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Trotzkopf als Grossmutter-32
日期:2022-08-29 17:34  点击:237
Irma legte ihr Köpfchen an Agnes' Schulter und begann flüsternd ihre Erzählung, wie sie schon bei der Landpartie gemerkt habe, daß Baron von Hochstein sie sehr reizend finde, wie er einige Tage später an sie geschrieben und ihr seine Liebe bekannt, und wie sie nach Verabredung eine rote Rose im Gürtel, am Fenster stehend, ihm ihre Gegenliebe verraten habe. Auf sein wiederholtes Schreiben und dringendes Bitten habe sie nach schwerem Gewissenskampf in ein Stelldichein gewilligt und ihn heute nachmittag auf der Chaussee im Walde getroffen.
 
Agnes' Gesicht verdüsterte sich immer mehr, aber sie sagte nichts. Erst als sie hörte, was die Liebenden heute beschlossen hatten, rief sie entrüstet:
 
„Aber Irma, wie konntest du das tun?“
 
„O, ich weiß, daß es schlecht war,“ schluchzte das arme, kleine Ding. „Aber ich hab' Otto so lieb. Du liebst Ludwig doch auch und mußt daher mit mir fühlen können. Hättest du denn nicht ebenso gehandelt?“
 
„Ich!“ rief Agnes. „Wahrscheinlich hätte ich ihm eine Ohrfeige gegeben, ganz gewiß aber ihm den Rücken gekehrt. Was bildet er sich ein? Wie darf er's wagen, dir geradezu zu sagen, daß du ihm nicht ebenbürtig bist!“
 
„Aber bedenke doch, die Barone von Hochstein! So ein altadliges Geschlecht! Noch nie ist in seiner Familie eine Mesalliance vorgekommen. Er steht weit über mir!“
 
„Welch ein Unsinn!“ entgegnete Agnes heftig. „Laß ihn mit seinem altadeligen Geschlecht nach dem Monde gehen. Welcher verständige Mensch legt in unsern Tagen Wert auf so etwas? Damit sollte er uns in Amerika kommen! Er über dir stehen! Du bist im Gegenteil unendlich erhaben über ihn, du, das Kind so genialer Eltern. Was haben seine Eltern wohl je geleistet?“
 
„Er denkt gewiß ebenso. Wirklich, Otto ist nicht vorurteilsvoll, aber seine Eltern sind doch nun einmal so furchtbar stolz.“
 
„Sprich mir nicht von Stolz! An deiner Stelle wäre ich viel zu stolz, mich in eine Familie einzudrängen, die es wagte, auf mich herabzusehen!“
 
Irma seufzte; sie hatte gehofft, Agnes würde die Sache ganz anders auffassen, mehr mit ihr übereinstimmen und sich wohl gar geschmeichelt fühlen, daß ein Baron ihrer Cousine seine Liebe gestanden hatte. Die nüchterne, praktische Art, mit der die Amerikanerin diesen für Irma doch so hochinteressanten Fall behandelte, enttäuschte sie sehr. Nirgends sah sie Hilfe, nirgends einen Ausweg, und sie fing wieder an bitterlich zu weinen.
 
Tränen waren etwas so Ungewohntes bei der sonnigen, lustigen kleinen Irma, die immer lachte und von jedem auf den Händen getragen wurde, daß Agnes plötzlich ein großes Mitleid mit dem armen Kinde fühlte.
 
„Weine nicht, Liebling,“ sagte sie zärtlich. „Ich sehe ein, daß es hart für dich ist, aber so kann die Sache nicht weitergehen. Du mußt ihm schreiben, daß du keine heimlichen Zusammenkünfte mehr mit ihm haben willst. Es ist unverzeihlich, daß du es schon einmal getan hast, aber geschehene Dinge sind nicht mehr ungeschehen zu machen. Es ist seine Pflicht gegen dich, sofort deinen wie seinen Eltern ein offenes Geständnis abzulegen. Will er das nicht, so muß zwischen euch alles aus und zu Ende sein.“
 
„Nein, um nichts in der Welt,“ schluchzte Irma. „Ich liebe ihn, und er liebt mich.“
 
„Seine Forderung beweist das Gegenteil,“ versetzte Agnes entrüstet. „Ich bitte dich, du wirst ihm doch kein Stelldichein mehr geben! Versprich mir das.“
 
Irma schwieg.
 
„Du darfst es nicht. Und tust du es doch, so sag' ich's der Großmama.“
 
„Das wäre garstig von dir; du hast mir versprochen, es keiner Menschenseele zu verraten.“
 
„Ja, das ist wahr, na, ich werd's auch nicht tun, du kannst mir vertrauen, aber Irma, du handelst sehr unbesonnen.“
 
„Es wird schon alles recht werden,“ sagte das junge Mädchen, in dem Wunsche, ihren Otto und sich zu verteidigen. „Er sagt, die Heimlichkeit würde nicht lange dauern, und er ist so edel, so feinfühlig. Du mußt doch zugeben, Agnes, daß ich mein Wort nicht brechen kann, ich hab's doch versprochen.“
 
Agnes war durchaus nicht einverstanden, merkte aber, daß Irma nicht zu überzeugen war. Auch überlegte sie, daß, wenn sie ihrer Empörung über Otto von Hochsteins Verhalten zu sehr Luft machte, Irma ihr das Vertrauen entziehen würde. Und es war doch besser, daß jemand um die unvorsichtigen Handlungen des kleinen Lieblings wußte, um ihn warnen und überwachen zu können. Daher tröstete sie ihr Bäschen so gut es ging, und gelobte aufs neue, das Geheimnis treu zu bewahren. Etwas erleichtert und beruhigt ging Irma nach Hause, wo sie in ihrem Leichtsinn sich einredete, keine Unwahrheit zu sprechen, als sie auf Ilses Frage, ob sie bei Müllers gewesen sei, um Agnes abzuholen, mit einem „ja, Großmama,“ antwortete.
 
Einige Tage später kam Nachricht von Holtens aus München. Gustav, dessen Name immer bekannter wurde, hatte sich um den Posten eines Lehrers am Konservatorium in I. beworben und die Stelle erhalten. Das war für einen jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren ein großes Glück. In sechs Wochen mußte er das Lehramt bereits antreten, und seine Hochzeit sollte so bald wie möglich stattfinden, denn er wollte nicht ohne Flora das neue Leben beginnen.
 
Großmutter Ilse schüttelte den Kopf.
 
„Sie sind ja beide noch Kinder. Die sollen schon heiraten? So unerfahren, wie sie sind!“ 

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