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Der Trotzkopf-5
日期:2023-02-02 09:04  点击:204
Der Vater hatte heute nicht die unbefangene Freude an dem Wesen seines Kindes, ihm fielen die Worte seiner Frau vom gestrigen Abend ein. Ilse sah wenig weiblich in diesem Augenblicke aus, eher glich sie einem wilden Buben. Wie ein solcher saß sie auf dem Pferde und hatte die Füße an beiden Seiten herunterhängen. Das kurze blaue Kleid deckte dieselben nicht, man sah den plumpen, hohen Lederstiefel und noch ein Stück des bunten Strumpfes. Es war wahrlich kein schöner Anblick.
 
»Steig’ herab, Ilse,« sagte Herr Macket, dicht zu ihr tretend, um ihr beim Heruntersteigen behilflich zu sein, »du wirst jetzt nicht auf die Wiese reiten, hörst du, sondern deine Aufgaben machen.«
 
Es war das erste Mal in ihrem Leben, daß der Vater in so bestimmter Weise zu ihr sprach. Im höchsten Grade verwundert blickte sie ihn an, aber sie machte keine Miene, seiner Aufforderung Folge zu leisten. Sie schlug die Arme ineinander und fing an, herzlich zu lachen.
 
»Hahahaha! Arbeiten soll ich! Du kleiner reizender Papa, wie kommst du denn auf diesen komischen Einfall? Mach’ nur nicht ein so böses Gesicht! Weißt du, wie du jetzt aussiehst? Gerade wie Mademoiselle, die letzte, Papa, von den vielen, – wenn sie böse war! ›Fräulein Ilse, gehen Sie auf Ihr Zimmer mais tout-de-suite. Aben Sie mir compris!‹ Dabei zog sie die Stirn in Falten und riß die Augen auf – so«, und sie versuchte es nachzuahmen. »Oh, es war zu himmlisch! Adieu Papachen, zum Frühstück komm’ ich zurück!«
 
Sie warf ihm noch eine Kußhand zu, lachte ihn schelmisch an und fort ging’s im lustigen Trabe hinaus auf die Wiese in den taufrischen Sommermorgen hinein.
 
Herr Macket schüttelte den Kopf, mit einem Male stiegen ernstliche Bedenken wegen Ilses Zukunft in ihm auf. Er fand den Gedanken, sie in eine Pension zu geben, heute weniger schrecklich, als gestern. Sie hatte ihm soeben den Beweis ge[pg 11]geben, daß sie auch ihm Widerstand entgegensetzte. Freilich mußte er sich gestehen, daß er durch seine Nachgiebigkeit denselben in ihr groß gezogen hatte.
 
Er ging in das Speisezimmer und trat von dort auf die Veranda, die weinumrankt sich an der Vorderseite des Hauses entlang zog. Seine Frau erwartete ihn dort am gedeckten Frühstückstische.
 
Ganz gegen seine Gewohnheit war er still und einsilbig. »Hattest du Unannehmlichkeiten?« fragte Frau Anne und reichte ihm den Kaffee.
 
»Nein,« entgegnete er, »das nicht.« Er hielt einen Augenblick inne, als ob es ihm schwer würde, weiter zu sprechen, dann fuhr er fort: »Ich möchte dir eine Mitteilung machen, oder richtiger gesagt, dir meinen Entschluß wegen unsres gestrigen Gespräches verkünden. Zum 1. Juli soll Ilse in die Pension.«
 
»Du scherzest,« sagte Anne und sah ihn fragend an.
 
»Es ist mein Ernst,« erwiderte er. »Wirst du im stande sein, bis zu dem Termine alles zu Ilses Abreise einrichten zu können? Wir haben heute den 12. Juni.«
 
»Ja, das würde ich können, lieber Richard; aber verzeihe, mir kommt dein Entschluß etwas übereilt vor. Wird er dich nicht gereuen? Laß Ilse die schönen Sommermonate noch ihre Freiheit genießen und gieb sie erst zum Herbste fort. Der Abschied von der Heimat wird ihr dann weniger schwer werden.«
 
»Nein, keine Aenderung,« sagte er, bei einem längeren Hinausschieben seinen Wankelmut fürchtend, »es bleibt dabei – zum 1. Juli wird sie angemeldet.«
 
Nach einigen Stunden kehrte Ilse wohlgemut mit erhitzten Wangen und über und über mit Heu bestreut zum zweiten Frühstücke zurück. Wie sie war, ohne den Anzug zu wechseln, trat sie höchst vergnügt auf die Veranda. 

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