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95. Das goldene Schloß
日期:2021-02-09 09:54  点击:224
"Willst du eine Prinzessin sein?" So fragte ein Knabe seine kleine Schwester. Die lachte ihn aus. Er sagte aber: "Ja, ich kann ein König und du kannst eine Prinzessin werden. Du bekommst ein schönes, neues Kleid und einen silbernen Thron. Ich bekomme einen roten Mantel, eine goldene Krone und einen goldenen Thron." Die Schwester glaubte das nicht und sagte: "Unsere Eltern sind ja so arm." Der Knabe erzählte dann: "Letzte Nacht im Traume kam ein kleiner Mann zu mir. Er fragte mich: 'Willst du ein König sein und in einem goldenen Schlosse wohnen?' Ich sagte, ja. Da sprach der Kleine: 'Komm in den Wald mit deiner Schwester, wenn der Mond scheint. Bei der großen Tanne warte auf mich. Aber später im goldenen Schlosse darf keine Träne auf den Boden fallen. Wenn eine Träne auf den Boden fällt, müßt ihr wieder heim.'" Jetzt glaubte die Schwester, was der Bruder sagte. Sie wollte gerne mit ihm gehen.
Am Abend schien der Mond sehr hell. Da gingen Bruder und Schwester hin zu der großen Tanne im Walde. Das Männlein war noch nicht da. Die Kinder setzten sich ins Moos, um zu warten. Sie waren müde und schliefen bald ein. Auf einmal wachten sie auf. Verwundert schauten sie um sich. Sie hatten schöne neue Kleider an. Der Bruder hatte einen roten Mantel und trug eine goldene Krone. Die Schwester hatte ein himmelblaues Kleid mit silbernen Sternen. Auf ihren Haaren war ein Kranz von Diamanten. Der kleine Mann kam und rief: "Willkommen, willkommen!" Dann kamen noch viele kleine Männlein mit einem goldenen und einem silbernen Wagen. Der Bruder mußte sich in den goldenen Wagen und die Schwester in den silbernen Wagen setzen. Die Männlein zogen die Wagen und fuhren durch den Wald an einen Berg. Im Berge war eine große, hohe Halle, und darin stand ein goldenes Schloß. Die kleinen Männer führten die Geschwister in dieses Schloß. Dann holten sie einen goldenen und einen silbernen Thron. Der goldene Thron war für den Bruder und der silberne für die Schwester. Die kleinen Männer stellten sich vor sie hin und riefen: "Hoch lebe unser König und auch die Prinzessin!" Dann gab es zu essen, lauter gute Sachen.
 
Nach dem Essen wollten die Kinder schlafen, denn es war schon spät. Im Schlafzimmer standen zwei Betten, ein goldenes und ein silbernes. Der König legte sich in das goldene, die Prinzessin in das silberne Bett. Da fragte der Bruder: "Schwesterchen, wie gefällt dir das goldene Schloß?" Sie antwortete: "Schön ist es schon hier; wenn nur der Vater und die Mutter auch hier wären!" Der Bruder sagte: "Das möchte ich auch haben. Was werden die Eltern jetzt machen?" Die Schwester meinte: "Sie werden uns suchen und weinen, weil sie uns nicht finden können." "Ja," war des Bruders Antwort, "sie werden denken, der Wolf habe uns gefressen." Das konnte die Schwester nicht anhören. Sie fing an zu weinen. Da warnte der Bruder: "Nicht weinen, sonst fallen deine Tränen auf den Boden!" "Nein," sagte die Schwester, "ich hab' sie mit der Hand aufgefangen. Aber ich muß weinen." Nun wurde auch der Bruder ganz traurig. Auch er weinte einige Tränen. Doch die Tränen fielen in das Bett. Die Schwester fragte: "Wie lange willst du noch König bleiben? Ich will nicht mehr Prinzessin sein. Ich will heim!" Der Bruder sagte: "Ja, zu Hause bei Vater und Mutter ist es doch schöner!" Da ließen sie beide große Tränen auf den Boden fallen. Es donnerte, und die Kinder fielen aus den Betten.
 
Nun kamen die kleinen Männer wieder. Sie waren sehr traurig und brachten die Geschwister zurück zu der großen Tanne im Wald. Da schliefen Bruder und Schwester bald ein. Als sie die Augen öffneten, war es heller Tag, aber der rote Mantel und das himmelblaue Kleid Waren verschwunden.
 
Da kamen auch schon die Eltern. Die freuten sich sehr, ihre Kinder wieder zu haben. Die Geschwister waren ebenso froh und versprachen, nie mehr fortgehen zu wollen. 

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