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Trotzkopf als Grossmutter-24
日期:2022-08-25 15:55  点击:273
„Wollen Sie nicht ein wenig mit mir im Garten spazieren gehen?“ fragte sie. „Ich habe schon so lange gesessen. Der Professor ist noch mit seiner Bowle beschäftigt.“
 
Wider Willen geschmeichelt, daß Frau Gontrau sich so um sie bemühte, stand Fräulein Müller auf. Ilse nahm ihren Arm.
 
Der Abend war hereingebrochen. Die Kellner zündeten die Laternen im Garten an; überall leuchteten bunte Lampions zwischen dem Grün auf. Aus dem Tanzsaal erschallte Musik und heiteres Stimmengesumme. Mit Absicht schlug Frau Gontrau einen Seitenpfad ein und begann milde:
 
„Liebe Elisabeth, ich war eine Freundin Ihrer Mutter und habe Sie und Fritz von Geburt an gekannt. Da darf ich mir doch wohl herausnehmen, Ihnen einen Rat zu geben.“
 
Elisabeth warf den Kopf in den Nacken:
 
„Natürlich, Frau Gontrau.“
 
„Sie beklagen sich, daß die Menschen nicht lieb zu Ihnen sind; daß die jungen Mädchen Sie unfreundlich behandeln und gerne necken. Vielleicht haben Sie recht, aber denken Sie einmal nach, und sagen mir ehrlich und aufrichtig, ob Sie daran wirklich ganz unschuldig sind.“
 
„Ich weiß nicht, was Sie wollen,“ entgegnete Tante Müller steif. Ilse aber ließ sich nicht abschrecken.
 
„Wenn Sie sich bemühten, es den Leuten in Ihrem Hause etwas behaglicher zu machen,“ fuhr sie herzlich fort, „würden Sie selbst viel glücklicher sein. Was haben Sie von all den Zimmern, die niemals eines Menschen Fuß betritt, in denen nie ein Fenster geöffnet wird, aus Furcht vor Staub, wo stets alles gleich tadellos und dadurch so kalt und ungemütlich ist? Wenn es regnet und jemand kommt zu Ihnen, lautet Ihre erste Frage, ob er sich auch gut die Füße abgewischt hat, und ich glaube, Sie würden sich totunglücklich fühlen, wenn etwas Schmutz und Nässe die Fliesen Ihres Flurs befleckte. Das ermutigt die Leute nicht; sie fühlen, daß sie nicht willkommen sind und bleiben lieber fort.“
 
„Mich besucht doch niemand,“ versetzte Elisabeth, die ganz böse werden wollte, aber in Frau Gontraus warmem, teilnehmendem Ton lag etwas Besänftigendes. „Übrigens begreife ich eigentlich nicht, was Sie das angeht.“
 
„Machen Sie doch einmal den Versuch,“ fuhr Ilse, die letzten Worte nicht beachtend, fort. „Machen Sie Ihr Haus etwas heller und fröhlicher. Laden Sie das junge Volk einmal ein, bewirten Sie es einfach, aber gastlich und herzlich. Ärgern Sie sich nicht, wenn es lustig und ausgelassen zugeht, und vor allem, legen Sie nicht so großes Gewicht auf nichtige, kleinliche Dinge. Sorgen Sie, daß in Ihrem einsamen Herzen kein Platz für düstere Stimmung und Mißgunst bleibt. Ich halte viel von Ihnen, Elisabeth, habe Sie gern, und wenn Sie sich so benehmen, daß andere das auch tun, dann würden Sie viel glücklicher sein als bisher. Liebe ist das einzige, wahrhaft Nötige auf der Welt.“
 
„Sie haben gut reden,“ sagte die alte Jungfer, die sich am meisten über sich selbst wunderte, daß sie nicht böse wurde. „Sie sind ihr ganzes Leben lang von allen angebetet und verwöhnt worden, während ich ....“
 
„Ich weiß,“ fiel Großmutter Ilse ihr ins Wort, „Sie haben vieles entbehren müssen, aber das kann noch gut gemacht werden. Der Anfang ist freilich nicht leicht, doch glauben Sie mir, der einzige Weg, Liebe zu ernten, ist Liebe zu säen.“
 
„Ja, für unglückliche, zu kurz gekommene Wesen wie ich vielleicht, aber nicht für die Glücklichen, die vom Schicksal Bevorzugten.“
 
„Wenn andre wirklich bevorzugt sind, ist es weise, sich darüber nicht zu ärgern, sondern sich zu bemühen, durch eigene Verdienste das zu erwerben, was jenen mühelos in den Schoß fällt.“
 
„Frau Ilse, wo bleiben Sie?“ ließ sich plötzlich die Stimme des Professors vernehmen. „Meine Bowle ist fertig. Ich habe dem Kellner den Auftrag gegeben, alles in Ordnung zu bringen. Nun wollen wir einen Blick in den Tanzsaal werfen.“
 
„Gern, onkel Heinz. Kommen Sie, Elisabeth.“
 
Fräulein Müller wußte nicht, ob sie ja oder nein sagen sollte, und Professor Fuchs machte ein verdutztes Gesicht, als Ilse seinen Arm nahm und ihm einen Wink gab, Elisabeth den andern zu bieten.
 
Er brummte etwas, aber ebenso wie Elisabeth konnte er doch nicht gut anders, als der Großmutter gehorchen. Fritz, Ruth und Marianne zeigten nicht wenig erstaunte Mienen, als sie die drei eintreten sahen. Fritz, der den boshaften Ausfall seiner Schwester noch nicht vergessen hatte, kam gerade mit spöttischem Gesicht auf sie zu, als Ilse ihm winkte, ihm etwas ins Ohr flüsterte, und schnell unterdrückte er eine unfreundliche Bemerkung.
 
Im Ballsaal herrschte die fröhlichste Stimmung, und über eine Stunde schauten die älteren Leute dem lustigen Treiben zu. Tante Elisabeth wollte etwas Gehässiges sagen, als ihr Bruder und seine Frau sich erst an einer Quadrille und dann an einer Polka, ja sogar an einem Walzer beteiligten, aber sie preßte die Lippen zusammen und schwieg. Sie äußerte auch keine Mißbilligung, als sie den ernsten Heinrich von Holten mit Ruth und dann auch mit Maud tanzen sah. Kerzengerade saß sie neben Ilse und bemühte sich redlich, sich über das Courmachen und das eitle Getue der jungen Mädchen zu ärgern.
 
„Wie sich Irma amüsiert,“ sagte Ilse froh zu Ruth, „und wie wunderbar lieblich sie aussieht.“ 

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