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德语小说:巴斯克维尔的猎犬-Der entflohene Sträf
日期:2010-09-25 15:18  点击:10

Baskerville Hall, 15. Oktober

Mein lieber Holmes,

auch wenn ich Ihnen zu Beginn meiner Reise nicht viel berichten konnte, so überschlagen sich jetzt die Ereignisse. In den letzten zwei Tagen ist manches viel klarer geworden, einiges hat aber auch für Verwirrung gesorgt.

 


Am Morgen meines nächtlichen Ausflugs suchte ich vor dem Frühstück das Zimmer, in dem Barrymore die Nacht zuvor gewesen war. Ich stellte fest, dass es vom Schloss aus den vollkommensten Blick zum Moor eröffnet. Daraus leitete ich ab, dass Barrymore etwas Bestimmtes auf dem Moor gesucht hatte. Womöglich handelte es sich hier um eine Liebesintrige, was auch die traurige Stimmung seiner Frau erklären würde. Und das Öffnen der Türe zu nächtlicher Stunde konnte bedeuten, dass er sich noch zu einer heimlichen Verabredung auf den Weg gemacht hatte.

Ich schildere Ihnen jedenfalls meine Gedanken, auch wenn sich später herausstellen sollte, dass sie in die falsche Richtung gingen …

Als ich nach dem Frühstück Sir Henry alles berichtete, war dieser weniger davon überrascht, als ich dachte. Nach eingehender Beratung beschlossen wir, in der nächsten Nacht im Zimmer des Baronets wach zu bleiben, und zu warten, bis er kommen würde. Sir Henry empfand dieses Abenteuer als erfreuliche Abwechslung.

Er hatte sich mit dem Architekten und einem Bauunternehmer aus London in Verbindung gesetzt, um die Baupläne von Sir Charles in die Tat umzusetzen. Hier wird sich in naher Zukunft einiges verändern. Wenn das Haus umgebaut und neu möbliert ist, fehlt ihm nur noch eine geeignete Frau. Jedoch, unter uns gesagt, sind deutliche Zeichen vorhanden, dass auch dafür gesorgt wäre - vorausgesetzt, besagte Dame ist damit einverstanden. Sir Henry ist sichtlich in unsere schöne Nachbarin, Miss Stapleton, verliebt. Leider verläuft die Liebesgeschichte nicht so unbeschwerlich, wie verhofft. Heute ereignete sich ein Zwischenfall, der unseren Freund sehr verärgert hat.

Nach unserem Gespräch über Barrymore nahm Sir Henry seinen Hut und wollte ausgehen. Ich tat es ihm nach, doch er bat mich, ihm ausnahmsweise nicht zu folgen. Er hatte sich zum ersten Mal mit Miss Stapleton ganz alleine verabredet. Ihr Bruder verhinderte bislang jegliches vertrautes Treffen.

Trotz Sir Henrys Bitte folgte ich ihm in Richtung Moor. Nach kurzer Zeit schon traf Miss Stapleton zu ihm. In gebührendem Abstand folgte ich den beiden und sah, wie sie ins Gespräch vertieft den Pfad zum Moor weiter gingen. Die beiden zu bespitzeln empfand ich als höchst widerlich und ich nahm mir vor, ihm später mein Vergehen zu beichten. Ich stand inmitten von Felsen und beobachtete still, wie Miss Stapleton aufgeregt auf ihren Begleiter einredete. Ihre Gesten waren eindrucksvoll und sie schienen die Welt um sich herum zu vergessen. Später erzählte mir der Baronet, dass er intensiv geworben hätte, ja, sogar eine Art Heiratsantrag hätte er ihr gemacht. Miss Stapleton hielt ihn dagegen beständig an, die Gegend und vor allem Baskerville Hall zu verlassen. Sir Henry jedoch erklärte, dass er ohne sie nirgendwohin gehen werde.

Und während die beiden sich so intensiv miteinander beschäftigten, beobachtete ich, dass ich nicht der einzige Zeuge war. Mr. Stapleton wedelte mitsamt seinem Schmetterlingsnetz zwischen den Felsen umher. Und gerade als Sir Henry seine Auserwählte in den Arm nahm, stürmte Stapleton wie wild auf die beiden. Hierzu berichtete Sir Henry später, dass Stapleton mit wutverzerrtem Gesicht auf sie gestürzt wäre und aufs Höchste seine Schwester verteidigt hätte. Sie verwickelten sich in einen Streit, der damit endete, dass Stapleton seine Schwester schnappte und in Richtung Merripit House davonstob. Sir Henry ging nach einer Weile langsam den Weg zurück, den Kopf tief gebeugt und beträchtlich niedergeschlagen.

Auf halbem Weg begegneten wir uns und ich beichtete Sir Henry umgehend, was ich gesehen hatte. Er war nicht wirklich ärgerlich darüber, denn nun konnte er mit mir über diesen unglaublichen Vorfall reden. Vor allem konnte er nicht verstehen, weshalb Stapleton die Werbung seines Nachbarn um seine Schwester derart brüsk zurückgewiesen hatte.

Noch am selben Nachmittag klärte Stapleton die Situation höchstpersönlich auf. Er besuchte uns, entschuldigte sich in aller Form und erklärte, dass ihm der Gedanke, seine Schwester zu verlieren, entsetzlich schien. Der Bruch wurde nach einer langen Unterredung gekittet und Stapleton lud uns am nächsten Freitag zum Essen ein.

Trotz allem war ab diesem Zeitpunkt das Grundvertrauen erst einmal erschüttert. Somit ist nun eines unserer Rätsel gelöst. Doch nun gilt es noch, das nächtliche Schluchzen zu verfolgen. Dazu saßen wir am nächsten Abend in Sir Henrys Zimmer, schraubten die Lampe hinunter und harrten in der nächtlichen Stille aus. So muss sich ein Jäger fühlen, während er auf sein Wild wartet.

Die Uhr schlug eins, dann zwei und als wir fast die Hoffnung aufgegeben hatten, schreckten wir hoch. Vom Korridor kommend, hatten wir das Knarren eines Schrittes vernommen. Als die Person sich vorbeigestohlen hatte, öffnete Sir Henry die Tür und wir nahmen die Verfolgung auf. Lautlos bewegten wir uns vorwärts, bis wir die schwarzbärtige, hagere Gestalt sahen. Das Kerzenlicht strahlte einen Moment lang seine Umrisse an, warf einen gelben Strahl quer durch den Korridor, bevor Barrymore in der Türe verschwand.

Wir hatten keinen genauen Plan, doch der Baronet nahm wie immer den direkten Weg. Er betrat das Zimmer. Barrymore blickte uns entsetzt staunend an und sprang vom Fenster zurück. Sir Henry stellte ihn zur Rede. Barrymore versuchte es mit Ausreden. Währenddessen hielt ich die Kerze weiterhin zum Fenster hinaus. Was, wenn er sie als Signal benutzt hatte, fragte ich mich? Und ich hatte recht. Nach kurzer Zeit durchbrach ein winziger heller Punkt die Nacht und leuchtete ruhig in unsere Richtung. Und als ich mein Licht wieder bewegte, bewegte das andere sich auch. Sir Henry wollte unbedingt eine Antwort von Barrymore. Doch der sperrte sich.

Da mischte sich seine Frau ein. Sie war noch blasser als ihr Mann. Sie gestand, dass der Unbekannte, da draußen im Moor, ihr Bruder sei. Es sei kein Geringerer als der entlaufene Sträfling, der Verbrecher Selden. Wir konnten es kaum glauben, dass diese anständige Frau dasselbe Blut in sich haben sollte wie einer der schlimmsten Verbrecher dieses Landes.

Sir Henry schickte die Barrymores ins Bett und bat um eine Unterredung am nächsten Morgen. Als sie außer Reichweite waren, nahm er all seinen Mut zusammen und rief: "Watson, bei Gott, ich gehe jetzt los, diesen Mann zu fassen!"

Ich hatte denselben Gedanken gehabt und war ebenfalls der Meinung, dass wir damit nur unsere Pflicht erfüllten, um ihn unschädlich zu machen. Man stelle sich vor, der Schurke würde die Stapletons überfallen, nicht auszudenken. So schnappten wir Revolver, Reitpeitsche und eilten zum Moor.

Die unheimliche Stimmung steigerte sich noch, als aus der Finsternis des Moors wieder dieser sonderbare Ton kam. Ein tiefes, langes Murmeln, ein Aufheulen und am Ende dieses traurige Seufzen, in dem der Ton dahinstarb. Er erklang mehrmals. Sir Henry packte mich ergriffen am Ärmel und es war uns klar, dass so nur der Bluthund von Baskerville tönen konnte. So sagten zumindest die Menschen dieser Gegend. Unser Freund bekam es gehörig mit der Angst zu tun. Seine Hand war kalt wie Marmor.

Trotzdem gingen wir weiter. Nur langsam kamen wir voran, immer den Punkt des gelben Lichtscheins vor uns. Als wir endlich bei der Kerze ankamen, kauerten wir uns hinter den Granitblock, um das Signal besser sehen zu können. Ein sonderbarer Anblick, diese einsame Kerze, mitten im Moor. Wir warteten.

Nahezu gleichzeitig erblickten wir ihn. Über die Felsen, in deren Ausbuchtung ein Licht brannte, erkannten wir ein böses, fahlgelbes Gesicht. Ein grausames, tierisches Gesicht, zerfurcht von niedrigen Leidenschaften. Der Mann konnte ebenso einer jener prähistorischen Wilden sein, die die Höhlen hier bewohnt hatten.

Der Kerl hatte auf jeden Fall Verdacht geschöpft. Er musste erkannt haben, dass es nicht Barrymore war, der ihm entgegenkam. Jedenfalls las ich deutliche Angst in seinem furchterregenden Gesicht. Sir Henry und ich, wir sprangen im gleichen Moment auf; der Sträfling schrie uns einen wilden Fluch zu und flüchtete. Wir verfolgten ihn, konnten diese kleine gedrungene Gestalt jedoch nicht einholen, obwohl wir gute Läufer waren. Schweratmend beobachteten wir vom Felsen aus, wie er endgültig in der Ferne verschwand.

Gerade hatten wir die Verfolgung als hoffnungslos aufgegeben, als wir im Mondlicht zu unserer Rechten Umrisse ausmachten. Schwarz, wie eine Statue aus Ebenholz, erkannten wir eine männliche Gestalt vor leuchtendem Hintergrund. Es war die Gestalt eines großen, schlanken Mannes und er war keine Sinnestäuschung. Vor allem war es keinesfalls der Sträfling.

Mit einem Ausruf des Erstaunens wollte ich Sir Henry die Gestalt zeigen, doch der Mann war nicht mehr zu sehen. Eigentlich wäre ich gerne zu dieser Felsspitze hingegangen, doch die Nerven des Baronets waren inzwischen sehr angegriffen. Er tat die Gestalt als vermeintlichen Gefängniswärter ab, von denen es im Moor zurzeit ja nur so wimmeln würde. So setzen wir uns heute mit Princetown in Verbindung und sagen ihnen, wo sie ihren Pflegling suchen sollen. Schade, ich hätte ihn gerne selbst übergeben.

Wahrscheinlich habe ich Ihnen viel Unwichtiges geschrieben, doch überlasse ich Ihnen, was davon Ihnen am zweckdienlichsten scheint. Ziehen Sie also Ihre eigenen Schlüsse. Die Handlungsweise der Barrymores ist auf jeden Fall klarer für uns geworden. Doch das Moor mit seinen finsteren Geheimnissen bleibt unergründlich. Am besten wäre es natürlich, wenn Sie persönlich kommen könnten.

 


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