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Der Trotzkopf-84
日期:2023-02-17 11:01  点击:265
»Nur die Mutter lebt,« nahm Doktor Althoff das Wort und erbot sich, sofort ein Telegramm an dieselbe abgehen zu lassen. Nach seiner Berechnung konnte sie schon am Abend des nächsten Tages eintreffen.
 
Bevor er das Haus verließ, kehrte er noch einmal in den Saal zurück, um die Vorsteherin mit dem Ausspruch des Arztes bekannt zu machen. Nellie, die gerade mit Georg Brenner Française tanzte und nicht aus der Reihe treten konnte, warf einen ängstlich fragenden Blick auf ihn, flüchtig nur streifte sie sein Auge, und doch erriet sie, daß er nichts Gutes zu melden habe. O, wäre nur der Tanz erst zu Ende, daß sie ihn fragen könnte! Aber er wartete nicht darauf, nach wenigen Minuten verließ er schon wieder den Saal und ließ Nellie in den peinlichsten Zweifeln zurück. War es schlimmer geworden? Der Vorsteherin ruhiges Gesicht gab ihr keine Antwort auf ihre Frage. Es lag dasselbe wohlwollende Lächeln auf demselben wie zuvor. Sie unterhielt sich mit einigen Gästen ohne jede sichtbare Erregung.
 
Und doch war sie bis in das Innerste erregt. Aber sie verstand die seltene Kunst, sich meisterhaft zu beherrschen. Warum sollte sie plötzlich Schreck und Aufregung in die Freude bringen? In einer Viertelstunde war der Tanz vorüber, dann sollten die jungen Mädchen sich niederlegen, ohne zu erfahren, wie es mit der Kranken stand. Die Jugend bedarf des Schlafes, sagte sie sich, besonders nach einer halb durchtanzten Nacht. Verschlimmerte sich Lillis Zustand, so erfuhren sie diese traurige Botschaft am Morgen noch früh genug.
 
Ilses Verschwinden, das allgemein bemerkt wurde, hatte Nellie auf ihre Art entschuldigt, sie hatte jedem Fragenden geantwortet: »O ja, sie wird gleich wieder da sein, sie hat nur auf ein Augenblick Kopfschmerzen.« Der Vorsteherin hatte sie so halb und halb die Wahrheit gesagt. Aber der Ball ging zu Ende und Ilse war nicht wiedergekehrt. –
 
Miß Lead hatte von der Vorsteherin den Auftrag erhalten, [pg 171]dafür Sorge zu tragen, daß die Mädchen still und geräuschlos ihre Gemächer aufsuchten, das wurde befolgt, aber als sie sich sicher glaubten, als die englische Lehrerin sich in ihr Zimmer zurückgezogen hatte, da huschten sie alle noch auf eine kurze Zeit zu Rosi hinüber, deren Stübchen ganz am Ende des Korridors lag. Sie mußten noch einen kurzen Austausch haben, ihre jungen Herzen waren zu voll von dem herrlichen Feste.
 
Melanie brachte ihre duftigen Sträuße, die sie im Cotillon erhalten hatte, mit und breitete sie auf dem Tische aus. Mit wehmütiger Freude betrachtete sie den reichen Segen. »Ach!« rief sie aus, »wie schade, daß alles vorbei ist!«
 
»Alles Schöne ist vergänglich, nur die Erinnerung bleibt!« entgegnete Flora weise. Und sie betrachtete bei ihren Worten die Photographie eines jungen Mannes, die sie vorsichtig und geschickt in ihrem Taschentuche verborgen hielt. – Es war Georg Breitners Bild. Er hatte dafür das ihrige eingetauscht.
 
»Ach, Kinder, es war doch zu schön!« brach Annemie in plötzlicher Begeisterung aus. »O, was ich euch alles erzählen könnte!«
 
»Und ich! Und ich!« klang es durcheinander.
 
»Ihr würdet staunen, wenn ich sprechen wollte!« rief Melanie stolz und schlug ihr Auge kokett gen Himmel, »ich habe viel erlebt!« – In ihrem Eifer vergaß sie ganz, ihre Stimme zu dämpfen.
 
»Nicht so laut, Melanie,« ermahnte Rosi und Orla stimmte ihr bei. »Wir wollen zu Bett gehen,« riet sie ernstlich, »denn wenn ihr erst anfangt, eure Erlebnisse zu erzählen, dann können wir bis zum hellen Morgen hier sitzen.« 

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