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Wie Wiselis Weg gefunden wird Erzählung:6. Kapitel (Das Alte und auch etwas Neues)-3
日期:2023-08-03 15:06  点击:262

"Da haben wir's", rief er plötzlich aus, "hier auf den Hinterkopf ist Andres geschlagen worden, da ist eine große Wunde."

"Aber er ist doch nicht tot, Doktor, was sagst du?"

"Nein, er atmet ganz leise, aber er ist böse dran."

Nun brauchte der Doktor Wasser und Schwämme und Weißzeug und noch vieles. Die Leute draußen liefen alle durcheinander und suchten und rissen alles von der Wand und aus dem Küchenkasten und brachten Haufen von Sachen in die Kammer hinein, aber nichts von dem, das der Doktor brauchte.

"Da muß eine Frau her, die Verstand hat und weiß, was ein Kranker nötig hat", rief der Doktor ungeduldig. Alle schrien durcheinander. Aber wenn einer eine wußte, so rief ein anderer: "Die kann nicht kommen."

"Einer soll auf den Hang laufen", befahl der Oberst. "Meine Frau soll mir die Trine herunterschicken!" Sofort lief ein Mann davon,

"Deine Frau wird dir aber nicht danken", sagte der Doktor, "denn ich lasse die Pflegerin drei bis vier Tage und Nächte nicht vom Bett weg."

"Keine Sorge", entgegnete der Oberst, "für den Andres gäbe meine

Frau alles her, nicht nur die alte Trine."

Keuchend und beladen kam die Trine an, viel schneller, als man hatte hoffen können. Denn sie stand schon lange mit einem großen Korb am Arm bereit, und die Frau Oberst stand neben ihr und lauschte, ob einer gelaufen komme. Sie hatte nicht annehmen können, daß der Andres wirklich tot sei, und hatte überlegt, was man brauchen könnte, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. So hatte sie Schwamm und Verbandzeug, Wein und Öl und warme Flanelle in einen Korb gepackt, und Trine mußte nur hinunterlaufen, als der Bote kam. Der Doktor war sehr zufrieden.

"Alles fort jetzt, gute Nacht, Oberst, und mach, daß die ganze

Bande zum Haus hinauskommt!" rief er und. schloß die Tür zu,

nachdem der Oberst hinausgetreten war. Der Gemeinderat war noch am

Beratschlagen. Da aber der Oberst erklärte, nun müsse alles das

Haus verlassen, faßten die Männer den Beschluß, vorläufig müsse der

Joggi eingesperrt werden. Dann wollte man weitersehen.

Also mußten zwei Männer den Joggi in die Mitte nehmen, damit er nicht davonlief, und ihn so zum Armenhaus bringen und in eine Kammer sperren. Der Joggi ging aber ganz willig davon und lachte, und von Zeit zu Zeit guckte er vergnügt in seine Faust hinein.

Gleich am anderen Morgen ging die Frau Oberst voller Sorge zum Häuschen des Andres hinunter. Trine kam leise aus der Kammer und brachte die frohe Nachricht, Andres sei gegen Morgen schon ein wenig zum Bewußtsein gekommen. Auch der Doktor sei schon dagewesen und habe den Kranken über Erwarten gut angetroffen. Ihr aber habe er eingeschärft, daß sie keinen Menschen in die Kammer hineinlasse, Andres dürfe auch noch kein Wort reden, wenn er auch wollte, nicht. Nur der Doktor und die Wärterin sollen vor seine Augen kommen, erklärte die Trine in großem Amtseifer. Damit war die Frau Oberst einverstanden, und erfreut kehrte sie mit ihren Nachrichten nach Hause zurück.

So vergingen acht Tage. Jeden Morgen ging die Frau Oberst zum Haus des Kranken, um genau Bericht zu bekommen und zu hören, ob etwas fehle, das dann schnell herbeigeschafft werden mußte. Otto und Miezchen mußten jeden Tag aufs neue besänftigt werden, daß sie ihren kranken Freund noch nicht besuchen durften. Aber da war immer noch keine Erlaubnis vom Doktor. Die Trine war noch unentbehrlich, wurde auch täglich vom Doktor gelobt für ihre sorgfältige Pflege.

Nach Ablauf der acht Tage schlug der Doktor seinem Freund, dem Oberst, vor, nun einmal den Kranken zu besuchen, zu der Zeit, da er selbst dort sein würde. Denn jetzt war der Augenblick gekommen, da Andres wieder reden durfte. Und der Doktor wollte ihn in Gegenwart des Obersten darüber befragen, was er selbst von dem unglücklichen Vorfall wisse.

Andres freute sich, als er dem Herrn Oberst die Hand drücken durfte. Er hatte ja schon lange bemerkt, woher ihm alles Gute und alle Sorgfalt für seine Genesung kam. Dann besann er sich, so gut er konnte, um die Fragen der beiden Herren zu beantworten. Er wußte aber nur folgendes zu sagen: Er hatte seine Summe beisammen, die er jährlich dem Herrn Oberst zur Verwahrung brachte. Diese wollte er noch einmal überzählen, um seiner Sache sicher zu sein. Er hatte sich am späteren Abend hingesetzt, den Rücken gegen die Fenster und die Tür gekehrt. Mitten im Zählen hörte er jemanden hereinkommen. Ehe er aber aufgeschaut hatte, fiel ein furchtbarer Schlag auf seinen Kopf. Von da an wußte er nichts mehr.

Also hatte Andres Geld auf dem Tisch liegen gehabt. Davon war aber gar nichts mehr gesehen worden, nur das einzige Stück in Joggis Hand. Wo könnte denn das andere Geld hingekommen sein, wenn wirklich Joggi der Übeltäter war? Als Andres vernahm, wie der Joggi gefunden worden und nun eingesperrt sei, wurde er ganz unruhig.

"Sie sollen ihn doch gehen lassen, den armen Joggi", sagte er. "Der tut ja keinem Kind etwas zuleide, der hat mich nicht geschlagen."

Andres hatte aber auch gegen keinen anderen Menschen den leisesten

Verdacht. Er habe keine Feinde, sagte er, und kenne keinen

Menschen, der ihm so etwas hätte antun wollen.

"Es kann auch ein Fremder gewesen sein", bemerkte der Doktor, der die niedrigen Fenster ansah. "Wenn Sie da beim hellen Licht Geld auf dem Tisch liegen haben und zählen, so kann das von außen jeder sehen und Lust zum Teilen bekommen."

"Ich habe nie an so etwas gedacht, es war immer alles offen," sagte der Andres gelassen.

"Es ist gut, daß Sie noch etwas im Trockenen haben, Andres", bemerkte der Oberst. "Lassen Sie sich das nicht zu Herzen gehen. Das wichtigste ist, daß Sie wieder gesund werden."

"Gewiß, Herr Oberst", erwiderte Andres und schüttelte ihm die Hand. "Ich habe nur zu danken. Der liebe Gott hat mir ja sonst schon viel mehr gegeben, als ich brauche."

Die Herren verließen den friedlichen Andres, und vor der Tür sagte der Doktor: "Dem ist wohler als dem anderen, der ihn zusammenschlagen wollte."

Vom Joggi wurde eine traurige Geschichte erzählt, die alle Buben in der Schule beschäftigte und in große Teilnahme versetzte. Auch Otto brachte sie nach Hause und mußte sie jeden Tag ein paarmal wiederholen, denn jedesmal, wenn er daran dachte, machte sie ihm aufs neue großen Eindruck.

Als man den Joggi an dem Abend lachend ins Armenhaus gebracht hatte, da war er aufgefordert worden, sein Goldstück an einen seiner Führer abzugeben, den Sohn des Friedensrichters. Joggi aber klemmte seine Faust noch besser zusammen und wollte nichts hergeben. Aber die beiden waren stärker als er. Sie rissen ihm mit Gewalt die Faust auf. Und der Friedensrichterssohn, der von dem Joggi manchen Kratzer während der Arbeit erhalten hatte, sagte, als er das Goldstück endlich in der Hand hielt: "So, jetzt wart nur, Joggi, du wirst schon deinen Lohn bekommen. Wart nur, bis sie kommen, sie werden dir's dann schon zeigen."

Da hatte der Joggi angefangen furchtbar zu schreien und zu jammern, denn er glaubte, er werde geköpft. Und seither aß er nicht und trank nicht und stöhnte und jammerte fortwährend, denn die Furcht und Angst vor dem Köpfen verfolgte ihn ständig. Schon zweimal waren der Präsident und der Gemeindeamtmann bei ihm gewesen und hatten ihm gesagt, er soll nur alles sagen, was er getan habe, er werde nicht geköpft.

Er wußte nichts zu sagen, als daß er beim Andres ins Fenster geschaut habe, und der sei am Boden gelegen. Er sei zu ihm hineingegangen und habe ihn ein wenig gestoßen, da sei er tot gewesen. Da habe er etwas glänzen gesehen in einer Ecke und habe es geholt, und dann sei der Müllerssohn gekommen und dann noch viele. Hatte der Joggi so viel erzählt, so fing er wieder zu stöhnen an und hörte nicht mehr auf. 

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