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Neuntes Kapitel-5
日期:2022-12-12 11:00  点击:253

"Ich meine," sprach der Doktor, "ich meine, Durchlauchtiger, daß das Physische sich bloß auf das rein vegetative Leben ohne Denkkraft, wie es in Pflanzen stattfindet, das Psychische aber auf die Denkkraft bezieht. Da diese nun im menschlichen Organism vorwaltet, so muß der Arzt immer bei der Denkkraft, bei dem Geist anfangen und den Leib nur als Vasallen des Geistes betrachten, der sich fügen muß, sobald der Gebieter es will."

"Hoho!" rief der Fürst, "hoho, Leibarzt, lassen Sie das gut sein! -

Kurieren Sie meinen Leib, und lassen Sie meinen Geist ungeschoren,

von dem habe ich noch niemals Inkommoditäten verspürt. Überhaupt,

Leibarzt, Sie sind ein konfuser Mann, und stünde ich hier nicht an der

Leiche meines Ministers und wäre gerührt, ich wüßte, was ich täte! -

Nun Kammerherrn! vergießen wir noch einige Zähren hier am Katafalk des

Verewigten und gehen wir dann zur Tafel." 

Der Fürst hielt das Schnupftuch vor die Augen und schluchzte, die Kammerherrn taten desgleichen, dann schritten sie alle von dannen. Vor der Türe stand die alte Liese, welche einige Reihen der allerschönsten goldgelben Zwiebeln über den Arm gehängt hatte, die man nur sehen konnte. Des Fürsten Blick fiel zufällig auf diese Früchte. Er blieb stehen, der Schmerz verschwand aus seinem Antlitz, er lächelte mild und gnädig, er sprach: "Hab' ich doch in meinem Leben keine solche schöne Zwiebeln gesehen, die müssen von dem herrlichsten Geschmack sein. Verkauft Sie die Ware, liebe Frau?"

"O ja," erwiderte Liese mit einem tiefen Knix, "o ja, gnädigste Durchlaucht, von dem Verkauf der Zwiebeln nähre ich mich dürftig, so gut es gehn will! - Sie sind süß wie purer Honig, belieben Sie, gnädigster Herr?"

Damit reichte sie eine Reihe der stärksten glänzendsten Zwiebeln dem Fürsten hin. Der nahm sie, lächelte, schmatzte ein wenig und rief dann: "Kammerherrn! geb' mir einer einmal sein Taschenmesser her." Ein Messer erhalten, schälte der Fürst nett und sauber eine Zwiebel ab und kostete etwas von dem Mark.

"Welch ein Geschmack, welche Süße, welche Kraft, welches Feuer!" rief er, indem ihm die Augen glänzten vor Entzücken, "und dabei ist es mir, als säh' ich den verewigten Zinnober vor mir stehen, der mir zuwinkte und zulispelte: 'Kaufen Sie - essen Sie diese Zwiebeln, mein Fürst - das Wohl des Staats erfordert es!'" - Der Fürst drückte der alten Liese ein paar Goldstücke in die Hand, und die Kammerherrn mußten sämtliche Reihen Zwiebeln in die Taschen schieben. Noch mehr! - er verordnete, daß niemand anders die Zwiebellieferung für die fürstlichen Dejeuners haben sollte als Liese. So kam die Mutter des Klein Zaches, ohne gerade reich zu werden, aus aller Not, aus allem Elend, und gewiß war es wohl, daß ihr ein geheimer Zauber der guten Fee Rosabelverde dazu verhalf.

Das Leichenbegängnis des Ministers Zinnober war eins der prächtigsten, das man jemals in Kerepes gesehen; der Fürst, alle Ritter des grüngefleckten Tigers folgten der Leiche in tiefer Trauer. Alle Glocken wurden gezogen, ja sogar die beiden Böller, die der Fürst behufs der Feuerwerke mit schweren Kosten angeschafft, mehrmals gelöst. Bürger - Volk - alles weinte und lamentierte, daß der Staat seine beste Stütze verloren und wohl niemals mehr ein Mann von dem tiefen Verstande, von der Seelengröße, von der Milde, von dem unermüdlichen Eifer für das allgemeine Wohl, wie Zinnober, an das Ruder der Regierung kommen werde.

In der Tat blieb auch der Verlust unersetzlich; denn niemals fand sich wieder ein Minister, dem der Orden des grüngefleckten Tigers mit zwanzig Knöpfen so an den Leib gepaßt haben sollte, wie dem verewigten unvergeßlichen Zinnober.


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