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Trotzkopf als Grossmutter-10
日期:2022-08-24 13:32  点击:225
Diese Umgebung war sicher nicht geeignet, um aus Elisabeth, die an sich schon ein steifes, zurückhaltendes Wesen besaß, ein fröhliches, liebenswürdiges Menschenkind zu machen. In ihrer Jugend hatte sie unter dem Druck gelebt, der seit Fritzens Flucht aus dem Elternhause jahrelang auf Rosi und Adolf lastete. Als später alles zum Guten ausschlug und Fritz als ein tüchtiger, vermögender self-made man aus der Fremde heimkehrte, galten alle Liebe, alle Aufmerksamkeiten ihm, und die bescheidene Elisabeth, die sich stets bemüht hatte, ihrer Mutter in strengster Pflichterfüllung nachzueifern, war ganz in den Hintergrund getreten. Der Pastor sah das wohl ein, er hatte aber nie viel zu sagen gehabt. Er bemühte sich, Rosi klar zu machen, daß sie Elisabeth in die Gesellschaft einführen müßten, damit sie ihre Jugend genießen könne. Rosi war nicht seiner Meinung; je stiller und unbeachteter ein junges Mädchen seinen Weg ging, desto besser. Ein ernster Mann wüßte es zu schätzen, wenn er ein Mädchen heiratete, das unbekannt und unbesprochen durch die Welt ging und dessen Tugenden im eignen Hause zur vollen Geltung kamen. Aber trotzdem erhielt Elisabeth nie einen Heiratsantrag. Anfangs war sie darüber unglücklich und beneidete ihre, in dieser Hinsicht bevorzugten Freundinnen.
 
Als die Jahre vergingen und die Aussichten immer mehr schwanden, wurde sie verbittert. Nachdem der Vater gestorben und sie mit der Mutter die düstere, kasernenartige Wohnung bezogen hatte, ergingen sich beide in lieblosen Gedanken und scharfen Äußerungen. Die eine verurteilte die Mütter, die alles daran setzten, ihren Töchtern einen Mann zu kapern, und die andre brach den Stab über die Mädchen, die den jungen Leuten nachliefen und dadurch ein Schandfleck ihres Geschlechtes wurden.
 
Solange die Mutter lebte, die mit ihr fühlte und für die sie sorgen konnte, verknöcherte Elisabeth noch nicht ganz, aber als sie nach ihrem Tode allein auf der Welt stand, wurde sie die unangenehme, bissige alte Jungfer, die sich für nichts interessierte als für die Sauberkeit und Ordnung in ihrem Haushalt, für einige Wohltätigkeitsbestrebungen, die mit echter Menschenliebe und Selbstverleugnung wenig zu schaffen hatten, für ihre Sammlung von Häkelmustern und für die Gesundheit ihrer Katze, ihres Kanarienvogels und ihres Hundes. Sie wurde geizig, mißtrauisch und klatschhaft; die Leute mieden und verlachten sie. Nur wenige hatten Mitleid mit ihr und sahen ein, daß sie wohl eine verrückte alte Jungfer, aber doch eigentlich ein beklagenswertes Geschöpf war, verdorben durch Erziehung und häusliche Verhältnisse. Ilse Gontrau, die selbst viel gelitten — erst durch Nellies Tod und dann vor allem durch den Verlust ihres geliebten Leo — urteilte milder und konnte es nicht leiden, wenn Elisabeth Müller von allen, besonders von den Männern und dem jungen Volke verspottet und lächerlich gemacht wurde. Sie sah in ihr eine arme Verlassene, an der das Glück mitleidslos vorübergegangen war. Wenn sie auch zugeben mußte, daß der Gegenstand ihres Mitleids höchst unsympathisch war; wenn sie auch für ihre guten Absichten stets unangenehme Redensarten zu hören bekam, sie blieb fest in ihren Bemühungen und gab sich daher auch jetzt erst zufrieden, als die Mädchen mit Karl sich am nächsten Morgen auf den Weg zu Tante Elisabeth machten.
 
„Brr!“ sagte der kleine Junge, „was für 'ne Straße! Das ist ja rein zum Gruseln.“
 
„Dort wohnt die Tante, in dem Haus mit den Spionen und den grünen Rollläden,“ belehrte Irma.
 
„Nicht verlockend,“ meinte Maud. „Warum steht bei dem herrlichen Wetter nirgends ein Fenster auf?“
 
„Damit kein Staub hineinkommt.“
 
„Glaubst du, Irma, daß sie uns was Leckeres anbieten wird?“ fragte Karl.
 
„Selbstverständlich. Aber wenn sie es tut, Kinder, nur nicht danken. Sie wagt gewiß nicht, es zu unterlassen, in der stillen Hoffnung, daß wir dankend ablehnen werden. Denn geizig ist sie!“
 
„So wird sie mir wohl keine Zigarre anbieten?“
 
„Kleiner Affe!“ rief Irma lachend, „darf er denn rauchen, Agnes?“
 
„Nein, Papa hat's ihm streng verboten, trotzdem tut er es manchmal doch.“
 
„Still, nicht klatschen,“ flüsterte Karl mit einem besorgten Blick auf Maud, die jedoch nicht acht gegeben hatte, sondern ihr ganzes Interesse der großen, dunkel gestrichenen Haustüre und den mit Rollläden und doppelten Vorhängen versehenen Fenstern widmete.
 
Sie zogen die Klingel und mußten lange warten. Endlich öffnete sich die Tür und ein bejahrtes Dienstmädchen mit sauren Mienen, in einem dunkelblauen Wollkleide mit kurzen Ärmeln und einer großen Leinenschürze, erschien in derselben.
 
„Ist Fräulein Müller zu Hause?“ fragte Irma.
 
„Ja, gnädiges Fräulein,“ lautete die Antwort mit einem keineswegs freundlichen Blick auf die kleine Gesellschaft.
 
„Nun, dann können wir wohl eintreten.“
 
„Nicht so rasch, bitte, ich weiß doch nicht, ob das Fräulein empfangen will.“
 
„Dann fragen Sie, aber so lange brauchen wir doch nicht hier auf der Matte zu stehen.“
 
„Wen soll ich melden?“
 
„Mich kennen Sie doch, Fräulein Irma von Holten? Und dann sagen Sie, daß die Nichten und der Neffe aus Amerika da sind.“
 
„So,“ erwiderte die Magd mit einem mißtrauischen Blick auf die Fremdlinge. „Treten Sie unterdes nur ein, aber bitte die Füße gut abzuputzen, draußen ist es schmutzig.“
 
„Ach, so was, die Straße ist knochentrocken,“ murmelte Irma, während sie den Cousinen und Karl voranging in den Salon.
 
„Was für ein freches Geschöpf,“ sagte Agnes.
 
„Wart' nur, Kind, das ist erst das Vorspiel, die Herrin ist noch ganz anders. Aber findet ihr es hier nicht außerordentlich gemütlich?“
 
Maud und Karl prusteten los, während Agnes sich neugierig umschaute. 

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