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Die Abenteuer des Kapitän Hatteras-2
日期:2021-08-12 15:41  点击:223
Die Matrosen des Nautilus waren ganz verdutzt; in jedem andern Falle würden sie hell aufgelacht haben. Ein Hund Kapitän einer Brigg von hundertundsiebenzig Tonnen! Aber der Forward war wirklich ein so außerordentliches Fahrzeug, daß man zweimal es ansehen mußte, ehe man lachte, ehe man in Abrede stellte. Uebrigens lachte selbst Meister Cornhill nicht.
 
»Und Johnson hat Dir diesen so außerordentlichen Kapitän gezeigt, diesen Hund? fuhr er fort zu dem jungen Matrosen.
 
– So wie ich Sie sehe, mit Erlaubniß.
 
– Nun, was denken Sie davon? fragten die Matrosen den Meister Cornhill.
 
– Ich denke, nichts, erwiderte dieser barsch, ich denke nichts, als daß der Forward ein Schiff des Teufels ist, oder Narren gehört, die für das Irrenhaus reif sind!«
 
Die Matrosen sahen ferner den Forward schweigend an, und nicht einem einzigen von ihnen fiel es ein zu behaupten, der Johnson habe den jungen Seemann zum Besten gehabt.
 
Der Forward zog übrigens seit einigen Monaten die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Daß er etwas auffallend gebaut, mit Geheimniß umhüllt war; das Incognito seines Kapitäns; die Art, wie Richard Shandon seine Ausrüstung betrieb; die besondere Auswahl seiner Mannschaft; die unbekannte, von manchen kaum vermuthete Bestimmung desselben, – alles wirkte zusammen, der Brigg ein mehr als sonderbares Gepräge zu geben.
 
Für einen Denker, Träumer, Philosophen hat übrigens ein Schiff, das abzufahren im Begriff ist, etwas höchst anregendes; die Phantasie begleitet es gerne bei seinem Ringen mit den Wogen, seinen Kämpfen mit den Winden, bei der abenteuerlichen Fahrt, die nicht immer im Hafen ihr Ziel findet, und wofern nur der geringste ungewöhnliche Zwischenfall eintritt, erhält das Schiff ein phantastisches Aussehen.
 
So war es auch mit dem Forward. Und wenn die gewöhnlichen Zuschauer nicht so kundige Bemerkungen, wie Meister Cornhill, machen konnten, so gab es doch seit drei Monaten Stoff genug zu fortwährendem Gerede, für die Unterhaltung in Liverpool.
 
Die Brigg wurde zu Birkenhead, einer wirklichen Vorstadt von Liverpool am linken Ufer der Mersey, gebaut, und durch Dampfbarken in unablässigem Verkehr mit dem Hafen gehalten. Die Erbauer, Scott & Cie., hatten von Richard Shandon einen Aufriß und detaillirten Plan erhalten, welcher den Tonnengehalt, die Größenverhältnisse, das Modell der Brigg höchst genau angab. Man konnte darin den Scharfsinn eines vollendeten Seemanns erkennen. Da Shandon beträchtliche Mittel zur Verfügung hatte, so wurden die Arbeiten in Angriff genommen und nach der Weisung des unbekannten Eigentümers aufs rascheste betrieben.
 
Die Bauart der Brigg war von erprobter Solidität; sie war offenbar bestimmt, enormem Druck zu widerstehen, denn sein Fugenwert aus Teak, einem indischen, durch äußerste Dauerhaftigkeit ausgezeichneten Bauholz, war noch dazu mit dem stärksten Eisenbeschlag versehen. Man fragte sich unter den Seeleuten, weshalb der Rumpf eines mit solchen Widerstandsverhältnissen gebauten Schiffes nicht aus Eisenblech gefertigt wurde, wie bei andern Dampfbooten. Darauf antwortete man, der geheimnißvolle Ingenieur müsse wohl seine Gründe dafür haben.
 
Die Brigg nahm auf dem Werft allmälig ihre Gestalt an, und ihre Stärke wie Feinheit setzten die Kenner in Erstaunen. Wie die Matrosen des Nautilus bemerkt hatten, bildete sein Vordersteven einen rechten Winkel mit dem Kiel; es war nicht mit einem Schnabel versehen, sondern mit einer Schneide von Gußeisen aus den Werkstätten R. Hawthorns zu Newcastle. Dieses metallene, im Sonnenschein blinkende Vordertheil, gab der Brigg, obwohl sie gar nichts Militärisches an sich hatte, ein ganz besonderes Aussehen. Doch wurde auf dem Vordercastell eine Kanone vom Kaliber eines Sechzehnpfünders aufgestellt; auf einem Zapfen sich drehend, konnte sie leicht nach allen Richtungen gestellt werden.
 
Am 5. Februar 1860 wurde das seltsame Schiff im Angesicht einer ungeheuern Zuschauermenge vom Stapel gelassen, was vollkommen gelang.
 
Aber welches war denn die Bestimmung des Schiffes? Es sollte den Erebus und Terror, den Sir John Franklin aufsuchen, nichts weiter. Denn im Jahr zuvor war der Commandant Mac Clintock mit sichern Beweisen vom Scheitern dieser unglücklichen Unternehmung aus den Nord-Polarmeeren heimgekehrt.
 
Wollte denn der Forward nochmals die nordwestliche Durchfahrt machen? Wozu nützte dies? Der Kapitän Mac Clur hatte sie im Jahre 1853 aufgefunden, und sein Lieutenant Creswell hatte zuerst die Ehre, um das amerikanische Festland herum von der Behrings- bis zur Davis-Straße zu fahren.
 
Es war jedoch für Sachverständige unzweifelhaft, daß der Forward den Eisregionen Trotz bieten sollte. Wollte er zum Südpol vordringen, noch weiter als der Wallfischfahrer Wedell, als der Kapitän Roß? Aber zu welchem Zweck und Nutzen?
 
Am folgenden Tag, nachdem die Brigg vom Stapel gelaufen, kam ihre Maschine aus den Werkstätten von R. Hawthorn zu Newcastle an.
 
Diese Maschine, von hundertundzwanzig Pferdekraft mit oscillirenden Cylindern, nahm wenig Raum ein: für ein Schiff von hundertundsiebenzig Tonnen eine bedeutende Kraft. Da es zudem reichlich mit Segeln versehen war, so besaß es außerordentliche Schnelligkeit, wie die Probefahrten bewiesen.
 
Nachdem die Maschine an Bord war, begann das Einbringen der Vorräthe; keine geringe Arbeit, denn das Schiff wurde auf sechs Jahre verproviantirt. Die Lebensmittel bestanden aus gesalzenem und getrocknetem Fleisch, geräuchertem Fisch, Zwieback und Mehl; Kaffee und Thee wurden lavinengleich in die untern Räume gewälzt. Richard Shandon leitete die kostbare Befrachtung als ein Mann, der sich darauf verstand; alles wurde streng ordnungsmäßig packetirt, etikettirt, numerirt; auch wurde ein großer Vorrath von dem indischen Präparat, Pemmican genannt, welches sehr nahrhafte Bestandtheile enthält, mitgenommen.
 
Diese Gattung von Lebensmitteln ließ keinen Zweifel, daß es auf eine langedauernde Expedition abgesehen war; und ein kundiger Beobachter begriff auf den ersten Blick, daß diese in die Polar-Meere gehen sollte, wenn er die Tonnen Lime-juice und Kalkpastillen, Päcke von Senf, Sauerampferkörnern und Löffelkraut sah, die Menge von solchen Mitteln gegen den Scorbut, welche man bei den Fahrten in die nördlichen und südlichen Zonen so nothwendig braucht. Shannon besorgte diesen Theil der Ladung mit ganz besonderer Sorgfalt.
 
Waffen wurden wenige mitgenommen, aber eine Kammer mit Pulver gefüllt, was beunruhigen konnte; denn die einzige Kanone an Bord konnte solches Bedürfniß nicht haben. Ebenso wurde für riesenhafte Sägen gesorgt und starke Werkzeuge, wie Hobel, bleierne Keulen, Handsägen, enorme Beile etc., dazu eine ansehnliche Menge Spreng-Cylinder, womit man das ganze Zollgebäude Liverpools in die Luft sprengen konnte, Raketen und Kunstfeuer zu Signalen, Fanale aller Art.
 
Die zahlreichen Zuschauer auf den Quais von New-Princes-Docks bewunderten ferner ein langes Wallfischboot von Mahagoni, eine Pirogue von Blech mit Guttapercha bezogen, und eine Anzahl Halkett-boafs, Kautschuküberzüge, welche man durch Aufblasen in Canots verwandeln konnte. Jeder fühlte sich um so mehr beunruhigt, als mit der sinkenden Fluth der Forward zu seiner geheimnißvollen Bestimmung abzufahren im Begriff war. 

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