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Trotzkopf als Grossmutter-41
日期:2022-08-29 17:43  点击:239
Die Magd füllte die ganze Stube mit ihren schwerfälligen, plumpen Bewegungen und ihrer Riesengestalt aus. Dröhnend ging sie hin und her und schaute immer wieder so drohend nach der Türe, daß den beiden Kindern angst und bange wurde, und sie, der gleichen Empfindung folgend, zusammen das Zimmer verließen.
 
Gustav kam nach Hause. Er hatte sich, seit Irma ihn zuletzt gesehen, wenig verändert. Seine träumerischen Augen starrten wie immer ins Blaue hinein. Sein Haar war gewachsen und ringelte sich bis in den Nacken. Er trug eine kurze Samtjoppe, einen Umlegekragen und eine breite, flatternde Krawatte. Als er eintrat, flog Flora ihm entgegen, und ohne von seiner Schwester die geringste Notiz zu nehmen, schloß er sein Weibchen in die Arme und küßte es. Diese Umarmung dauerte mindestens fünf Minuten. Irma vernahm alle möglichen Ausrufe, wie: „Mein blondgelockter Engel! Meine Elsa! Meine reine, weiße Lilie!“ — und: „Mein Held! Mein Künstler! Mein liebes Männchen!“ &c. Ihr wurde ganz schwach, und endlich rief sie:
 
„Hört mal, ich bin auch noch da!“
 
Nun hieß Gustav sie herzlich willkommen und ging dann in sein Zimmer. Auch hier herrschte eine geniale Unordnung. Stöße von Musikheften bedeckten den Flügel sowie sämtliche Stühle und selbst die Erde, sodaß es eine Kunst war, einen Weg durch dies Chaos zu finden.
 
Die gefürchtete Lisa meldete, daß das Essen fertig sei.
 
„Ich will nicht, daß alles kalt wird,“ fügte sie hinzu; „sagen Sie also dem Herren, er soll gleich kommen.“
 
Gehorsam ging Flora, um ihren Mann zu rufen; er saß am Flügel und spielte. In den ersten zehn Minuten gab er auf die Bitte seiner jungen Frau überhaupt keine Antwort.
 
Endlich, als sie es wagte, leise näher zu treten und ihn auf ihre Anwesenheit aufmerksam zu machen, stand er träumerisch auf, fuhr mit der Hand durch sein langes Haar und folgte ihr.
 
Lisa brachte das Essen herein und bediente mit einem Gesicht wie eine dräuende Gewitterwolke. Das Mahl war gut zubereitet, aber es wurde in solchen Mengen aufgetragen, daß noch mindestens zehn Personen hätten mitspeisen können. Irma machte ein sehr erstauntes Gesicht.
 
„Was für ein kolossaler Rinderbraten, der würde für ein Waisenhaus genügen,“ sagte sie, als Lisa das Riesenstück auf den Tisch stellte.
 
Das Mädchen warf ihr unter gerunzelten Brauen einen wütenden Blick zu, und Flora winkte ihr erschrocken, sie möchte schweigen.
 
„Aber Kind,“ begann Irma, als das Schreckgespenst das Zimmer verlassen hatte, „warum bestellst du solche Riesenbraten? Nun müssen wir die ganze Woche von kaltem Fleisch leben.“
 
„O nein, davon ist morgen nichts mehr übrig.“
 
„Was!“ rief Irma, mit vor Staunen weit aufgerissenen Augen.
 
„Ja, wo es hinkommt, weiß ich nicht.“
 
„Aber das ist doch unmöglich. Wir drei zu Hause essen nicht den zehnten Teil von dem, was hier aufgetischt wird; wo bleiben denn die Reste?“
 
„Auf den Tisch kommt nichts mehr davon.“
 
„Aber dann bringt Lisa sie beiseite.“
 
„Ums Himmels willen, sei doch still. Wenn sie das hörte!“
 
„Na, es ihr ins Gesicht zu sagen, würde ich freilich nicht wagen. Aber Gustav, du, der Herr des Hauses, solltest doch das Mädchen zur Rede stellen.“
 
„Um was handelt sich's denn?“ fragte Gustav, der in seiner zerstreuten Art aß, auf nichts achtete, was um ihn her geschah, und nicht hörte, was gesprochen wurde.
 
Irma legte ihm den Fall vor.
 
Er schaute ebenso hilflos drein, wie sein kleines Frauchen, und sagte freundlich:
 
„Meine liebe Irma, was können wir da machen?“
 
„Nun, aufpassen und wenn nötig, sie ins Verhör nehmen.“
 
„O nein, das Frauenzimmer würde heulen, schreien und fluchen. Ich finde sie schon schrecklich genug, mit ihrer lauten Stimme und ihren unschönen Bewegungen. Ich möchte so gern ein Mädchen haben, das mit Floras poetischer Erscheinung mehr im Einklang stände. Was sie aber mit dem übriggebliebenen Essen macht, kann mir doch ganz egal sein.“
 
„Wenn du nach dem Mittagessen alles an einen bestimmten Platz stellen ließest, Flora.“
 
„O, liebste Irma, hier im Hause hat nichts seinen bestimmten Platz.“
 
„Du mußt meinem kleinen Liebling keinen Schreck einjagen, Schwesterchen,“ sagte Gustav. „Sie bemüht sich nach Kräften, und ich habe ein bißchen geniale Unordnung gern.“
 
„Aber auf diese Weise seid ihr bald bettelarm.“
 
„Ach nein, wir besitzen noch einen großen Haufen Geld, und wenn das alle ist, komponiere ich meine neue Oper; mir stecken ja so viel Ideen und Melodien im Kopf. Und dann werden wir wieder reich, gelt, Florchen?“
 
Beide lachten so sorglos und herzlich, daß Irma, die von Natur wahrhaftig nicht ernst angelegt war, lustig mit einstimmte.
 
Ein paar Tage später wurde sogar Gustav aus seiner behaglichen Gleichgültigkeit wachgerüttelt. Seine Frau war mit Irma spazieren gegangen. Als er nach Hause kam, stand ein Haufen Menschen vor der Türe der kleinen Villa, und über dem Dach schwebte eine dichte schwarze Rauchwolke. 

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