Bald sahen sie ihn auch in einem Busche zwei Schnepfen, die sich in einem Sprenkel gefangen hatten, in seinen Ranzen stecken; da fiengen sie laut an zu weinen. Gockel schrie ihnen entgegen: "Gott sey Dank, ihr weinet gewiß vor Freude, Gallina hat gewiß dreißig schöne junge Hühnchen ausgebrütet."--"Ach," schrie Frau Hinkel, "ach ja, aber! "--"Aber, was aber?" sagte Gockel, "was aber weint ihr, dreißig Hühner, und immer so fort, entsetzlich viele Hühner!"--Da rief Hinkel: "O Unglück über Unglück, Alektryo, dein sauberer Haushahn hat Gallina und alle die gegenwärtigen und künftigen Hühner gefressen! Da hab ich ihn in den Sack gesteckt, da hast du ihn, strafe ihn, ich will ihn nie wieder sehen." Mit diesen Worten warf sie dem vor Schreck versteinerten Gockel den Sack mit dem Hahn vor die Füße. Gockel war über die schreckliche Nachricht, die alle seine Hoffnungen zerstörte, ganz wie von Sinnen; "ach," rief er aus, "nun habe ich Alles verloren, das Glück weicht von meinem Stammhaus, alle meine Voreltern und Nachkommen sind betrogen durch den unseligen Alektryo, den wir über Menschen und Vieh hoch geachtet haben. O! hätte ich ihn doch den drei morgenländischen Petschierstechern für den Geisbock und die Ziege verkauft, da hätten wir doch etwas gehabt." Als Frau Hinkel hörte, daß er den Alektryo so gut hätte verkaufen können, machte sie dem Gockel bittere Vorwürfe, der immer trauriger ward, und endlich seinen alten pergamentenen Adelsbrief aus dem Busen zog und zu seiner Frau sagte: "Hinkel, sieh, was meinen Stamm immer bewogen hat, den Alektryo zu ehren; da unten auf der goldenen Büchse, in welcher der treulose Alektryo als mein Familienwappen in Wachs abgebildet ist, steht ein alter Familienspruch, nach welchem ich mit allen meinen Vorfahren, von dem Geschlechte des Alektryo unser Glück erwartete. Die schriftliche Urkunde davon ist bei der Verbrennung unseres Schlosses verloren gegangen, mein Großvater hat den Spruch aber zum ewigen Angedenken auf die goldene Siegelbüchse stechen lassen. Er lautet ganz klar:
"Alektryo bringt dir Glücke selbst um Undank.
Gockel--Kopf--Kropf--Siegel--Brod gab."
Was aber die Worte: Kopf, Kropf, Siegel, Brod gab, bedeuten sollen, weiß ich nicht."
Als er kaum die Worte ausgesprochen hatte, traten die drei Petschierstecher, die ihm neulich den Hahn abkaufen wollten, aus dem Gebüsch und sprachen: "was befehlen der Herr Graf Gockel von Hanau von uns?"--"Wie so," sagte Gockel unwillig, "was soll ich befehlen?"--"Der Herr Graf," antworteten die Männer, "haben doch unsre Namen, Kopf, Kropf und Siegel zweimal ausgesprochen, denn so heißen wir, seit unsre Vorältern nach Deutschland gezogen.--Aber vielleicht wollen der Herr Graf sich ein neues Petschaft stechen lassen; denn außerdem, daß wir in der Astrologie, Physiognomie, Chiromantie, Geomantie, Alektryomantie, Coscinomantie, Hydromantie, Crystallomantie, Cabbala, Goetie, Diplomatie und Prophetie unbegreiflich billige Privatstunden geben, und daß wir Hühneraugen schneiden, zerbrochenes Porzellain kitten und Kaffeemühlen scharf machen, sind wir hauptsächlich Petschierstecher, was durchaus zur Diplomatie, wegen der Siegelkenntniß an den Urkunden, und zur Verfertigung der Talismane nöthig ist. Ach, Herr Graf! es gehört heut zu Tag ein entsetzlicher Umfang dazu, um in den Wissenschaften komplett zu seyn; es werden grausame Forderungen gemacht, und was hat man davon, nichts als die Ehre, daß Alles in einander greift mit leeren Händen. Ja, wenn der Handel mit Vieh, mit alten Kleidern und Hasenpelzen nicht wäre--Herr Graf!--wahrhaftig die hohen Wissenschaften machen die Suppe nicht fett."--"Also, daß ich meine Rede nicht vergesse, wollen der Herr Graf sich nicht ein Petschaft stechen lassen?--denn wir sehen, daß sie Ihr Siegel in den Händen haben, welches ein Siegel des Gleichnisses, voll der Weisheit und ausnehmend schön ist."