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Der Trotzkopf-11
日期:2023-02-02 09:12  点击:229
Bevor sie dasselbe erreichten, mußten sie den Hausflur [pg 22]und einen langen Korridor, von welchem zwei Ausgänge in einen schönen, großen Hof führten, durchschreiten. Es war gerade die Frühstückspause in der Schule und so war es natürlich, daß überall lachend und plaudernd große und kleine Mädchen umherstanden. Sie verstummten, als sie die neue Pensionärin, von der sie wußten, daß sie heute ankommen werde, erblickten, und aller Augen richteten sich auf Ilse, der es plötzlich höchst beklommen zu Mute wurde. Es schien ihr, als höre sie verstecktes Kichern hinter sich und sie war herzlich froh, als die Thür in dem Empfangszimmer sich hinter ihr schloß. Noch war dasselbe leer.
 
Ilse blickte sich um, und in diesem großen, vornehmen Raume, der künstlerisch und elegant zugleich eingerichtet war, stieg mit einem Male ein etwas banges Gefühl in ihr auf wegen Bob, sie wünschte fast, des Vaters Willen gefolgt zu sein. Hätte sie den Hund in ihrem Arme plötzlich unsichtbar machen können, sie hätte es gethan. Nun wollte der Unartige auch noch herunter auf den Boden, und diesen Wunsch konnte sie ihm doch unmöglich erfüllen, wie hätte sie wagen dürfen, ihn auf den kostbaren Teppich, der durch das Zimmer gebreitet lag, herab zu lassen!
 
Die Thür öffnete sich und Fräulein Raimar trat ein. Sie begrüßte Herrn Macket mit steifer Freundlichkeit, dann blickte sie mit ihren stahlgrauen Augen, die einen zwar strengen, ernsten, trotzdem aber gewinnenden Ausdruck hatten, auf Ilse. Diese war dicht an den Vater getreten und hatte seine Hand ergriffen.
 
»Sei willkommen, mein Kind!« Mit diesen Worten begrüßte die Vorsteherin Ilse und reichte ihr die Hand. »Ich denke, du wirst dich bald bei uns heimisch fühlen.« Als sie den Hund sah, fragte sie: »Hat dich dein Hund bis hierher begleitet?«
 
Ilse blickte etwas hilflos den Papa an, der dann auch für sie das Wort nahm. »Sie mochte sich nicht von ihm [pg 23]trennen, Fräulein Raimar,« sagte er etwas verlegen, »sie glaubte, daß Sie die Güte haben würden, ihren kleinen Kameraden mit ihr aufzunehmen.«
 
Das Fräulein lächelte. Es war das erste Mal, daß man ihr eine solche Zumutung machte. »Es thut mir leid, Herr Oberamtmann,« sagte sie, »daß ich den ersten Wunsch Ilses rücksichtslos abschlagen muß. Sie wird verständig sein und einsehen, daß ich nicht anders handeln kann. Stelle dir einmal vor, liebes Kind, wenn alle meine Pensionärinnen den gleichen Wunsch hätten, dann würden zweiundzwanzig Hunde im Institute sein. Welch ein Spektakel würde das geben! Möchtest du das Tier gern in deiner Nähe behalten, so wüßte ich einen Ausweg. Mein Bruder, der Bürgermeister hier, wird deinen Hund gewiß aufnehmen, wenn ich ihn darum bitte; dann kannst du täglich deinen Liebling sehen.«
 
Ilse war rot geworden und dicke Thränen perlten in ihren Augen. »Dann bleibe ich auch nicht hier!« – sie wollte es eben aussprechen, aber sie wagte es nicht. Die Dame vor ihr hatte so etwas Unnahbares, Vornehmes in ihrem Wesen. Wie eine Fürstin erschien sie ihr trotz des schlichten, grauen Kleides, dessen kleiner Stehkragen am Halse mit einer einfachen goldenen Nadel zusammengehalten wurde. Ilse senkte den Blick und schwieg.
 
Der Oberamtmann lachte. »Sie haben recht, Fräulein,« sagte er, »und wir hätten das selbst vorher bedenken können. Ihre große Güte, den Hund bei Ihrem Herrn Bruder unterzubringen, wird Ilse mit vielem Danke annehmen, nicht wahr?«
 
Sie schüttelte den Kopf. »Fremde Leute sollen Bob nicht haben, Papa, du nimmst ihn wieder mit nach Moosdorf.«
 
Herr Macket schämte sich der Antwort seines Kindes, aber Fräulein Raimar überhob ihn geschickt seiner Verlegenheit. Mit ihrem erfahrenen Sinne hatte sie sofort das Trotzköpfchen vor sich erkannt. Sie that, als merkte sie Ilses Unart nicht. 

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