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Trotzkopf als Grossmutter-46
日期:2022-08-29 17:54  点击:223
Frau Gontrau schwieg. Allerlei Wahrnehmungen kamen ihr in den Sinn. Es fiel ihr ein, daß Irma in den letzten Monaten viel allein auszugehen pflegte und häufig ein sonderbares Benehmen zeigte. Zweifel und Angst beschlichen sie, weil sie für das Kind den Eltern gegenüber verantwortlich war, vor allem aber bemächtigte sich ihrer tiefe Betrübnis darüber, daß ihre Enkelin, die sie so innig liebte, sie betrogen und hintergangen hatte. onkel Heinz zog die buschigen Brauen zusammen, drehte seinen weißen Schnauzbart zu einer ganz besonders feinen Spitze und unterdrückte einen Fluch, weil er plötzlich einen heftigen Stich in seinem linken Fuß verspürte.
 
„Darf ich fragen, wie es kam, daß Irma Sie nicht gleich das erste Mal sah?“ forschte er, sich ziemlich barsch an Tante Elisabeth wendend.
 
„Das ging ganz natürlich zu. Ich verbarg mich hinter den Sträuchern, bis sie das Wäldchen wieder verlassen hatten.“
 
„Sie spionierten also!“
 
„Spionieren!“ wiederholte Elisabeth beleidigt. „Wenn Sie's so nennen wollen — ich mußte mich doch von der Wahrheit überzeugen.“
 
„Ja, und nachdem Sie das getan, gingen Sie noch einmal hin und versteckten sich wahrscheinlich wieder. Das finde ich nicht ehrlich; Sie hätten offen auftreten sollen. Ihr Erscheinen hätte die jungen Leute gewarnt.“
 
„Mir schien das nicht wünschenswert. Ich hielt es für meine Pflicht, Frau Gontrau zu unterrichten.“
 
Tante Elisabeth zeigte in diesem Augenblick eine so dünkelhafte, siegesgewisse Miene, daß der Professor sich vergaß und heftig aufbrauste.
 
„Na ja, das ist so recht was für Sie! Wer sagt Ihnen denn aber, daß etwas Böses dahinter steckt? Die jungen Leute können sich wohl mal was zu erzählen haben. Daraus brauchen Sie nicht gleich so 'ne Staatsaktion zu machen. Aber das ist gerade Wasser auf die Mühle einer neidischen alten Jungfer, wenn sie einem Nebenmenschen etwas anhängen kann.“
 
Feuerrot erhob sich Fräulein Müller von ihrem Sitz und sagte mit einer, vor Zorn und Aufregung heiseren Stimme:
 
„Wenn Sie meine gute Absicht so auslegen und mich obendrein beleidigen, dann gehe ich und setze nie wieder einen Fuß über diese Schwelle.“
 
Ilse schaute den Professor zürnend an.
 
„Nein, nein, seien Sie nicht böse, liebe Elisabeth,“ rief sie. „Ich bin Ihnen dankbar, und dem Professor Fuchs müssen Sie seine Heftigkeit verzeihen. Er hat Irma so unendlich lieb, daß er außer sich gerät, wenn über sie nachteilig geurteilt wird. Ist's nicht so, Herr Professor?“
 
„Jawohl,“ brummte onkel Heinz, der einsah, daß er zu weit gegangen war.
 
„Und er bittet für seine Unhöflichkeit um Entschuldigung,“ beharrte Ilse, mit einem strengen Blick auf onkel Heinz.
 
Dem Professor war fast so zu Mute wie einem Schuljungen, der eine Strafpredigt erhält. Er hätte am liebsten mit einem: „Scheren Sie sich zum Teufel,“ das Zimmer verlassen; aber dem eigenartigen Ausdruck in den dunklen Augen seiner alten Freundin war er nicht gewachsen.
 
„Jawohl,“ brummte er abermals, mit abgewendetem Gesicht, „natürlich meinte ich es nicht so; nehmen Sie's nicht übel, Fräulein Müller.“
 
Tante Elisabeth verneigte sich, war aber doch tief gekränkt und stand auf.
 
„Nun ich Ihnen berichtet habe, was ich weiß, Frau Gontrau,“ nahm sie in spitzem Ton abermals das Wort, „ist's an Ihnen, aus meiner Mitteilung Nutzen zu ziehen. Ich werde mich um die ganze Geschichte nicht mehr kümmern.“
 
„Einen Augenblick, bitte,“ sagte Ilse. „Was Sie gesehen haben, Elisabeth, ist ganz gewiß nicht passend, aber bevor Irma mir den Zusammenhang erklärt hat, kann ich mir kein Urteil erlauben. Möglich, daß gar nichts dahinter steckt. Die jungen Leute von heutzutage sind anders und freier in ihrem Umgang, als wir in unsrer Jugend — das dürfen wir nicht vergessen.“
 
Fräulein Müller ließ ein spöttisches Lachen hören.
 
„Ich muß Sie freundlichst ersuchen,“ fuhr Ilse fort, „über diese Geschichte zu niemand, wer es auch sei, ein Wort zu verlieren, auch nicht zu unsren Amerikanern.“
 
„Ganz wie Sie wünschen, Frau Gontrau.“
 
„Ich erbitte mir das als eine große Gunst von Ihnen und baue fest auf Ihre Verschwiegenheit.“
 
Großmutter Ilse streckte Tante Elisabeth die Hand entgegen, und diese las auf dem schönen, alten Gesicht eine so ängstlich flehende Bitte, daß sie, wider Willen gerührt, versetzte:
 
„Das können Sie, Frau Gontrau.“
 
Dann ging sie nach einer sehr förmlichen Verbeugung vor onkel Heinz.
 
Ilse ließ sich erschöpft in ihren Sessel sinken und schaute in schweren Gedanken vor sich hin.
 
Der Professor aber humpelte in großer Erregung hin und her.
 
„Schöne Geschichte das,“ rief er endlich, „bald weiß die ganze Stadt von diesem Klatsch, denn Fräulein Müller wird mit wahrer Wonne für Weiterverbreitung sorgen. Das ist was so recht nach ihrem Sinn.“ 

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