Aber wie mußte Hatteras in stillem Zorn ergrimmen, als er den Weg nach Norden sich hartnäckig versperrt sah! Doch besaß er Seelenstärke genug, um seine Verzweiflung nicht zu erkennen zu geben, und als habe er die einzige Bahn, welche offen war, selbst vorgezogen, ließ er den Forward die Franklin-Straße hinabführen; da er nicht die Beel-Straße hinauf konnte, entschloß er sich, um das Prinz-Wales-Land herumzusegeln, um den Canal Mac Clintock zu erreichen. Aber es war ihm ein Schmerz, daß Shandon und Wall sich nicht irren konnten, und wußten, wie es um seine getäuschte Hoffnung stand.
Am 6. Juni ergab sich kein Zwischenfall; es trat Schneewetter ein.
Während sechsunddreißig Stunden fuhr der Forward längs der buchtenreichen Küste Boothias, ohne daß es ihm möglich ward, dem Prinz-Wales-Land nahe zu kommen; Hatteras verstärkte den Dampf mit Kohlenverschwendung; er zählte stets darauf, seinen Vorrath auf der Insel Beechey zu ergänzen; am Donnerstag kam er ans Ende der Franklin-Straße, und fand immer noch den Weg nach dem Norden versperrt.
Das war zum Verzweifeln; es war ihm nicht einmal mehr möglich, denselben Weg zurück zu machen; die Eisblöcke trieben vorwärts, und er sah unablässig den Weg hinter sich wieder sich schließen, als wenn da, wo er eine Stunde zuvor noch gefahren war, das Meer niemals frei gewesen wäre.
So konnte der Forward nicht nur nicht nordwärts vorankommen, sondern durfte sich nicht einen Augenblick aufhalten, wollte er nicht stecken bleiben, und er floh vor den Eisblöcken, wie ein Schiff vor dem Sturm.
Am Freitag, den 8. Juni, kam er nächst der Küste von Boothia an die Einfahrt der James-Roß-Straße, welche er um jeden Preis zu vermeiden hatte, denn sie hatte nur eine westliche Ausmündung und endigt unmittelbar am festen Lande Amerikas.
Die um Mittag angestellten Beobachtungen ergaben 70° 5 17" für die Breite, und 96° 46 45" für die Länge. Der Doctor notirte diese Ziffern auf seiner Karte, und sah, daß er sich endlich am magnetischen Pol befand, gerade an der Stelle, wo James Roß, Neffe des Sir John, unlängst diesen merkwürdigen Punkt festgestellt hatte.
Das Land war in der Nähe der Küste niedrig, und stieg nur um etwa sechzig Fuß in der Entfernung einer Meile von dem Meere ab.
Da der Kessel des Forward gereinigt werden mußte, so ankerte der Kapitän sein Schiff an einem Eisfelde fest, und gestattete dem Doctor, in Gesellschaft des Rüstmeisters ans Land zu gehen. Er selbst, unempfänglich für Alles, was nicht mit seinen Plänen in unmittelbarer Verbindung stand, schloß sich in seine Cabine ein, und vertiefte sich im Anblick der Karte des Pols.
Der Doctor kam mit seinem Gefährten leicht ans Land; der Erstere trug einen zu seinen Experimenten bestimmten Compaß; er wollte des James Roß Arbeiten controliren, und entdeckte leicht den von letzterem errichteten Hügel von Kalkstein, er eilte hin und vermochte durch eine Oeffnung darinnen die zinnerne Lade zu gewahren, worin James Roß das Protokoll seiner Entdeckung niedergelegt hatte. Kein lebendes Wesen schien seit dreißig Jahren diese einsame Küste besucht zu haben.
An dieser Stelle nahm eine so leicht wie möglich in Schwebe gebrachte Magnetnadel in Folge magnetischer Anziehung sogleich eine beinahe senkrechte Lage an; das Centrum der Anziehung befand sich demnach in nächster Nähe, wo nicht unmittelbar unter der Nadel.
Der Doctor machte sein Experiment sorgfältig.
Aber wenn James Roß wegen Mangelhaftigkeit seiner Instrumente für seine verticale Nadel nur eine Neigung von 89° 59" fand, so lag der Grund darin, daß der wahre magnetische Punkt sich wirklich nur eine Minute weit von diesem Ort entfernt befand. Der Doctor Clawbonny war glücklicher, und hatte nicht weit von da die große Befriedigung, ihre Neigung um 90° zu sehen.
»Hier also ist genau der magnetische Pol des Erdballs! rief er aus, und stampfte mit dem Fuß.
– Eben hier? fragte Meister Johnson.
– Gerade hier, mein Freund.
– Also, fuhr der Rüstmeister fort, muß man jede Annahme eines Magnetbergs oder einer magnetisirten Masse aufgeben!
– Ja wohl, mein wackerer Johnson, erwiderte der Doctor mit Lachen, das sind die Hypothesen der Leichtgläubigkeit! Wie Sie sehen, ist hier keine Spur von einem Berg, der im Stande wäre die Schiffe anzuziehen, ihnen ihr Eisen zu entziehen, Anker bei Anker, Nagel bei Nagel, und Ihre Schuhe sind so frei, wie an jedem andern Punkt des Erdballs.
– Also wie erklärt mans ...
– Man erklärt es gar nicht, Johnson; soweit sind wir noch nicht mit unserm Wissen. Aber das steht richtig, mathematisch genau, daß der magnetische Pol sich gerade hier, an dieser Stelle befindet. – Ach! Herr Clawbonny, wie glücklich wäre der Kapitän, wenn er ebenso vom Nordpol sagen könnte!
– Das wird er, Johnson, er wird es sagen.
– Das wolle Gott!« erwiderte Letzterer.