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Der Trotzkopf-115
日期:2023-02-24 12:49  点击:239
»Leo,« redete der Amtsrat den Sohn an, als die Damen das Zimmer verlassen hatten, »ist sie nicht ein reizendes Kind?«
 
Der Angeredete schien sehr vertieft in seiner Zeitungslektüre, wenigstens mußte der Vater noch einmal die Frage wiederholen, bevor er eine Antwort erhielt.
 
»Ja, ja,« gab er gleichgültig zur Antwort, »sie ist ein ganz netter, kleiner Backfisch!«
 
»Netter Backfisch! Ist das ein Ausdruck für ein so liebliches Wesen! Hast du denn gar keine Augen im Kopfe? Ich sage dir, Temperament steckt in dem ›kleinen Backfisch‹, mehr als du dir träumen läßt! Ein Blick und ich weiß Bescheid! Du hast kein Urteil, mein Junge, darin ist dein Vater dir über!«
 
Leo gab keine Antwort darauf und las andächtig weiter.
 
Die Abendstunden entschwanden in Frohsinn und Heiterkeit. Ilse plauderte und erzählte ganz ohne Scheu. Sie fühlte sich heimisch bei den lieben Menschen. Der Landrat liebte es, sie zu necken, und sie verstand seinen Scherz.
 
»Bleiben Sie einige Tage hier,« redete er ihr zu, »die Zeit ist so kurz bis morgen mittag. Wir telegraphieren den Eltern, daß wir Sie hier behielten, sie werden nicht böse darüber sein.«
 
Leo warf einen schnellen Blick zu Ilse hinüber, der fast wie eine Bitte aussah, auch erbot er sich, ganz früh am andern Morgen nach dem Stationsgebäude zu reiten, um ein Telegramm aufzugeben. Frau Gontrau unterstützte die Bitte ihres Mannes mit großer Wärme.
 
»Es wäre eine große Freude für uns, wenn Sie blieben,« sagte sie, »es fehlt uns ein frisches Element in unsrem Hause. Sie haben die glückliche Gabe, Leben und Frohsinn um sich zu verbreiten!«
 
[pg 234]
»Bitte, bitte, quälen Sie mich nicht,« bat Ilse, »ich kann nicht bleiben! Ich kann es nicht, so reizend es mir auch hier gefällt! Meine Eltern erwarten mich morgen und ich habe auch große Sehnsucht nach ihnen und auf den kleinen Bruder freue ich mich furchtbar! Er weiß noch gar nicht, daß er eine große Schwester hat!«
 
Dagegen war nichts einzuwenden. Ilses Antwort war so echt kindlich und natürlich.
 
Frau Gontrau strich ihr die krausen Locken zurück und klopfte ihr leicht die Wange.
 
»Sie haben recht, liebe Kleine, Ihren Entschluß nicht zu ändern. Wir wollen auch gar nicht weiter in Sie dringen mit unsren Bitten. Besuchen Sie uns bald auf längere Zeit, Leo verläßt uns in einigen Wochen und dann ist es einsam in unsrem großen Hause.«
 
»Daraus wird doch nichts!« erklärte der Landrat. »Ich kenne meinen Freund Macket und weiß, daß er so bald sein Töchterchen nicht wieder fortgiebt. Halt, da fällt mir ein guter Gedanke ein! In seinem letzten Briefe ladet der Papa uns zum Erntefeste ein, das in vier Wochen etwa stattfinden soll. Ich nehme die Einladung an für uns, Punktum! Aber ich knüpfe die Bedingung daran, daß er Sie mit uns zurückreisen läßt.«
 
Ilse jubelte vor Vergnügen, »das wär’ zu – zu himmlisch!« rief sie aus. »Aber Sie müssen auch Wort halten, geben Sie mir die Hand darauf.«
 
Mit einem kräftigen Handschlag besiegelte er sein Versprechen.
 
»Ein Handschlag galt bei uns in der Pension für den höchsten Eid,« sagte sie mit einem ernsten Kindergesicht, »dagegen handeln heißt meineidig sein. – Sie werden doch mitkommen?« wandte sie sich an Leo. 

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