Die drei jüngeren Töchter des hingeschiedenen Muzius hatten indessen eine frohe Laune, eine schalkhafte Naivität entwickelt, über die 287alle Kater entzückt waren. Schon durch Speise und Trank merklich dem Gram und Schmerz entnommen, wurde nun die Gesellschaft immer froher und lebendiger. Man lachte, man scherzte und als die Tafel aufgehoben, war es der ernste Senior Puff selbst, welcher vorschlug, ein Tänzchen zu machen. Schnell war alles fortgeräumt; drei Kater stimmten ihre Kehlen und bald sprangen und drehten sich Muzius aufgeweckte Töchter mit den Jünglingen wacker herum.
Nicht von der Seite wich ich der Schönsten, ich forderte sie auf zum Tanz, sie gab mir die Pfote, wir flogen in die Reihen. — Ha! wie ihr Atem an meiner Wange spielte! wie meine Brust an der ihrigen bebte! wie ich ihren süßen Leib mit meinen Pfoten umschlungen hielt! — O des seligen, himmlisch seligen Augenblicks!
Als wir zwei, auch wohl drei Hopser getanzt, führte ich die Schönste in eine Ecke des Kellers und bediente sie galanter Sitte gemäß mit einigen Erfrischungen, wie sie sich eben vorfinden lassen wollten, da das Fest eigentlich auf einen Ball nicht eingerichtet. Nun ließ ich meinem innern Gefühl ganz freien Lauf. Einmal übers andere drückte ich ihre Pfote an meine Lippen und versicherte ihr, daß ich der glücklichste Sterbliche sein werde, wenn sie mich ein bißchen lieben wolle.
Unglücklicher, sprach plötzlich eine Stimme dicht hinter mir, Unglücklicher, was beginnst du! — es ist deine Tochter Mina!
Ich erbebte, denn wohl erkannte ich die Stimme! — Es war Miesmies! — Launisch spielte der Zufall mit mir, daß in dem Augenblick, als ich Miesmies ganz vergessen zu haben geglaubt, ich erfahren, was ich nicht ahnen können, ich in Liebe kommen mußte zu eignem Kinde! — Miesmies war in tiefer Trauer, ich wußte selbst nicht, was ich davon denken sollte. Miesmies, sprach ich sanft, was führt Sie hieher, warum in Trauer und — o Gott! — jene Mädchen — Mina's Schwestern? — Ich erfuhr das Seltsamste! — Mein gehässiger Nebenbuhler, der Schwarzgraugelbe, hatte sich gleich nachher, als er in jenem mörderischen Zweikampf meiner ritterlichen Tapferkeit erlegen, von Miesmies getrennt und war, als nur seine Wunden geheilt, fortgegangen niemand wußte wohin. Da warb Muzius um ihre Pfote, die sie ihm willig reichte, und es machte ihm Ehre und bewies sein Zartgefühl, daß er mir dies Verhältnis gänzlich verschwieg. So waren aber jene muntre naive Kätzchen nur meiner Mina Stiefschwestern!
O Murr, sprach Miesmies zärtlich, nachdem sie erzählt, wie sich das alles ergeben, o Murr! ihr schöner Geist hat sich nur in dem 288Gefühl geirrt, das ihn überströmte. Es war die Liebe des zärtlichsten Vaters, nicht des verlangenden Liebhabers, die in Ihrer Brust erwachte, als Sie unsre Mina sahen. Unsere Mina! o welch ein süßes Wort! — Murr! können Sie dabei unempfindlich bleiben, sollte alle Liebe erloschen sein in Ihrem Innern gegen die, die Sie so innig liebte — o Himmel noch so innig liebt, die Ihnen treu geblieben, bis in den Tod, wäre nicht ein anderer dazwischen gekommen, und hätte Sie verlockt durch schnöde Verführungskünste? — O Schwachheit, dein Name ist Katz! Das denken Sie, ich weiß es, aber ist es nicht Katertugend, der schwachen Katze zu verzeihen? — Murr! Sie sehen mich gebeugt! trostlos über den Verlust des dritten zärtlichen Gatten, aber in dieser Trostlosigkeit flammt aufs neue die Liebe auf, die sonst mein Glück, mein Stolz, mein Leben war! — Murr! hören Sie mein Geständnis! — ich liebe Sie noch und ich dächte wir verhei — Tränen erstickten ihre Stimme!
Mir war bei dem ganzen Auftritt sehr peinlich zu Mute. Mina saß da, bleich und schön, wie der erste Schnee, der manchmal im Herbste die letzten Blumen küßt und gleich in bitteres Wasser zerfließen wird.
(Anmerkung des Herausgebers. Murr! — Murr! schon wieder ein Plagiat! — In Peter Schlemihls wundersamer Geschichte beschreibt der Held des Buches seine Geliebte, auch Mina geheißen, mit denselben Worten.)