausolus VIII. sah ich viele Fledermäuse geschäftig durch die Stadt hin- und wiederfliegen.
Jetzt trat noch ein fataler Schmeichelredner auf, um den Muth herauszustreichen, mit welchem ich die Ruthe für Prinzessin Sissi ertragen hätte. Ein alter Pair aber unterbrach ihn mit den Worten: "Ehre, dem Ehre, Ruthe, dem Ruthe gebührt! Sie litt nicht weil sie eine Mäusefreundin, sondern eine Spielratze und einst eine Katzenfreundin war; wer weiß, ob sie nicht noch jetzt deren Spionin ist"--dieser Verdacht schnitt mir durchs Herz, so daß ich im Schlafe wie eine Katze zu miauen begann, worauf dem Redner das Wort in der Kehle stecken blieb, und das ganze Parlament über Hals und Kopf auseinanderlief und sich in alle mögliche Wohnungen und Löcher verkroch.