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Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter:Zweites Kapitel
日期:2022-06-08 10:56  点击:294
 
Ein guter Mensch, der Bählamm hieß
Und Schreiber war, durchschaute dies.

        Nicht, daß es ihm an Nahrung fehlt.
Er hat ein Amt, er ist vermählt.
Und nicht bloß dieses ist und hat er;
Er ist bereits auch viermal Vater.
Und dennoch zwingt ihn tiefes Sehnen,
Sein Glück noch weiter auszudehnen.
Er möchte dichten, möchte singen,
Er möchte was zuwege bringen
Zur Freude sich und jedermannes;
Er fühlt, er muß und also kann es.

Der Muße froh, im Paletot,
Verläßt er abends sein Bureau.

        Er eilt zum Park, um hier im Freien
Den holden Musen sich zu weihen.

Natürlich einer, der wie er
Gefühlvoll und gedankenschwer,
Mag sich an weihevollen Plätzen
Beim Dichten gern auch niedersetzen.

Doch schon besetzt ist jeder Platz

        Von Leuten mit und ohne Schatz.

Da lenkt er doch die Schritte lieber
Zum Keller, der nicht fern, hinüber.

Er wählt sich unter vielen Bänken

        Die Bank, die angenehm zum Denken.

Zwar erst verwirrte seinen Sinn

        Das Nahgefühl der Kellnerin;
Doch führt ihn bald ein tiefer Zug

        Zu höherem Gedankenflug.

Schon brennt der Kopf, schon glüht der Sitz,
Schon sprüht ein heller Geistesblitz;

        Schon will der Griffel ihn notieren;
Allein es ist nicht auszuführen.

Der Hut, als Dämpfer der Ekstase,
Sinkt plötzlich tief auf Ohr und Nase.

        Ein Freund, der viel Humor besaß,
Macht sich von hinten diesen Spaß.

        Empört geht Bählamm fort nach Haus.
Der Freund trinkt seinen Maßkrug aus.

Zu Hause hängt er Hut und Rock
An den gewohnten Kleiderstock

        Und schmückt in seinem Kabinett
Mit Joppe sich und Samtbarett,
Die, wie die Dichtung Vers und Reim,
Den Dichter zieren, der daheim.

Scharfsinnend geht er hin und wider,

        Bald schaut er auf, bald schaut er nieder.

        Jetzt steht er still und ruft: »Aha!«
Denn schon ist ein Gedanke da.

Schnell tritt Frau Bählamm in die Tür,
Sie hält in Händen ein Papier.

        Sie ruft: »Geliebter Balduin!
Du mußt wohl mal den Beutel ziehn.
Siehst du die Rechnung breit und lang?
Der Schuster wartet auf dem Gang.«

Besonders tief und voll Empörung
Fühlt man die pekuniäre Störung.

's ist abgetan. – Das Haupt gesenkt,

        Steht er schon wieder da und denkt.

        Begeistert blickt er in die Höh:
»Willkommen, herrliche Idee!«

Auf springt die Tür. – An Bein und Arm
Geräuschvoll hängt der Kinderschwarm.

        »Ho!« – ruft der Franzel – »Kinder hört!
Jetzt spielen wir mal Droschkenpferd!
Papa ist Gaul und Kutscher ich.«
»Ja!« – ruft die Gustel – »Fahre mich!«
»Ich« – ruft der Fritz – »will hinten auf!
Hopp hopp, du altes Pferdchen, lauf!«

        »Hüh!« – ruft der kleine Balduin –
»Will er nicht ziehn, so hau ich ihn!« –

Wer kann bei so bewandten Dingen
Ein Dichterwerk zustande bringen? –

Nun meint man freilich, sei die Nacht,
Um nachzudenken, wie gemacht.
Doch oh! wie sehr kann man sich täuschen!
Es fehlt auch ihr nicht an Geräuschen.

Der Papa hat sich ausgestreckt,
Gewissenhaft sich zugedeckt;
Warm wird der Fuß, der Kopf denkt nach;
Da geht es Bäh! vielleicht nur schwach.
Doch dieses Bäh erweckt ein zweites,

        Dann Bäh aus jeder Kehle schreit es.
Aus Mamas Mund ein scharfes Zischen,
Bedrohlich schwellend, tönt dazwischen,
Und Papas Baß, der grad noch fehlte,
Verstärkt zuletzt das Tongemälde.

Wie peinlich dies, ach, das ermißt
Nur der, der selber Vater ist.

 

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