Ein Bauer kam in die Stadt. Er ritt auf einem Esel und hatte eine Ziege dabei. Die Ziege hatte eine Glocke um den Hals. Der Bauer zog sie an einem Strick hinter sich her. So lange, wie er die Glocke läuten hörte, konnte er ja sicher sein, dass die Ziege da war.
Da kamen drei Tagediebe. Als sie den Bauer sahen, sagte der eine: »Ich will ihm die Ziege stehlen.« Der andere sagte: »Ich will den Esel stehlen, auf dem er sitzt.« Der dritte aber sagte: »Und ich will ihm die Kleider stehlen, die er auf dem Leibe hat.«
Der erste Dieb schlich sich vorsichtig heran, löste die Glocke vom Halse der Ziege und band sie dem Esel an den Schwanz, und dann nahm er die Ziege und zog sie mit sich fort in eine andere Strasse. Der Bauer, der immer noch den Klang der Glocke hörte, glaubte nicht anders, als dass die Ziege auch immer noch da hinten sei, und sah sich nicht um.
Nun ging der zweite Dieb zu ihm hin und sagte: »Du da, bist du verrückt geworden? Andere Leute binden eine Glocke um den Hals des Esels, aber du hast sie ja an den Schwanz des Tieres gebunden. Was soll das bedeuten?«
Der Bauer sah sich um und entdeckte, dass die Ziege gestohlen war. »Ich hatte die Glocke meiner Ziege um den Hals gehängt« sagte er. »Aber jetzt ist einer mit der Ziege davongelaufen.« — »Richtig«, sagte der Dieb, »ich sah, wie jemand mit einer Ziege in der Strasse dort verschwand. Wenn du dich ein wenig beeilst, kannst du ihn noch einholen und ihm die Ziege wieder abnehmen.« »Um Gottes willen«, rief der Bauer, »pass auf meinen Esel auf, während ich laufe, um die Ziege zu finden.«
Dazu war der Dieb gern bereit und ergriff den Esel. Der Bauer rannte die Strasse hinab, die ihm der Dieb gezeigt hatte. Unterdessen machte sich der Dieb mit dem Esel durch eine andere Strasse davon. Der Bauer suchte die Strassen auf und ab. Aber er fand natürlich seine Ziege nicht. Als er zurückkam, zeigte es sich, dass der Esel auch verschwunden war.
Ganz wirr im Kopf lief der Bauer durch die Gassen, bis er den dritten Dieb traf, der am Rande eines Brunnens sass und weinte. »Du da«, sagte der Bauer, »warum weinst du?« Der Dieb antwortete: »Ich hatte ein Kästchen mit Edelsteinen, die ihre zehntausend Tuman wert waren, und nun habe ich das Kästchen in diesen Brunnen fallen lassen.«
Da wurde der Bauer gleich besserer Laune, weil er dachte: »Der Mann hier ist noch schlimmer daran als ich. Denn mein Esel und meine Ziege waren zusammen nur fünf Tuman wert, er aber hat zehntausend Tuman verloren.«
»Hör einmal«, sagte der Dieb, »wenn du in den Brunnen hinabsteigen und mir das Kästchen heraufholen willst, will ich dir fünfzig Tuman geben.« Das liess sich der Bauer nicht zweimal sagen. Er zog seine Kleider aus und bat den Dieb, sie im Auge zu behalten, während er in den Brunnen hinabstieg.
Unten im Brunnen kehrte er das Unterste zuoberst, aber er konnte nichts anderes als Steine und Erde finden. Und während er suchte, machte sich der Dieb mit seinen Kleidern davon. Nun fing der Bauer an zu rufen. Aber da war keiner, der ihm antwortete. Mit Mühe und Not kam er endlich aus dem Brunnen heraus und sah, dass seine Kleider weg waren, und der Mann war auch weg und hatte nur seinen Stock hinterlassen.