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Der Trotzkopf-74
日期:2023-02-14 16:49  点击:234
»Für dich ist die dunkle Tracht ganz vorteilhaft,« meinte Orla, indem sie eine dicke Korallenkette aus ihrem Schmuck[pg 150]kasten nahm und sie dem darüber hocherfreuten Gretchen um den Hals schlang. »So, die will ich dir leihen, damit du nicht zu einfach aussiehst.«
 
Flora unterwarf sich keiner Musterung, sie fand es unnütz, da ihr Geschmack weit eigenartiger sei als Orlas. Sie hatte mit endloser Mühe eine griechische Haartour zurechtgebracht. Im Nacken trug sie ihr Haar im Knoten, mit einigen herausfallenden Locken, vorn hatte sie dasselbe mit einem schwarzen Sammetbande, das mit weißen Perlen benäht war, dreimal abgebunden. In die Stirn fielen gekräuselte Fransen.
 
Sie fand sich entzückend, diese Haartour söhnte sie sogar mit dem grünen Wollkleide aus, in dem sie lang und schlank wie eine wirkliche Hopfenstange aussah.
 
Rosi hatte sich nicht besonders geschmückt. Ihr schwarzes Kaschmirkleid war unverändert geblieben. Eine weiße Spitze am Halsausschnitt, zusammengehalten von einer Spitzenschleife, die einen silbernen Pfeil trug. So ging sie Sonntags gekleidet und Fräulein Raimars Vorschrift lautete, daß sie sich heute sonntäglich kleiden sollten.
 
»O Gott, wie hausbacken siehst du aus, Rosi! Als ob du in die Kirche gehen wolltest, so ernst und feierlich!« rief Orla. »Hast du denn nicht ein farbiges Band anstatt der weißen Schleife?«
 
Sie hatte keins und jetzt half Melanie aus. Bereitwillig lieh sie Rosi eine ganz neue rosa Atlasschleife und freute sich herzlich, wie furchtbar nett sie derselben stand.
 
»Betrachte dich nur einmal,« sagte sie und hielt ihr den Handspiegel vor die Augen. »Nun, was meinst du dazu? Nicht wahr, jetzt siehst du nicht mehr aus wie ›Gottesfurcht vom Lande‹!«
 
»Die Schleife gefällt mir wohl gut,« meinte Rosi, »aber es ist mir ein peinliches Gefühl, geliehene Sachen zu tragen.«
 
[pg 151]
»O sancta simplicitas!« rief die geniale Flora. »Kind, du gehst in deiner Pedanterie wirklich zu weit! Unter Freundinnen herrscht Gleichheit, da kann von geliehenen Sachen keine Rede sein!«
 
Und um dies Wort gleichsam zur That zu machen, griff sie in Melanies offenstehenden Blumenkasten, nahm eine feuerfarbene Nelke heraus und befestigte dieselbe an ihrem Gürtel.
 
»Du erlaubst doch, Melanie?« fragte sie so nebenhin, »die rote Farbe steht mir wirklich brillant!« und mit einem wohlgefälligen Blick betrachtete sie sich in dem Spiegel.
 
»Nellie und Ilse, wo bleiben sie nur?« fragte Orla.
 
Eben traten sie ein. Beide waren geschmackvoll gekleidet. Nellie im schottischen Kleide, am Hals und den Aermeln mit echten Spitzen garniert, sah graziös und vorteilhaft aus, ebenfalls Ilse, die über ihr blaues Kleid einen breiten Spitzenkragen gelegt hatte. Darüber trug sie die Korallenkette, mit welcher auch Nellie sich geschmückt hatte.
 
»Schnell noch diese Margueriten in dein Haar!« rief Melanie und machte Miene, dieselbe Ilse in ihren Locken zu befestigen. Aber die wehrte es ab.
 
»Geh mit deinen Blumen!« entgegnete sie abwehrend, »ich mag die toten, nachgemachten Dinger nicht leiden!«
 
»Wie du willst,« sagte Melanie etwas schnippisch und warf die verschmähten Gänseblümchen wieder in den Kasten.
 
Die Mädchen verließen das Zimmer und stiegen die Treppe hinunter.
 
»Orla ist doch die eleganteste von uns,« bemerkte Melanie nicht ohne einen Anflug von Neid zu Nellie, und musterte die vor ihr Gehende, die allerdings in der blauen Samttaille und einem gleichfarbig seidenen Rocke höchst vornehm erschien. »Freilich in Samt und Seide kleiden mich meine Eltern nicht, so reich sind wir nicht.« 

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