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Alaeddin und die Wunderlampe-11
日期:2021-12-22 15:02  点击:211
Der Sultan näherte sich dem Bett der Prinzessin, küßte sie der Sitte gemäß zwischen die Augen, wünschte ihr guten Morgen und fragte sie lächelnd, wie sie sich diese Nacht befunden habe? Als er sie aber aufmerksamer betrachtete, fand er sie zu seinem großen Erstaunen in tiefe Schwermut versenkt; auch wurde sie weder rot, noch gab sie sonst ein Zeichen, das seine Neugierde hätte befriedigen können. Sie warf ihm bloß einen[55] sehr traurigen Blick zu, der große Betrübnis oder großes Mißvergnügen verriet. Er sprach noch einige Worte zu ihr; da er aber sah, daß er ihr keine Antwort entlocken konnte, so glaubte er, sie tue dies aus Schamhaftigkeit, und entfernte sich. Gleichwohl stieg die Vermutung in ihm auf, dieses Stillschweigen müsse einen ganz absonderlichen Grund haben; deswegen ging er sogleich nach den Gemächern der Sultanin und erzählte ihr, in welchem Zustande er die Prinzessin gefunden und wie sie ihn empfangen habe. »Herr,« gab die Sultanin zur Antwort, »du mußt dich darüber nicht wundern; am Morgen nach der Hochzeitsnacht zeigen alle Neuvermählten solche Zurückhaltung. In zwei oder drei Tagen wird dies anders sein. Ich will nun selbst zu ihr gehen,« fügte sie hinzu, »und ich müßte mich sehr täuschen, wenn sie mich ebenso empfinge.«
 
Als die Sultanin angekleidet war, begab sie sich nach den Zimmern der Prinzessin, die noch zu Bette lag. Sie näherte sich ihr, küßte sie und wünschte ihr einen guten Morgen; aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie nicht nur keine Antwort von ihr erhielt, sondern auch bei näherer Betrachtung tiefe Niedergeschlagenheit an ihr bemerkte, woraus sie schloß, es müsse ihr etwas begegnet sein, das sie nicht erraten konnte. »Liebe Tochter,« sagte die Sultanin zu ihr, »woher kommt es denn, daß du alle meine Liebkosungen so schlecht erwiderst? Vor deiner Mutter brauchst du doch keine solchen Umstände zu machen. Gestehe mir offen und frei, was dir begegnet ist, und lasse mich nicht so lange in dieser peinlichen Unruhe.«
 
Die Prinzessin Bedrulbudur unterbrach endlich das Schweigen mit einem tiefen Seufzer. »Ach, meine sehr verehrte Mutter,« rief sie, »verzeihe mir, wenn ich es an der schuldigen Ehrfurcht fehlen ließ. Es sind mir heute nacht so außerordentliche Sachen zugestoßen, daß ich mich von meinem Staunen und meinem Schrecken noch nicht erholt habe, ja kaum mich selbst wiedererkenne.« Sie schilderte hierauf mit den lebhaftesten Farben, was ihr begegnet.
 
Die Sultanin hörte alles, was die Prinzessin ihr erzählte, sehr ruhig an, wollte es aber nicht glauben. »Liebe Tochter,« sprach sie zu ihr, »du hast wohl daran getan, daß du dem Sultan, deinem Vater, nichts davon gesagt hast. Hüte dich ja, gegen[56] jemand etwas verlauten zu lassen; man würde dich für eine Närrin halten, wenn man dich so sprechen hörte.« – »Verehrungswürdige Mutter,« antwortete die Prinzessin, »ich versichere dir, daß ich bei Verstande bin. Frage nur meinen Gemahl, er wird dir dasselbe sagen.« – »Ich werde mich bei ihm erkundigen,« antwortete die Sultanin, »aber wenn er auch gerade so spräche, wie du, so vermöchte mich dies immer noch nicht zu überzeugen. Steh nur auf und schlag dir diese Gedanken aus dem Kopf.« Zugleich rief die Sultanin die Frauen der Prinzessin, und als sie sah, daß sie aufgestanden war und sich zu schmücken begann, begab sie sich nach den Zimmern des Sultans und sagte ihm, es sei ihrer Tochter wirklich etwas durch den Kopf gegangen, was aber von keinem Belang sei. Dann ließ sie den Sohn des Großveziers rufen, um von ihm nähere Aufschlüsse über die Erzählung der Prinzessin zu erhalten; dieser aber, der sich durch die Verwandtschaft mit dem Sultan sehr geehrt fühlte, hatte sich vorgenommen, die Sache zu verheimlichen. »Mein lieber Sohn,« sagte die Sultanin zu ihm, »sag mir doch, hast du dir dieselbe Einbildung in den Kopf gesetzt, wie deine Frau?« – »Herrin,« antwortete der Sohn des Großveziers, »dürfte ich wohl um Erklärung bitten, was deine Frage besagen soll?« – »Ich bin schon zufrieden,« antwortete die Sultanin, »und verlange nicht mehr zu wissen; du bist gescheiter als sie.«
 
Die Lustbarkeiten im Palast dauerten den ganzen Tag fort, und die Sultanin, die der Prinzessin nicht von der Seite kam, unterließ nichts, um sie zur Fröhlichkeit und zur Teilnahme an den Vergnügungen und ergötzlichen Schauspielen zu stimmen, die ihr zu Ehren veranstaltet wurden; allein das Begebnis der vorigen Nacht hatte einen solch gewaltigen Eindruck auf sie gemacht, daß sie für nichts anderes Sinn hatte und immer damit beschäftigt war. Der Sohn des Großveziers fühlte sich durch diese schlimme Nacht ebenfalls sehr geschwächt, allein er setzte seinen Ehrgeiz darein, niemand etwas davon merken zu lassen, und wenn man ihn sah, mußte man glauben, er sei ein sehr glücklicher Ehemann.
 
Alaeddin, der von allem, was im Palast vorging, wohl unterrichtet war, zweifelte nicht, daß die Neuvermählten, trotz ihres[57] verdrießlichen Abenteuers in der ersten Nacht, sich abermals miteinander zu Bette begeben würden, und hatte keine Lust, sie in Ruhe zu lassen. Sobald die Nacht ein wenig vorgerückt war, rieb er seine Lampe; der Geist erschien und bot ihm mit denselben Worten, wie früher, seine Dienste an. »Der Sohn des Großveziers und die Prinzessin Bedrulbudur,« sagte Alaeddin zu ihm, »wollen heute nacht wieder beisammen schlafen. Gehe hin, und sobald sie sich niedergelegt haben, bring mir das Bett hierher, wie gestern.«
 
Der Geist bediente Alaeddin ebenso treu und pünktlich, wie das erstemal. Der Sohn des Großveziers brachte die Nacht wieder so kalt und so unangenehm zu, wie die Brautnacht, und die Prinzessin mußte zu ihrem Verdruß Alaeddin wieder als Bettgenossen annehmen, der auch diesmal zwischen sie und sich den Säbel legte. Der Geist kam, dem Befehle Alaeddins zufolge, morgens wieder, legte den Ehemann zu seiner Frau, nahm sodann das Bett mit den Neuvermählten und trug es wieder in das Zimmer des Palastes, wo er es geholt hatte.
 
Der Sultan, der nach dem Empfang, welchen er am vorigen Morgen bei der Prinzessin Bedrulbudur gefunden, sehr neugierig war, wie sie die zweite Nacht zugebracht habe, und ob sie ihn abermals so schlecht empfangen würde, begab sich wieder ebenso früh in ihr Zimmer, um sich davon zu unterrichten. Der Sohn des Großveziers, der sich über sein Unglück in dieser Nacht noch mehr schämte und ärgerte, als das erstemal, hörte ihn kaum kommen, als er eilig aufstand und in das Ankleidezimmer stürzte.
 
Der Sultan näherte sich dem Bett der Prinzessin, wünschte ihr guten Morgen und sagte dann nach denselben Liebkosungen wie am vorigen Tage: »Nun, meine liebe Tochter, bist du diesen Morgen auch wieder so schlecht gelaunt, wie gestern? Wirst du mir wohl sagen, wie du die Nacht zugebracht hast?« Die Prinzessin beobachtete dasselbe Stillschweigen und der Sultan bemerkte, daß sie noch weit unruhiger und betrübter war, als das erstemal. Er zweifelte jetzt nicht mehr, daß ihr etwas Außerordentliches zugestoßen sein müsse, ärgerte sich aber über ihre Schweigsamkeit und rief ihr voll Zorn und mit gezücktem Säbel zu: »Wenn du mir nicht gestehst, was du verhehlen willst, so haue ich dir sogleich den Kopf ab.«
 
[58]Die Prinzessin, die über den Ton und die Drohung des beleidigten Sultans noch mehr erschrak, als über den Anblick des blanken Säbels, brach endlich das Stillschweigen und rief mit tränenden Augen: »Geliebter Vater und König! ich bitte um Verzeihung, wenn ich dich beleidigt habe, hoffe aber von deiner Güte und Milde, daß Mitleid an die Stelle des Zorns treten wird, sobald ich dir den kläglichen und traurigen Zustand, worin ich mich sowohl diese als die vorige Nacht befunden, treu schildere.«
 
Nach dieser Einleitung, die den Sultan etwas besänftigte und milder stimmte, erzählte sie ihm alles, was ihr während dieser zwei verdrießlichen Nächte begegnet war, getreu und so rührend, daß er betrübt wurde, denn er liebte seine Tochter sehr zärtlich. Sie schloß mit den Worten: »Wenn du im mindesten an meiner Erzählung zweifelst, so kannst du den Gemahl fragen, den du mir gegeben hast; ich bin überzeugt, daß er die Wahrheit der Sache ebenso bezeugen wird, wie ich.«
 
Der Sultan teilte die tiefe Bekümmernis, in welche die Prinzessin durch ein so auffallendes Abenteuer versetzt werden mußte. »Liebe Tochter,« sprach er zu ihr, »es war sehr unrecht von dir, daß du mir diese seltsame Geschichte nicht schon gestern erzählt hast, die mir ebenso wichtig sein muß, als dir. Ich habe dich nicht verheiratet in der Absicht, dich unglücklich zu machen, sondern im Gegenteil gedachte ich, dich dadurch in den Besitz all des Glückes zu setzen, das du verdienst und bei einem Gemahl, der für dich zu passen schien, auch hoffen konntest. Banne nur aus deinem Gemüt die traurigen Gedanken an das, was du mir eben erzählt hast. Ich werde sogleich Befehle geben, daß du von nun an keine so unangenehmen und unerträglichen Nächte mehr hast, wie bisher.«
 
Sobald der Sultan in seine Gemächer zurückgekehrt war, ließ er den Großvezier rufen. »Vezier,« sagte er zu ihm, »hast du deinen Sohn schon gesehen und hat er dir nichts gesagt?« Als der Großvezier antwortete, er habe ihn noch nicht gesehen, so erzählte ihm der Sultan alles, was er von der Prinzessin Bedrulbudur vernommen. »Ich zweifle nicht,« sagte er zuletzt, »daß meine Tochter mir die Wahrheit berichtet hat; indes wäre es mir sehr lieb, wenn dein Sohn es bestätigte. Gehe und frage ihn, was an der Sache ist.«
 
[59]Der Großvezier begab sich sogleich zu seinem Sohn, teilte ihm mit, was der Sultan ihm gesagt hatte, und schärfte ihm ein, daß er ja nichts verhehlen und sagen solle, ob alles wahr sei. »Ich will dir die Wahrheit gestehen, mein Vater,« antwortete der Sohn. »Alles, was die Prinzessin zum Sultan sagte, hat seine traurige Richtigkeit; aber die schlechte Behandlung, die ich insbesondere erfahren habe, weiß sie selbst nicht. Ich brauche dir nicht weitläufig auseinanderzusetzen, was ich alles ausgestanden habe, wenn ich desungeachtet auch gegen die Prinzessin, meine Gemahlin, alle Gefühle der Liebe, Ehrerbietung und Dankbarkeit hege, die sie verdient. Gleichwohl muß ich dir aufrichtig gestehen, daß ich, so ehrenvoll und glänzend die Vermählung der Tochter des Sultans für mich ist, lieber sterben, als länger in einer so hohen Verwandtschaft bleiben will, wenn ich mich auch ferner noch einer solch unangenehmen Behandlung aussetzen muß. Ich zweifle nicht, daß die Prinzessin ebenso denken wird, wie ich, und sie wird leicht zugeben, daß unsere Trennung für ihre Ruhe so notwendig ist, als für die meinige; darum, lieber Vater, bitte ich dich bei der Liebe, die dich bewogen, mir diese hohe Ehre zu verschaffen, wirke beim Sultan aus, daß unsere Ehe für nichtig erklärt wird.«
 
So sehr es nun auch dem Ehrgeiz des Großveziers geschmeichelt hatte, seinen Sohn als Tochtermann des Sultans zu sehen, so hielt er es doch, da dieser fest entschlossen war, sich von der Prinzessin scheiden zu lassen, nicht für ratsam, ihn wenigstens noch für einige Tage zur Geduld zu ermahnen, um abzuwarten, ob diese Widerwärtigkeit nicht von selbst aufhören werde. Er verließ ihn daher, um dem Sultan Bericht abzustatten, und gestand ihm aufrichtig, die Sache sei nur zu wahr; sein Sohn habe ihm alles erzählt. Ohne erst abzuwarten, daß der Sultan selbst von der Ehescheidung zu reden anfing, wozu er ihn sehr geneigt sah, bat er hierauf um Erlaubnis, daß sein Sohn sich aus dem Palaste entfernen und in sein Haus zurückkehren dürfte; indem es höchst unrecht wäre, wenn die Prinzessin um seinetwillen nur einen Augenblick länger dieser schrecklichen Plage ausgesetzt würde. 

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