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Der Trotzkopf-94
日期:2023-02-22 16:30  点击:279
»Ich würde gern auf eine größere Feier verzichten,« sprach eines Tages die Vorsteherin zu der englischen Lehrerin und Fräulein Güssow, »aber ich darf es unsrer Zöglinge wegen nicht thun. Mehr oder weniger hat sie Lillis Tod sehr ergriffen und sie hängen die Köpfe; da ist das beste Mittel, sie wieder aufzumuntern, daß wir ihnen eine Zerstreuung schaffen. Mit aller Trauer können wir ja den Tod des lieben Kindes nicht ungeschehen machen.«
 
Die beiden Damen stimmten ein und beschlossen untereinander, mit den Vorbereitungen zu dem Feste zu beginnen. Miß Lead übernahm es, ein englisches Stück, Fräulein Güssow, ein französisches Lustspiel einzustudieren. Erstere wählte nur Tagesschülerinnen zu ihren Mitwirkenden, während letztere ihre Rollen nur mit Pensionärinnen besetzte. Sie hatte aber erst einen kleinen Kampf mit den Mädchen, bevor dieselben die ihnen zugedachten Rollen annahmen. Flora, die eine alte Dame vorstellen sollte, war durchaus nicht damit einverstanden, sie behauptete, Rosi passe weit besser zu dieser Rolle, diese aber hatte nicht einen Funken schauspielerischen Talentes und würde sich niemals dazu verstanden haben, Theater zu spielen. Sie sprach auch weniger fließend französisch als Flora.
 
Fräulein Güssow machte nicht viel Umstände. »Wie du willst, Flora,« sagte sie, »macht es dir kein Vergnügen, diese allerliebste Rolle zu übernehmen, so wähle ich eine Tagesschülerin dafür und du kannst diesmal nur Zuschauerin sein.«
 
Das behagte Flora noch weniger. Nach einigem Zögern entschloß sie sich, freilich wie sie sagte, mit großer Selbstüberwindung, die Alte zu spielen. Ilse und Melanie stellten deren Töchter dar und paßten in ihren Charaktereigentümlichkeiten prächtig dazu. Melanie putzsüchtig, elegant und eitel, Ilse das Gegenteil. Wild und unbändig, trotzig und widerspenstig, natürlich nichts weniger als elegant führt sie die übermütigsten Streiche aus und die schwache Mutter ist nicht im stande, sie zu zügeln. Da erscheint ein junger, entfernter Verwandter, [pg 192]interessiert sich für den Wildfang und versteht es, durch Güte und Festigkeit die Tugenden in demselben zu wecken und die Widerspenstige zu zähmen. Zum Schlusse wird sie seine Braut.
 
»Orla, du kannst die Rolle des Vetters übernehmen,« bestimmte die Lehrerin.
 
»Orla?« fragte Ilse verwundert, »sie kann doch keinen Mann darstellen?«
 
Es erhob sich ein wahrer Sturm unter den jungen Mädchen bei Ilses unschuldiger Frage. Die Stimmen schwirrten durcheinander, denn jede war bemüht, Ilse über ihre Unwissenheit aufzuklären.
 
»Weißt du denn nicht, wie es bei uns Sitte ist?« fragte Orla.
 
»Mit Herren dürfen wir nicht Theater spielen,« bemerkte Flora spottend, »sie sind verpönt in der Pension!«
 
»Du bist naiv, Ilse!« rief Melanie. »Das ist ja eben so ledern und furchtbar öde, daß wir Mädchen auch Männerrollen geben müssen!«
 
»Herren, Herren!« wiederholte Annemie unter lautem Lachen, »es ist zum totlachen!«
 
»Ja, wenn Herren mitspielten, dann möchte ich Ilses Rolle spielen,« überschrie Grete mit ihrer kräftigen Stimme alle übrigen, »so aber –« 

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