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Trotzkopf als Grossmutter-50
日期:2022-08-29 17:57  点击:270
Ein paar Augenblicke weidete sich Ilse offenbar an dem unverkennbaren Entsetzen des jungen Mannes, dann aber mußte sie unwillkürlich anerkennen, daß die elegante, geschmeidige Gestalt vor ihr, das schöne übermütige Antlitz mit den blitzenden Augen und den feinen Zügen wohl etwas besonders Anziehendes für ein junges Mädchen haben müsse. Als liebende und etwas schwache Großmutter war sie nur zu geneigt, Irmas Betragen nicht verzeihlich, aber doch begreiflich zu finden.
 
Ottos Verlegenheit hielt nur einen Moment an, er sah sofort ein, daß etwas nicht in Ordnung war. Zuerst schaute er Frau Gontrau mit einem Blick an, als erkenne er sie nicht sogleich; dann, als ob sein Gedächtnis ihm zu Hilfe käme, verbeugte er sich und wollte mit ehrfurchtsvollem Gruß vorübergehen. Doch Ilses Blick zwang ihn stehen zu bleiben.
 
„Herr Baron, ich möchte eine kleine Unterredung mit Ihnen haben,“ begann sie.
 
„Das wird mir eine große Ehre sein, gnädige Frau. Bin ich so glücklich, Ihnen einen Dienst erweisen zu können?“
 
Er tat vollkommen unbefangen, was Ilse reizte.
 
„Sie brauchen mir gegenüber keine Komödie zu spielen, junger Mann,“ herrschte sie ihn an. „Sie wissen sehr gut, weshalb ich hier bin.“
 
„In der Tat, gnädige Frau, ich bedaure ...“
 
„Mit solchen Ausflüchten verschlechtern Sie nur die Sache,“ fuhr Ilse, deren Augen vor Zorn funkelten, fort. „Ich würde besser von Ihnen denken, wenn Sie mir offen und ehrlich sagten, mit welchen Absichten Sie sich meiner Enkelin zu nahen wagten.“
 
„Ich hatte Fräulein Irma ersucht, vorläufig noch Schweigen über unser Verhältnis zu bewahren,“ entgegnete Otto, noch sehr höflich, obwohl im Innern wütend auf Irma, weil sie seiner Meinung nach doch nicht den Mund gehalten hatte.
 
„Und sie war unverständig genug, sich an dies Versprechen gebunden zu halten,“ erwiderte Ilse. Dann erzählte sie ihm in wenig Worten, wie das Geheimnis an den Tag gekommen war.
 
Hochstein biß sich auf die Lippen. Er verzieh es Irma nicht, daß sie alles gestanden hatte; in der ersten Entrüstung hielt er sie sogar für fähig, die ganze Geschichte erfunden zu haben, weil sie nicht länger zu schweigen vermochte; aber als er Ilse ins Gesicht schaute, sah er sofort ein, daß sie die Wahrheit gesprochen hatte. Es erschien ihm also klüger, einen demütigeren Ton anzuschlagen.
 
„Wenn Irma Ihnen alles mitgeteilt hat, gnädige Frau, dann werden Sie wohl auch vollkommen begreifen, warum ich die Sache — zu meinem Leidwesen — vorläufig noch geheim halten muß.“
 
„Nein, Herr Baron, das begreife ich nicht. Ich begreife durchaus nicht, wie ein feingebildeter Mann ein junges, unerfahrenes Mädchen zu überreden suchen kann, ihre Familie zu hintergehen und ihren guten Namen aufs Spiel zu setzen. Irma ist ein Kind, das nicht weiß, was es tut; ich segne den Zufall, der mich von dem Vorgefallenen in Kenntnis gesetzt hat. Nach dem, was ich von Ihnen gehört und gesehen habe, will ich noch nicht urteilen, aber ich verlange, daß Sie, wenn Sie es ehrlich und gut mit dem Mädchen meinen, das Ihnen seine Liebe geschenkt hat, noch heute Ihren Eltern von Ihren Absichten Mitteilung machen.“
 
„Es tut mir leid, gnädige Frau, aber das kann ich nicht, und ich habe Irma auch die Gründe auseinandergesetzt.“
 
„Ja, und sie war damit zufrieden; ich aber bin es nicht. Hören Sie, Herr von Hochstein, wenn Sie meine Enkelin wirklich lieben, dann durften Sie sie nicht bloßstellen, sondern mußten erst mit Ihren Eltern sprechen, um ihr eine etwaige Enttäuschung zu ersparen.“
 
„Ich habe ihr stets gesagt, daß ich nach bestandenem Examen mich bemühen will, die Einwilligung meiner Eltern zu erhalten.“
 
„Sehr schön, bis dahin darf aber dann zwischen Ihnen und Irma nicht das geringste Einverständnis mehr bestehen. Ihre Eltern mögen stolz sein; wir sind es nicht minder und — mit gleichem Recht.“
 
„So wollen Sie der Sache mit Gewalt ein Ende machen und uns unerbittlich auseinanderreißen, gnädige Frau?“
 
„Durchaus nicht. An dem Tage, an dem Ihr Herr Vater mich ehrerbietig um die Hand meiner Enkelin ersucht, will ich um Irmas willen bei meinem Schwiegersohn, dem berühmten Künstler, ein gutes Wort für Sie einlegen. Ich glaube nämlich nicht, daß Irmas Eltern von ihrer Wahl sehr eingenommen sein werden.“
 
„Irma hat auch noch ein Wörtchen mitzureden,“ rief Otto, der sich kaum mehr beherrschen konnte, „und ich zweifle nicht, daß sie sich Ihrer Grausamkeit widersetzen wird.“
 
„So viel Stolz und Taktgefühl werde ich meiner Enkelin wohl noch einflößen können, als sie zu der Erkenntnis nötig hat, daß sie mit einem jungen Manne, dessen Eltern sich so hoch erhaben über sie dünken, keine Zusammenkünfte mehr haben darf. Da ich nun weiß, wie ich handeln muß, fürchte ich Ihren Einfluß auf Irma nicht mehr.“
 
„Ist das Ihr letztes Wort, Frau Gontrau?“
 
„Mein letztes, bis Ihr Vater, der Baron von Hochstein, sich an mich oder an Irmas Eltern wendet und unsere Einwilligung zu der Verlobung erbittet.“
 
„Dann hoffe ich Sie in nicht zu langer Zeit wiederzusehen,“ sagte Otto mit verbissener Wut, indem er sich zum Abschied mit tadelloser Höflichkeit verbeugte.
 
„Das wird mir eine wahre Freude sein,“ versetzte Ilse und entfernte sich. —
 
So schnell sie konnte, eilte sie nach Hause, sie wußte ja, mit welcher Ungeduld Irma sie erwartete. Und doch hätte sie gewünscht, einen recht weiten Weg vor sich zu haben, denn sie brachte schlechte Nachricht für das arme Kind.
 
Das junge Mädchen kam ihr auch bereits im Flur entgegen. Auf Großmutters Antlitz las sie sofort ihr Urteil. Ohne etwas zu sagen, wartete sie, bis Ilse Hut und Mantel abgelegt hatte und sie zu sich rief. 

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