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Der Trotzkopf-70
日期:2023-02-14 16:46  点击:218
»Nun glaubst du dich wohl fehlerfrei, liebe Grete!« spottete Melanie. »Bilde dir das ja nicht ein, liebes Kind, [pg 142]du bist noch längst kein vollkommnes Wesen. Es giebt sehr vieles an dir auszusetzen!«
 
Und als ob ihre Worte sofort in Erfüllung gehen sollten, rief Fräulein Güssow: »Grete, da steht noch eine vergessene Schachtel auf deinem Platze! Du hattest Papier darauf geworfen und wirst sie deshalb übersehen haben!«
 
Vergnügt und erwartungsvoll öffnete Gretchen die Schachtel. O weh! als sie den Deckel abhob, lachte ein glänzendes, zierlich gearbeitetes Vorlegeschloß sie boshaft an.
 
»Das ist eine Anspielung für dich, teures Plappermäulchen!« rief Melanie mit schwesterlicher Schadenfreude, und hielt das Schloß an Gretes Lippen.
 
»So, damit du in Zukunft hübsch schweigst und nicht so vorlaut bist.«
 
Unwillig wandte Grete sich ab, sie war gar wenig erbaut von der Ueberraschung. Sie warf das Schloß wieder in die Schachtel, schloß den Deckel und verriet durch ihre Empfindlichkeit, wie sehr sie sich getroffen fühlte ....
 
Ilse hatte aus einer mächtigen Kiste, die bis obenhin mit Heu gefüllt war, einen Hund herausgeholt. Keinen lebendigen, o nein! es war nur einer aus Pappe. Braun sah er aus und hatte weiße Pfötchen. Um den Hals trug er einen Zettel am roten Bande, auf welchem mit großen Buchstaben »Bob« geschrieben stand.
 
»Orla!« erriet Ilse sofort. Dieselbe hatte sie oft genug mit ihrem Hunde aufgezogen. Es kam ihr jetzt selbst recht lächerlich vor, wenn sie sich ihren Einzug in der Pension mit Bob auf dem Arme ausmalte. Wie einfältig war sie gewesen – wie unnütz hatte sie den armen Papa gequält! – Ilse hatte noch eine Ueberraschung, bei der sie fast erschrak. In einem reizenden Arbeitskorbe fand sie mehrere Aepfel von Marzipan.
 
Nellie stand neben Ilse und flüsterte ihr zu: »Diese sind Aepfel von der Baum – weißt du noch?«
 
[pg 143]
Als die Angeredete ängstlich zur Seite blickte, fuhr sie beruhigend fort: »Du darfst nicht Angst haben, niemand hört uns.«
 
Sie hatte recht. Die Aufmerksamkeit aller war auf einen Vogelbauer gerichtet, in welchem eine lebendige Lachtaube saß. Annemie hielt denselben höchst angenehm überrascht in der Hand.
 
»Nun könnt ihr um die Wette lachen,« scherzte die Vorsteherin, »denn das Täubchen darfst du behalten und in deinem Zimmer aufhängen. Aber vergiß niemals, Annemie, daß du das Tierchen regelmäßig füttern mußt, hörst du?«
 
So erhielt eine jede ihre scherzhafte Rüge, nur Rosi nicht. Sie zerbrachen sich den Kopf, um einen Tadel an ihr zu entdecken, aber zu ihrem Bedauern fanden sie keinen. »Ganz ohne Scherz darf sie nicht sein,« erklärte Nellie, ging hin und kaufte ein Bilderbuch, auf dessen Titelblatt in goldenen Buchstaben drei Worte glänzten: ›Für artige Kinder‹. – »Dies paßt sehr für ihr,« sagte sie, und die übrigen Mädchen stimmten ein.
 
Rosi nahm das Buch, lächelte und legte es beiseite. Sie konnte nicht so recht begreifen, was es bedeuten sollte ....
 
Nachdem die Bescherung zu Ende und nachdem auch für die beiden Damen ein Tisch mit allerhand selbstgearbeiteten Sachen ausgebaut war, wurde der Thee eingenommen und kurze Zeit darauf zur Ruhe gegangen. Lilli wurde es schwer, sich von ihren schönen Sachen zu trennen, sie wollte nicht zu Bett gehen, aber der Sandmann kam und streute ihr den Schlaf in die Augen. Schlafend wurde sie entkleidet und in ihr Bett, das in Fräulein Güssows Zimmer stand, getragen.
 
Und nun wurde es still und dunkel im Hause. Der schöne Christabend war zu Ende mit seiner frohen Erwartung, seinem Lichterglanze ....
 
[pg 144]
Ob wohl der Baum im nächsten Jahre für alle wieder angezündet wird, die heute unter ihm versammelt waren? – 

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