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坎特维尔的幽灵:Virginia und das Gespenst
日期:2010-09-13 13:51  点击:14

Wenige Tage später ritten Virginia und ihr Verehrer über die Brockleywiesen spazieren. Beim Springen über eine Hecke zerriss ihr Reitkleid derart, dass sie eilig nach Hause ritt und dort über die Hintertreppe das Schloss betrat, um nicht gesehen zu werden. Als sie an dem alten Gobelinzimmer vorbeikam, stand dessen Türe halb offen. Virginia meinte, das Kammermädchen ihrer Mutter in dem Zimmer gesehen zu haben und trat ein, um sich das Kleid ausbessern zu lassen. Zu ihrer großen Überraschung fand sie das Gespenst von Canterville!

 


Es saß am Fenster und beobachtete, wie das matte Gold des vergilbten Laubes durch die Luft flog und die roten Blätter einen wilden Reigen in der langen Allee tanzten. Den Kopf hatte es in die Hand gestützt und wirkte so niedergeschlagen, dass Virginia, die eigentlich erst hatte fliehen wollen, von tiefem Mitleid ergriffen wurde. Sie beschloss, das Gespenst zu trösten und da ihr Schritt leicht und seine Traurigkeit groß war, bemerkte das Gespenst Virginia erst, als sie zu ihm sprach.

"Sie tun mir so leid. Aber morgen müssen meine Brüder nach Eton zurück und wenn Sie sich dann wie ein gebildeter Mann benehmen, wird Sie niemand mehr ärgern." Der Geist sah das Mädchen erstaunt an. "Das ist ein ganz unsinniges Verlangen einem Geist gegenüber. Ich muss mit meinen Ketten rasseln und durch Schlüssellöcher stöhnen. Das ist mein einziger Lebenszweck." Virginia antwortete: "Das ist überhaupt kein Lebenszweck. Sie wissen, dass Sie ein böser, schlechter Mensch gewesen sind. Mrs. Umney hat uns erzählt, dass Sie Ihre Frau getötet haben und es ist unrecht, jemanden umzubringen!" Der Geist seufzte und nickte. "Das stimmt. Aber es geht niemanden etwas an. Das war eine reine Familienangelegenheit. Außerdem war es nicht so, wie du denkst. Meine Frau war sehr hässlich und hat mir niemals die Manschetten so gestärkt, wie ich es wollte. Sie verstand nichts vom Kochen. Das alles ist zwar lange her, aber es war auch nicht nett von ihren Brüdern, mich zu Tode hungern zu lassen, bloß weil ich sie getötet habe."

Virginia bot dem Geist ein Butterbrot, aber der lehnte ab. "Nein, danke. Ich esse jetzt nie mehr etwas. Trotzdem vielen Dank. Sie sind viel netter als der Rest Ihrer abscheulichen, groben und vulgären Familie." Virginia verbot dem Geist, so über ihre Familie zu sprechen. Dann sagte sie aufgebracht: "Sie sind selber grob und abscheulich. Denken Sie, ich weiß nicht, dass Sie mir alle Farben aus meinem Tuschkasten gestohlen haben, um den Blutfleck immer wieder zu erneuern. Erst nahmen Sie alle Rottöne, dann auch Smaragdgrün und Chromgelb. Schließlich konnte ich nur noch Mondscheinlandschaften in Chinesisch-Weiß und Indigo malen. Ich habe Sie nie verraten, obwohl noch nie jemand etwas von grünen Blutflecken gehört hat!" Das Gespenst sah sie zerknirscht an. "Was sollte ich denn tun? Blut ist heutzutage so schwer zu bekommen. Und als Ihr Bruder mit seinem Fleckenreiniger anfing, sah ich nicht ein, warum ich nicht Ihre Farben benutzen sollte. Außerdem haben wir Cantervilles beispielsweise blaues Blut! Aber Ihr Amerikaner macht euch ja nichts daraus." Virginia funkelte ihn an. "Was wissen Sie schon. Sie sollten mal etwas für Ihre Bildung tun. Wandern Sie doch nach Amerika aus. Mein Vater wird Ihnen sicherlich eine freie Überfahrt verschaffen. Wenn Sie in New York sind, garantiere ich Ihnen großen Erfolg. Ich kenne viele Menschen, die tausend Dollar dafür geben würden, einen Großvater zu haben und unendlich viel mehr für ein Familiengespenst. Aber Amerika würde Ihnen wahrscheinlich nicht gefallen, weil wir keine Ruinen und Altertümer haben." Der Geist antwortete: "Keine Ruinen? Keine Altertümer? Aber Sie haben doch die Marine und Ihre Umgangsformen." Virginia sprang auf. "Das reicht! Ich werde jetzt Vater bitten, den Zwillingen noch acht Tage länger Ferien zu geben."

Sie drehte sich um und wollte das Zimmer verlassen. Da sprang auch der Geist auf. "Ach bitte, gehen Sie nicht, Miss Virginia. Ich bin so einsam und so unglücklich. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich möchte schlafen und kann es doch nicht." Virginia musterte den Geist, der sich wieder auf seinen Stuhl sinken ließ. "Das ist doch albern. Wenn man schlafen will, dann legt man sich ins Bett und schläft. Das können schon die allerkleinsten Kinder." Der Geist nickte. "Aber ich kann es nicht. Ich habe schon seit dreihundert Jahren nicht mehr geschlafen. Ich bin so müde! Miss Virginia, weit hinter jenen Wäldern liegt ein kleiner Garten. Dort wächst langes Gras. Es blühen die großen weißen Sterne des Schierlings. Die Nachtigallen singen die ganze Nacht hindurch und der kalte kristallene Mond schaut nieder und die Trauerweide breitet ihre Arme über den Schläfer aus." Virginia war auf die Erde gesunken und schaute zu dem alten faltigen Gesicht des Geists auf. "Armes Gespenst. Sie meinen den Garten des Todes. Wäre das das Fleckchen, an dem Sie schlafen könnten?" Ihre Lippen zitterten. Der Geist sah sie ruhig an. "Ja, Tod! Der Tod muss schön sein. In der weichen, braunen Erde zu liegen, während das lange Gras über einem hin und her schwankt. Der Stille lauschen und kein Gestern, kein Morgen haben. Die Zeit und das Leben vergessen, im Frieden sein. Helfen Sie mir! Sie können mir helfen, die Tore des Todes zu öffnen, denn auf Ihrer Seite ist stets die Liebe, und die Liebe ist stärker als der Tod.

Virginia zitterte als der Geist sie nach der alten Inschrift am Fenster Bibliothek fragte. Sie hatte sie oft gelesen:

Wenn ein goldenes Mädchen es dahin bringt,
dass es sündige Lippen zum Beten zwingt,
wenn die dürre Mandel unter Blüten sich senkt,
ein unschuldiges Kind seine Tränen verschenkt,
dann wird dies Haus wieder ruhig und still
und Friede kehrt ein auf Schloss Canterville.

"Was soll das bedeuten?", fragte Virginia. "Das heißt, dass Sie über meine Sünden weinen müssen. Ich habe keine Tränen. Sie müssen für meine Seele beten, denn ich habe keinen Glauben. Und wenn Sie immer gut und sanft gewesen sind, dann wird der Engel des Todes mit mir Erbarmen haben. Sie werden entsetzliche Gestalten im Dunkeln sehen. Schauriges wird an ihr Ohr dringen. Ihnen wird aber kein Leid geschehen, denn gegen die Reinheit eines Kindes sind die Gewalten der Hölle machtlos."

Virginia antwortete nicht. Der Geist sah auf ihren gesenkten Kopf herab und rang die Hände. Plötzlich erhob sie sich, bleich, aber entschlossen. "Ich habe keine Angst. Ich will den Engel bitten, Erbarmen mit Ihnen zu haben."

 

Mit einem leisen Freudenausruf erhob sich der Geist. Er griff nach Virginias Hand und küsste sie nach alter Art. Seine Finger waren eiskalt, aber seine Lippen brannten wie Feuer. Er führte sie durch das dämmerdunkle Zimmer. In den verblassten grünen Gobelin waren kleine Jäger gewirkt, die in ihre Hörner bliesen. Sie schienen Virginia zu zu winken und zu rufen: "Kehre um!" Aber der Geist fasste Virginias Hand noch fester und sie schloss die Augen. Schreckliche Tiere mit Eidechsenschwänzen und feurigen Augen sahen sie vom Kaminsims an und grinsten: "Nimm dich in Acht. Vielleicht sieht man dich nie wieder, Virginia!" Aber der Geist ging noch schneller voran und Virginia hörte nicht auf die Stimmen. Am Ende des Zimmers hielt das Gespenst an und murmelte einige Worte, die Virginia nicht verstand. Sie schlug die Augen auf und sah die Wand vor sich verschwinden. Eine große, schwarze Höhle tat sich auf. Ihr wurde schrecklich kalt und etwas zerrte an ihrem Kleid. "Schnell, schnell! Sonst ist es zu spät!", rief der Geist. Und schon hatte sich die Wand hinter ihnen geschlossen und das Gobelinzimmer war leer.

 


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