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Siegfried, der Held-2. Kapitel
日期:2023-08-09 11:08  点击:230
Wie Siegfried durch die Waberlohe zu Brunhild drang, sich mit der Befreiten verlobte, ihr Island eroberte und sich zürnend von ihr wandte
 
Eine Woche nur hatte Siegfried auf der Burg des Drachenfelsen gerastet, und schon schien ihm die Zeit unerträglich lang. Denn sein junger Sinn stand ihm nach Taten und hielt Ruhe und Bequemlichkeit nur würdig des Alters, das befriedigt auf die getane Arbeit zurückschauen kann. Darum entbot er den Nibelungenführer Alberich zu sich und besprach sich mit dem kundigen Manne.
 
»Die Welt ist voll von Plagen und Kriegsnöten,« sagte er, »und wartet auf den Befreier. Ich aber liege bei meinen Reichtümern und stehle Gott den Tag ab. Das ist Schwächlings Art und nicht die meine. Weist mir ein würdiges Abenteuer, Freund Alberich.«
 
Da antwortete der kriegerische Zwerg: »Nehmt uns mit, Herr, und wir erkämpfen Euch den ganzen Erdball.«
 
Siegfried aber schüttelte die Locken. »Das wäre mir eine Heldentat, meine Leute für mich kämpfen zu lassen und mir der anderen Lorbeeren um den Helm zu winden. Erst will ich mir meinen eigenen Namen verdienen, bevor ich andere führe und leite. Nennt mir ein Abenteuer, so schwer, daß kein zweiter Mensch es unternähme, und ich will es bestehen oder ruhmreich unterliegen.«
 
Lange sann Alberich vor sich hin. Dann hob er den behelmten Kopf und sah dem Helden in die Augen.
 
»Ihr habt mich zwar weidlich beim Barte gezaust, als Ihr mich gefangen nahmt,« begann er, »und mein Leib ist immer noch rot und blau, so schlugt Ihr mich wider die Türpfosten. Aber Ihr habt doch mich und die Meinen aus der Sklaverei des greulichen Fafner errettet und ritterlich behandelt und gehalten, so daß es mir leid um Euch wäre, Euch in ein todbringendes Abenteuer verwickelt zu sehen.«
 
»Nennt es mir,« drängte der Held. »Wenn Ehre und Ruhm dabei zu gewinnen ist, darf keine Gefahr uns schrecken. Das ist kein Mann, der sich nicht selber einsetzt.«
 
»Mein edler, junger Herr,« sprach Alberich, »ich will es Euch nennen, weil ich Euch bewundere. Und — weil ich keinem die herrlichste Beute gönne als Euch. Ich weiß die schönste Frau, die je vom Himmel auf die Erde kam.«
 
»Wo ist sie und wie heißt sie?« rief Siegfried rasch.
 
»Brunhild heißt sie,« sagte der Zwerg, »und war eine der Walküren, der starken Schlachtenjungfrauen, die einst die im Kampfe gefallenen Helden auf ihren Rossen in den Himmel Walhalla trugen. Weil sie ungehorsam gewesen war und wider göttliches Gebot einen ihr lieben Helden gegen den Tod geschützt hatte, liegt sie auf einem einsamen Berge im Zauberschlaf, und der Berg ist eingehüllt von der Waberlohe, das ist ein loderndes Flammenmeer, und nur der Starke, der furchtlos hindurchreitet, kann sie erwecken und zum Weibe gewinnen.«
 
Wie Siegfrieds Augen leuchteten und seine Brust sich mächtig hob! Kaum vermochte der Kühne seine Ungeduld zu meistern.
 
»Wo geht der Weg, Alberich? Noch heute versuch' ich den Ritt.«
 
»Stammt Euer Roß Grane nicht von den Walkürenrossen?« fragte der Zwerg. »Ist es so, so wird es den Weg finden.«
 
Da nahm Siegfried Abschied von den tausend Nibelungenrittern, setzte Alberich zum Verwalter seiner Schätze ein und rief sein Roß Grane. Sein Schwert Balmung hing ihm an der Seite, und in einer Ledertasche führte er die unsichtbar machende Tarnkappe mit sich. »Grane,« sagte der Held, und das edle Tier spitzte die Ohren, »Grane, weißt du den Brunhildfelsen, wo deine Brüder und Schwestern im Stalle stehen? Trage mich hin, Grane, wir wollen sie befreien und die schöne Jungfrau vor allem.«
 
Da wieherte das Pferd hellauf vor Freude und umsprang in wilden Sätzen seinen Herrn. Der aber schwang sich behend auf des Pferdes Rücken, und das Roß war mit seinem Reiter den Augen der Nachblickenden entschwunden, bevor sie sich von ihrem Staunen erholt hatten.
 
Wie die Windsbraut jagte das Roß dahin. Die Locken flogen Siegfried um die Stirn, und er schlug sich vor Freude klatschend auf den Schenkel. Durch Berge und Wälder ging es im gestreckten Lauf, Ströme und Seen wurden durchschwommen und alle Hindernisse im sausenden Sprunge genommen. Den ganzen Tag jagte Grane mit Siegfried dahin und die ganze Nacht, und als der frühe Morgen dämmerte, hob sich in weiter Einöde ein Berg vor ihnen, der eine einzige Feuersbrunst schien. Das wogte und wallte vom Fuß bis zum Gipfel in Flammen und Gischt.
 
Mit bebenden Flanken stand das Roß. Aber Siegfried zog sich die Tarnkappe über den Kopf, die Roß und Reiter vor dem Feuer hütete, packte sein scharfes Schwert, gab Grane die Sporen und sprengte in die Glut hinein. Mit mächtigen Hieben schuf er sich Bahn durch das brennende Dickicht, durch mannshohe Dornenhecken schlug er sich einen Weg, und so oft sie wieder zusammenrückten und ihn zu ersticken drohten, sein Mut und seine Kraft erlahmten nicht, und das brennende Gestrüpp flog unter seinem Schwert wie Feuergarben nach links und nach rechts. »Spring an, Grane!« rief der Held, »spring an! Beiß zu, Balmung! Hei, mein gutes Schwert, beiß zu!« Und in gewaltigen Sätzen sprengte das Roß aufwärts, keuchend und stöhnend, Funken und Flammen unter seinen Hufen. Und der Stahl Balmung zischte und blitzte, zerbiß Eichenstämme wie dünne Ruten und hielt die Bahn frei, bevor sich die lodernde Wildnis wieder schließen konnte. Der Gipfel des Berges war erreicht. Ein ragendes Tor stieß Siegfried mit dem Schwertknauf ein. Da donnerte es rings um den Himmel herum minutenlang, und als das letzte Rollen des Donners verhallt war, waren die Flammen des Berges erloschen, und der Wald grünte und blühte in der goldenen Morgensonne.
 
Siegfried zog sich die Tarnkappe vom Haupt. Sein Gesicht glühte, und die Adern lagen ihm wie Stricke auf der Stirn. »Das war, bei Gott, nicht leicht,« stieß er, nach Atem ringend, hervor, schüttelte die Locken und sprang vom Pferde. Neben seinem Rosse Grane kniete er hin, das Auge auf die goldene Morgensonne gerichtet, und dankte dem Himmel für die sichtbare Behütung.
 
Dann nahm er Grane beim Zügel und schritt durch das Tor.
 
Da lag auf mauerumgürtetem Platze eine große, wunderbar schöne Frau, gepanzert und behelmt, angeschmiedet auf einem eisernen Lager. Wie eine Schlafende lag sie mit geschlossenen Augen.
 
Leise trat Siegfried heran und beugte sich über sie. Nie glaubte er Herrlicheres geschaut zu haben. Denn wie eine Kriegsgöttin war diese Frau anzusehen, von mächtigem Körperbau und doch von Antlitz schön und stolz wie eine hehre Jungfrau. Nachtschwarz fielen ihr die Locken um die Wangen, und der Mund blühte rot und sehnsüchtig.
Siegfried tritt an das Lager Brunhilds
Behutsam nahm Siegfried sein Schwert, und der Balmung durchschnitt die Eisenfesseln, als wären es weiche Stricke gewesen. Da dehnte die heldische Jungfrau traumbefangen ihre Glieder. Und Siegfried beugte sich tiefer über sie und küßte sie sacht auf den Mund.
 
Groß und weit öffnete die Jungfrau ihre Augen. Dunkel waren sie wie ihr nachtschwarzes Gelock, und sie erwachten aus dem Traum und gewannen Leben und Feuer.
 
»Wer bist du, Held?« sprachen ihre Lippen. »Und wo kommst du her?«
 
Und der Held antwortete und war noch immer über sie gebeugt: »Ich bin Siegfried, Siegmunds Sohn und gebürtig aus Xanten am Niederrhein.«
 
»Was trieb dich, o Siegfried, dies Wagestück zu bestehen?«
 
»Der Wunsch, o Brunhild, dich zu befreien und dich zu gewinnen.«
 
Sie stützte sich auf ihre starken Arme und richtete sich auf. Ihr Blick schweifte durch das offene Tor den Berg hinab.
 
»Das Feuer ist erloschen,« sagte sie leise und atmete tief. »Und der furchtbare Bannspruch ist mit ihm erloschen.«
 
Sie sprang auf die Füße, daß ihr Panzer klirrte, reckte die Arme und streckte den Leib. »Frei! Frei!«
 
Und Siegfried stand neben ihr, staunte ihres Leibes Kraft und Schönheit an und wußte nichts zu sagen.
 
Da wendete sie den Kopf nach ihm, gewahrte sein bewunderndes Auge, gewahrte seine Reckengestalt und errötete tief.
 
»Blicke mich nicht so an, o Held.«
 
»Du bist so schön, o Brunhild.«
 
»Nur wer mein Gemahl wäre, dürfte mich so anschauen. Und es gibt keinen Mann auf Erden, der so stark ist, daß er mich bezwänge.«
 
»Wehr' dich,« lachte Siegfried, trat auf sie zu und schloß sie in seine Arme, daß sie sich nicht regen konnte. Aber der Zorn flammte aus ihren Augen und färbte ihre Wangen.
 
»Gib mich frei,« stieß sie hervor, »oder es könnte dich reuen.«
 
»Hab' nimmer gelernt, was Furcht ist,« lachte der Held und küßte sie auf den zornigen Mund.
 
»Du Unband,« stöhnte sie, aber nun lachte auch sie.
 
»Siehst du wohl,« sagte Siegfried, »es geht schon an. Nun küsse auch du mich einmal.«
 
Sie glaubte seine Arme gelockert und sprang plötzlich gegen ihn an, daß es ihn fast umgeworfen hätte. Aber nun umschlang er sie, daß sich ihr Panzer bog und ihr der Atem in der Kehle stockte. »Ist das dein Kuß, du Wilde? So will ich dich wohl auf deine Weise wieder küssen, wenn dir das eher gefällt.«
 
Da hob sie, von seiner Kraft und seinem Lachen bezwungen, den Kopf und küßte ihn.
 
Und allsogleich ließ er von ihr ab, bog das Knie und huldigte ihr ritterlich.
 
Das Blitzen ihrer Augen schwand, und ihr Blick wurde weich und frauenhaft. Ihre Hand spielte in seinen Locken.
 
»Mein Held,« sagte sie und atmete tief. »Mein Held und Befreier.«
 
»Danke mir besser, o, ich bitte dich, Brunhild.«
 
»Was könntest du Besseres begehren als meine Freundschaft?«
 
Und Siegfried sprang vom Boden auf und rief: »Dich selber! Werde mein Weib!«
 
Lange sann Brunhild in die Ferne hinaus. Dann sprach sie:
 
»Fern im Nordmeer liegt ein Inselreich. Wie eine unbezwingbare Festung steigt es aus der wildrollenden See. Eine Kette von feuerspeienden Bergen umgürtet es, und kochend heiße Flüsse zischen ins schwarzblaue Meer. Island heißt das Land, das nie bezwungene, und mir gehörte es, bis mich der Spruch des zürnenden Gottvaters hierher und in Ketten in die wabernde Lohe warf. Seit ich fern bin, ist Island unterjocht. Du willst mich zum Weibe, Siegfried? Wo ist dein Brautgeschenk? Ich will es dir nennen und will die Deine sein, so du es mir schaffst: Nimm Island mit stürmender Hand für mich. Setze mich wieder auf den Thron meiner Heimat. Ich kann mich nur als Königin dir schenken und nicht als Magd.«
 
So sprach die stolze Frau, und Siegfried, hingerissen von der Größe ihrer Sprache, gelobte es ihr in die Hand und zog den Ring Nibelungs von seinem Finger und steckte ihn ihr an als Verlobungsring.
 
Auf dem Ringe aber lastete der Fluch, von dem Mime gesprochen hatte, als Siegfried auszog, den Lindwurm zu erlegen, der Fluch Nibelungs, der den Träger des Ringes sich überheben läßt in wachsendem Ehrgeiz und nimmersatten Wünschen. Und Siegfried hatte Mimes Warnung vergessen, als er den Ring an Brunhilds Finger schob. —
 
Im Stalle des Bergfrieds stand Brunhilds Walkürenroß. Und bei ihm stand Grane und leckte ihm zärtlich den Hals.
 
»Hoho, mein guter Genoß,« rief Siegfried, »hast du den Kameraden gefunden? Nun, wenn es auch gar so schnell wieder auf die Reise geht, ihr bleibt zusammen. Gefällt euch das?«
 
Da wieherten die Rosse vor Vergnügen und ließen sich willig satteln und zäumen.
 
Und Siegfried hob mit starken Armen Brunhild in den Sattel, daß sie im stillen aufjauchzte über seine Kraft, und er selber schwang sich auf Granes Rücken, schaute nach dem Stand der Sonne, versicherte sich der Himmelsrichtung und ritt mit Brunhild den Berg hinab. In der Ebene aber ließen sie den Gäulen die Zügel, daß sie Seite an Seite dahinstoben wie Falken im Revier.
 
Als die Sterne aufstiegen, suchte Siegfrieds scharfes Auge aus den Figuren der Gestirne den Polarstern heraus und ritt ihm nach gen Norden. Und je mehr sie sich dem Meere näherten, desto heller und stärker hub Siegfried zu singen an. So ritten sie Tage und Nächte, vom Rheine zur Wesermündung, und eines Morgens rauschte machtvoll hinter den Dünen her die Melodie des Meeres in Siegfrieds Lied.
 
Ein seefestes Schiff fanden sie, und der Held gab dem Schiffer eine breite, goldene Armspange als Fährlohn und versprach ihm mit ritterlichem Handschlag einen Schild, angefüllt mit gemünztem Gold, so er ihn, Brunhild und die Rosse in kürzester Frist hinüberbrächte nach Island. Da spannte der Schiffer die braunen Segel, und Siegfried packte das Steuer. Am Mast waren die Rosse angebunden, und Brunhild saß vorn am Bugspriet des Schiffes, durchforschte die wilde See und rief ihrem Steuermann die Richtung zu.
 
Hui, warf sich der Sturm in die Segel und jagte das Schiff durch die Wellenberge, daß es im Gischt verschwand. Aber Siegfrieds Faust hielt das Steuer umklammert, und ob das Schiff in den Fugen krachte und der Mast sich bog unter den schier berstenwollenden Segeln, er handhabte das Steuer mit eisernen Griffen und warf das Schiff über die Wasserschlünde, als tummelte er seinen Renner über Hecken und Gräben.
 
Und der Sturm schrie mit gellenden Stimmen, und Siegfried schrie nicht minder in den Sturm hinein, und seine Locken flatterten wie heiße Sonne um seinen Kopf: »Heia, heia! Es ist eine Lust zu leben!«
 
Dann lugte Brunhild über die Schulter nach dem Helden, und er schien ihr begehrenswert vor allen Männern und ein erlesen Werkzeug für ihren weitschweifenden Ehrgeiz.
 
Tage und Nächte tobte der Sturm, drang vom Steuer her Siegfrieds helles Singen. An einem Morgen aber gewahrten sie an der Brandung, daß sie Island nahe waren. Da stellte Siegfried das Singen ein und tastete nach seinem Schwert.
 
In den Hafen fuhren sie ein, und gewappnete Männer eilten herbei, ihnen die Landung zu wehren. Siegfried aber packte das Tau, mit dem er das Schiff am Lande befestigen wollte, und sprang mit jähem Satze unter sie, daß sie von dannen stoben und nicht anders vermeinten, als der leibhaftige Teufel säße ihnen im Nacken. Nun warf der Schiffer die Planke ans Ufer, und Siegfried holte Brunhild herüber und die stampfenden Rosse. Wohl gerüstet ritten sie vor die Burg des Königs, und alles Volk strömte auf die Mauern.
 
»Der König soll kommen!« rief Siegfried befehlend, und man rannte, dem König die seltsame Mär zu künden.
 
In schwarzen Panzer geschient, ritt der König auf schwarzem Streitroß vor das Tor.
 
»Frecher Fremdling,« schalt er drohend, »welcher Sprache erkühnst du dich? Ich werde die Fische mit deinem Leichnam mästen.«
 
Siegfrieds Adern schwollen auf der Stirn. Doch beherrschte er sich.
 
»Sitz' ab,« gebot er, »denn du bist nur ein Emporkömmling und hast deiner Königin demütig zu Fuße zu nahen. Brunhild ist heimgekommen. Sitz' ab, sage ich dir noch einmal, nimm die Krone vom Helm und trage sie ihr an den Steigbügel.«
 
Da riß der König wutschnaubend sein Visier herab, senkte den riesigen Speer und sprengte gegen Siegfried an. Der trug Balmung nackt in der Hand, trieb Grane mit einem Schenkeldruck an, hob den guten Stahl und trennte mit wagerechtem Hieb den Speer vom Faustkorbe. Mit aller Kraft warf der König den Gaul herum, um das schirmende Burgtor zu erreichen. Aber Granes schneller Flug holte den Streithengst ein, Steigbügel klirrte an Steigbügel, und Siegfried warf seinem Roß die Zügel über den Kopf, umklammerte mit den Schenkeln Granes Bug, streckte die freien Hände nach dem weit zurückweichenden König aus, umarmte ihn wie mit Zangen, riß ihn im Dahinjagen aus dem Sattel und schleuderte ihn vor Brunhilds Füße, wo er liegen blieb, ohne sich im Leben noch einmal zu erheben.
 
»Sagte ich dir nicht,« rief der zürnende Held, »daß du deiner Königin zu Fuß nahen solltest?«
 
Vom Pferde sprang er, hob die Krone auf und drückte sie Brunhild ins Haar. Und wandte sich wieder der Burgmauer zu und rief zum Volke hinauf: »Sehet hier eure Königin, die heimgekehrt ist, eure Treue zu erproben. Kommet heraus auf euren schnellsten Sohlen und huldigt ihr, so euch an ihrer Huld gelegen ist.«
 
Da kamen sie in langem Zuge, mit Fahnen und Musikanten, bogen das Knie und boten auf goldener Schüssel Brot und Salz, in goldenem Becher den Willkommtrunk.
 
Stolz und erhaben saß Brunhild zu Pferde, die Krone im Haar. Und sie nahm von dem Brot und dem Salz mit königlicher Gebärde und netzte ihre Lippen an dem Becher und reichte ihn huldvoll Siegfried dar, der ihn lachend nahm und ihn bis zur Nagelprobe leerte. Das Volk aber klatschte dem starken und frohen Helden begeisterten Beifall.
 
Hocherhobenen Hauptes zog Brunhild in die Königsburg, heiteren Auges Siegfried neben ihr.
 
Acht Tage ordnete Brunhild die Regierungsgeschäfte, und Siegfried ließ sie fröhlich gewähren. Am neunten Tage aber trat er vor sie hin, küßte ihre schönen Hände und fragte nach dem Tage der Hochzeit.
 
Brunhild schlug die Augen nieder. Ihr Blick fiel auf den glitzernden Ring des Nibelung an ihrer Hand.
 
»Mein Held,« begann sie, »dieses Reich ist nur klein und allzu klein für unseren Heldensinn. Dein Vater Siegmund aber lebt und kann noch lange regieren.«
 
»Das wünsche ich ihm von Gottes gnädigster Huld,« sagte der Held.
 
»Nun wohl denn,« fuhr die Königin fort, »nimm meine besten Schiffe, meine besten Ritter und Mannen, segle nach Norge hinüber und nach Dänemark, bekriege die Länder und gründe dir ein großes Nordlandreich.«
 
Siegfried schaute auf. Dann lächelte er.
 
»Du willst mich auf die Probe stellen. Ich bin kein seeräubernder Wiking, sondern ein Ritter. Und Norge und Dänemark leben in Frieden mit uns. Sprich also, wann soll die Hochzeit sein?«
 
Brunhild aber antwortete: »Sobald du heimgekommen bist mit den Kronen von Norge und Dänemark.«
 
Da merkte der Held, daß ihr Sinn hochfahrend geworden war, und er suchte in der Königin das liebende Weib zu wecken.
 
»Brunhild, gedenke, daß wir Verlobte sind. Ich will kein Mannweib an meiner Seite, sondern die süße Genossin, die sich der Taten ihres Mannes freut und seinen wilden Kopf in ihrem Schoße zur Ruhe bettet. O laß mich nach all den heißen Schlachtgesängen dir von Liebe singen und singe mir wieder von Liebe, damit ich weiß, für welchen Reichtum ich draußen kämpfe, und doppelt scharf den Balmung schwinge.«
 
Hohnvoll lachte sie über ihn hinweg.
 
»Hier ist kein Asyl für Ermattete und Bresthafte. Eine Königin schenkt sich nur einem König. Laß dein Schwert für dich reden und nicht deine Zunge.«
 
Siegfrieds Stirn zog sich zusammen. Hochaufgerichtet stand er vor Brunhild und maß sie mit blitzenden Augen. Dann wandte er sich und schritt zum Strande.
 
Da lag noch der Schiffer, der sie hergebracht hatte, und wartete auf günstigen Wind.
 
»Fahr zu,« gebot ihm Siegfried, »ich nehme wieder das Steuer.«
 
Auf der Burgmauer stand Brunhild, prächtig zu schauen in ihres Leibes Schönheit und den reichen Gewändern aus Purpur und Gold. Wie die herrliche Mitternachtssonne war sie anzusehen unter ihren dienenden Frauen. Nun hob sie die Hand.
 
»Siegfried,« rief sie voll königlichen Bewußtseins, »Siegfried, ich harr' deiner Wiederkehr!« 

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