O Hinkel!--dein blaues, oder wie du willst, farbiges Wunder sollst du da sehen, augenblicklich sollst du da fix und fertig auf die schönste und vortheilhafteste Weise bekleidet dastehen.--Ich will nicht weiter sprechen, o Hinkel von Hennegau, von allen Kabinetten und Kabinettchen, von der Bibliothek, der Hauskapelle, der Küche, der Speisekammer, dem Saal, Ball zu schlagen, dem Musiksaal, der Gemälde-Gallerie, der Aepfelkammer, der tiefsinnigen Denkhalle, der Kinderstube, dem Karoussel, dem Badhaus, dem Hühnerhof, ach! und dem bezaubernd schönen Stall voll der edelsten Pferde und Pferdchen, vor Allem ein arabisches Schimmelchen, weiß wie der gefallne Schnee, Mähnen und Schweif mit Purpurbändern durchflochten, mit tief rothem Sammet gezäumt, Gebiß und Bügel von Gold und Rubin; ach Hinkel! und der Sattel!--der Sattel ist ihm von Natur auf den Rücken gewachsen! nun denke!"
"Lieber Gockel," sagte Frau Hinkel, "es ist nicht möglich, es ist zu viel, ich kanns nicht glauben; aber ich möchte trinken, kannst du mir nicht ein Glas Wasser herbeidrehen?"--"Geh nur links an deinen Waschtisch," erwiederte Gockel, "und halte den Krystall-Pokal zum Fenster hinaus." "O Gockel, gehe mit," sagte Hinkel, sich an seinen Arm hängend, "ich weiß nicht Bescheid hier, es ist mir ganz bang vor lauter Schönheit, ich fürchte, ich möchte über das siebente Wunder der Welt stolpern und in das achte hineinstürzen."
Da führte Gockel sie zu ihrem Waschtisch an ein zweites Fenster, dessen Vorhang der volle Mond mit angenehmem Licht durchstrahlte. O da gieng das Verwundern erst recht an; neben einem Schirm von goldnen Stäben, an welchem weiße Rosensträucher hinaufrankten, die alle ihre Rosen nach Innen senkten, stand das Waschtischchen; aber welch ein Waschtischchen, ein Waschtischchen, das sich nicht nur gewaschen hatte, sondern sich auch in alle Ewigkeit fortwusch.--In den mit tiefrothem Sammet belegten Marmorboden war ein eirundes tiefes Becken von Krystall versenkt, der Rand oben war von Muscheln, Korallen und lebendigen Blumen umgeben, Reseda und Veilchen und Vergißmeinnicht; diese Wanne war voll Rosenwasser; über diesem ragte wie schwimmend ein mit Lotos-Blumen gesattelter Delphin von Perlenmutter hervor, auf seinem Rücken saß ein feingeflügeltes Kind von weißem Marmor, in der einen Hand hielt es ein Sieb von Krystall voll der duftendsten Rosen, in welches von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zwey Strahlen des frischesten, klaresten Wassers aus den Nüstern des Delphins sprudelten und als Rosenwasser in das Becken niederfloßen, mit der andern Hand stützte das Marmorkind die krystallne, durchsichtige Tischplatte, welche den Waschtisch bildete, und da war erst die rechte Herrlichkeit von schönen sieben Sachen.
Frau Hinkel sah und fühlte Alles mit großem Entzücken an, aber sie hatte gestern so viel geweint und nachher so viel gesalzenes Fleisch gegessen, so daß sie ungemein dürstete und sprach:
Wunder über Wunder, Gockel!
Wunderherrlich ist der Sockel
Von dem Wischiwaschi-Tisch;
Herzerquicklich scheint der Fisch
Lustig in dem Meer zu gaukeln
Und das flinke Kind zu schaukeln
Mit dem vollen Rosensieb,
Alles ist so süß und lieb,
Alles ist so fein und frisch!--
Doch, eh ich das Glas erwisch,
Kann ich gar nichts recht betrachten
Und muß schier vor Durst verschmachten.