Jule saß traurig vor dem Fenster und starrte in den grauen Himmel. Aus den dicken Wolken fielen unzählige dicke Regentropfen, durch die die Pfützen immer größer wurden.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte Papa, als er den Kopf durch die Zimmertür steckte.
Jule zuckte nur mit den Schultern und wendete ihren Blick nicht vom Regen ab. Doch dann begann sie zu weinen und hielt Papa das Telefon hin.
»Mama hat gerade angerufen, als du im Keller warst. Sie kommt zwei Tage später nach Hause. Sie muss länger arbeiten.«
Papa nahm Jule in den Arm und drückte sie sanft an sich.
»Das tut mir Leid, mein Spätzchen. Ich verspreche dir aber, dass ich die ganze Zeit für dich da sein werde.«
»Danke, Papa.«, seufzte Jule leise.
»Dabei hatte ich mich so gefreut, endlich ein neues Kuscheltier zu bekommen. Mama hatte versprochen, mir einen Hund zu nähen. Aber das wird jetzt leider nichts.«
Wieder rollten ein paar dicke Tränen über ihre Wangen und tropften in den Teppich.
»Ich hab Morgen eine Überraschung für dich, als Ausgleich für Mamas genähten Hund. Das ist ein Versprechen, dass auch eingelöst wird. Und ich bin mir ganz sicher, dass Mama jetzt auch gern hier bei uns wäre, um dir den Hund zu nähen.«
Bis zum Abend hatte sich Jule beruhigt. Papa hatte ihr am Bett ein paar Geschichten erzählt. Nun saß er im Wohnzimmer, fluchte und schimpfte die ganze Zeit vor sich hin. Zwischendurch war immer wieder ein ‚Aua‘ zu hören.
»Ich sollte nicht immer auf so dumme Ideen kommen und etwas versprechen, das so schwer ist.«
Auch wenn er gern aufgehört hätte, machte er fleißig weiter. Die Überraschung sollte schließlich bis zum nächsten Morgen fertig sein.
Am nächsten Morgen, pünktlich um acht Uhr hüpfte Jule aus ihrem Bett. Sie war so neugierig, dass sie es einfach nicht länger aushielt. Sie zog sich gar nicht erst um, sondern lief sofort die Treppe runter und steuerte auf das Wohnzimmer zu.
Papa lag schlafend auf dem Sofa. Um ihn herum lagen Stoffreste, Watte, unzählige verknotete Fäden, Nadeln, Knöpfe und vieles mehr.
»Was ist denn hier los?«, fragte Jule neugierig.
Papa wurde wach, schreckte hoch und sah sich kurz verwirrt um, bevor er merkte, wo er sich befand.
»Oh, du bist schon wach?«, fragte er.
Dann griff er neben sich und holte ein kleines Geschenk hervor.
»Das ist für dich.«, überreichte er es seiner Tochter.
Jules Augen wurden ganz groß und strahlten vor Freude.
»Für mich?«
Sie wartete keine weitere Antwort ab, sondern riss das Geschenkpapier sofort auf. Darin fand sich ein kleiner, von Hand genähter Hund.
»Ich weiß.«, entschuldigte sich Papa.
»Er ist nicht der schönste Hund. Ich habe auch ein paar Fehler beim Nähen gemacht. Mama kann das bestimmt viel besser als ich, aber es ist das allererste Mal, dass ich überhaupt etwas genäht habe.«
Jule grinste und warf sich an Papas Hals.
»Ach was. Das ist der allerschönste Kuschelwuschelhund, den ich je gesehen habe. Ich hab dich lieb, Papa.«
In diesem Moment öffnete sich die Haustür und Mama kam herein.
»Ich durfte doch schon etwas früher nach Hause fahren.«, sagte sie müde und hielt ihrer Tochter einen weiteren Kuschelwuschelhund entgegen.
»Oh, wie toll.«, freute sich Jule.
»Jetzt habe ich gleich zwei tolle Kuscheltiere und die besten Eltern der ganzen Welt.«