Neuer Zeter der Sekundanten, zweiter Sprung. Nun glaubte ich meinen Gegner besser zu fassen, aber der Verräter duckte sich und biß mir in die linke Pfote, daß das Blut in dicken Tropfen hervorquoll. — „Auseinander! rief Muzius zum zweitenmal. „Eigentlich ist nun die Sache ausgemacht,“ sprach der Sekundant meines Gegners sich zu mir wendend, da Sie, mein Bester, durch die bedeutende Wunde an der Pfote hors de combat gesetzt sind.“ Doch Zorn, tiefer Ingrimm ließen mich keinen Schmerz fühlen und ich entgegnete, daß es sich bei 236dem dritten Sprunge finden würde, inwiefern es mir an Kraft gebräche und die Sache als abgemacht anzusehen. „Nun, sprach der Sekundant mit höhnischem Lachen, wenn Sie denn durchaus von der Pfote Ihres Ihnen überlegenen Gegners fallen wollen, so geschehe Ihr Wille! — Doch Muzius klopfte mir auf die Schultern und rief: Brav, brav mein Bruder Murr, ein echter Bursche achtet solch einen Ritz nicht! — Halte dich tapfer!
Zum drittenmal Zeter der Sekundanten, dritter Sprung! — Meiner Wut ungeachtet, hatte ich die List meines Gegners gemerkt, der immer etwas seitwärts sprang, weshalb ich ihn fehlte, während er mich mit Sicherheit packte. — Diesmal nahm ich mich in acht, sprang auch seitwärts und als er mich zu fassen glaubte, hatte ich ihn schon dermaßen in den Hals gebissen, daß er nicht schreien, nur stöhnen konnte. „Auseinander!“ rief jetzt der Sekundant meines Gegners. Ich sprang sogleich zurück, der Bunte sank aber ohnmächtig nieder, indem das Blut reichlich aus der tiefen Wunde hervorquoll. Die hellgraue Katze eilte sogleich auf ihn zu und bediente sich, um vor dem Verbande das Blut einigermaßen zu stillen, eines Hausmittels, das, wie Muzius versicherte, ihr stets zu Gebote stand, da sie es immer bei sich führte. Sie goß nämlich sofort eine Flüssigkeit in die Wunde und besprengte überhaupt den Ohnmächtigen ganz und gar damit, die ich ihres scharfen, beizenden Geruchs halber für stark und drastisch wirkend halten mußte. Thedensche Arkebusade war es nicht, auch nicht Eau de Cologne. — Muzius drückte mich feurig an seine Brust und sprach: Bruder Murr, du hast deine Ehrensache ausgefochten, wie ein Kater, dem das Herz auf dem rechten Flecke sitzt. — Murr, du wirst dich erheben zur Krone des Burschentums, du wirst keinen Makel dulden und stets bei der Hand sein, wenn es darauf ankommt, unsre Ehre zu erhalten. — Der Sekundant meines Gegners, der so lange dem hellgrauen Chirurgus beigestanden, trat nun trotzig auf und behauptete, daß ich im dritten Gange gegen den Komment gefochten. Da setzte sich aber Bruder Muzius in Positur und erklärte mit funkelnden Augen und hervorgestreckten Krallen, daß der, der solches behaupte, es mit ihm zu tun habe und daß die Sache gleich auf der Stelle ausgemacht werden könne. Der Sekundant hielt es für geraten, nichts weiter darauf zu erwidern, sondern packte stillschweigend den wunden Freund, der was weniges zu sich selbst gekommen, auf den Rücken und marschierte mit ihm ab durch die Dachluke. — Der aschgraue Chirurgus fragte an, ob er meiner Wunden halber mich auch etwa mit seinem Haus237mittel bedienen solle. Ich lehnte das aber ab, so sehr mich auch Ohr und Pfote schmerzten, sondern machte mich im Hochgefühl des errungenen Sieges, der gestillten Rache für Miesmies Entführung und erhaltene Prügel, auf den Weg nach Hause.
Für dich, o Katerjüngling! habe ich mit gutem Bedacht, die Geschichte meines ersten Zweikampfs so umständlich aufgeschrieben. Außerdem, daß dich diese merkwürdige Geschichte über den Ehrenpunkt belehrt ganz und gar, so kannst du auch noch manche für das Leben nützliche Moral daraus schöpfen. Wie z. B. daß Mut und Tapferkeit gar nichts ausrichten gegen Finten und daß daher das genaue Studium der Finten unerläßlich ist, um nicht zu Boden getreten zu werden, sondern sich aufrecht zu erhalten. Chi no se ajuta, se nega, sagt Brighella in Gozzis glücklichem Bettler und der Mann hat recht, vollkommen recht. Sieh das ein, Katerjüngling und verachte keinesweges Finten, denn in ihnen liegt, wie im reichen Schacht, die wahre Lebensweisheit verborgen.