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Zwölftes Kapitel. Eine Zeit großer Ereignisse.-4
日期:2020-12-31 14:07  点击:203

Freitag gehorchte mit einem Blicke des Dankes und reichte das Dargebotene dem Alten. Dann sprang er mit einem Satze aus dem Kahne und lief wie ein gehetztes Wild davon, so daß er im Nu aus unsern Augen verschwunden war. Ich schrie, ich lief ihm nach – er hörte nicht; nachdem etwa eine Viertelstunde verflossen war, sah ich ihn wiederkommen, aber nicht so eilig, als er davongelaufen war, weil er etwas in den Händen trug. Er hatte nämlich in dieser kurzen Zeit den Weg nach der Burg zurückgelegt, um noch mehr Brot und einen Krug frischen Wassers hierher zu bringen. Sein Vater, der bald vor Durst verschmachtete, wurde durch den kühlen Trunk mehr erquickt, als all mein Rum vermocht hätte.

Nachdem der Alte getrunken hatte, fragte ich Freitag, ob noch etwas Wasser übrig sei, und auf seine Bejahung trug ich ihm auf, dieses sowie ein Brot dem Spanier zu bringen, der dessen ebensosehr bedurfte und auf einem Rasenhügel im Schatten eines Baumes ausruhte.

Als Freitag zurückgekommen, schlug er die Augen zu mir empor und blickte mich mit dem Ausdrucke größter Dankbarkeit an. Gern hätte sich der Spanier erhoben und wäre zu uns gekommen, allein er war so erschöpft und seine Glieder durch die harten Bande so angeschwollen, daß er sich nicht auf den Beinen zu halten vermochte. Ich befahl daher Freitag, ihm Hände und Füße mit Rum einzureiben. Dabei drehte letzterer alle Augenblicke den Kopf herum, um nach seinem Vater zu sehen. Als er ihn einmal nicht in seiner vorigen Stellung sah, ließ er ohne weiteres vom Einreiben ab, sprang auf und schoß wie ein Pfeil nach dem Boote, in welchem sich sein Vater niedergelegt hatte, um seinen müden Gliedern Ruhe zu gönnen. Erst als er völlig zufrieden gestellt sein durfte, kehrte Freitag eiligst zurück und vollendete die ihm aufgetragene Hilfeleistung.

Alles dies hatte uns von der Verfolgung der Wilden abgezogen, und ihre Barke selbst war uns bereits aus dem Gesicht, als wir wieder an sie dachten. Die Verhinderung unsrer anfänglichen Absicht war jedoch ein großes Glück für uns. Denn zwei Stunden später erhob sich ein heftiger Wind, der den übrigen Teil des Tages und die ganze Nacht hindurch anhielt. Wie übel hätte es uns in unsrer leichten Barke ergehen können!

Dem Spanier machte ich den Vorschlag, sich auf Freitag zu stützen und bis zu einem der Kähne sich weiter zu helfen, um ihn dann nach unsrer Wohnung zu schaffen, wo ich besser für seine Pflege und Bequemlichkeit sorgen könnte. Allein er fühlte sich so schwach, daß er nicht mehr stehen konnte. Ohne weitere Umstände nahm daher Freitag mit kräftiger Hand den Fremden auf seinen Rücken, trug ihn nach dem Kahne, setzte ihn an der Seite seines Vaters nieder, stieß das Boot vom Ufer und ruderte dasselbe, ungeachtet des sich erhebenden Windes, die Küste entlang, schneller als ich gehen konnte. Darauf eilte er zurück. Als er an mir vorbei lief, fragte ich ihn: »Wo rennst du so hurtig hin?« – »Andern Kahn holen!« lautete lakonisch seine Antwort, und schnell wie der Wind war er davon. Als ich bei der Bucht anlangte, war auch Freitag fast gleichzeitig mit dem nachgeholten Boote daselbst eingetroffen.

Soweit war alles gut gegangen. Da aber weder Freitags Vater noch der Spanier zu gehen im stande war, so befanden wir uns in nicht geringer Verlegenheit, wie wir dieselben bis zur Burg und besonders über die Wallmauer bringen sollten. Wir hatten indes keine Zeit, noch lange zu überlegen. Das geeignetste Transportmittel schien mir unter den vorliegenden Umständen eine Tragbahre zu sein. Sofort machte ich mich denn auch, indem ich die beiden unsrer Obhut anvertrauten Männer am Ufer ruhig niedersitzen ließ, mit Freitag ans Werk, und nach einem Stündchen hatten wir mit zwei Stangen und Flechtwerk eine Tragbahre hergerichtet, wie sie unsern Zwecken notdürftig entsprechen konnte.

So trugen wir denn den Spanier und Freitags Vater und gelangten bis an die äußere Umfassungsmauer unsrer Burg. Hier aber entstand wiederum die Frage: Wie werden wir die beiden Entkräfteten über den Wall hinwegbringen? Es blieb denn nichts andres übrig, als zwischen der ersten Umhegung und dem von mir angepflanzten Gebüsch ein Zelt zu errichten. Freitag ging mit seiner gewohnten Geschicklichkeit ans Werk, und nach zwei Stunden hatten wir eine leidlich hübsche Hütte zustande gebracht, bedeckt mit alten Segeln und Baumzweigen. Im inneren Raume derselben stellten wir einen Tisch hin nebst einer Bank und ein paar roh gezimmerten Stühlen, sodann zwei Lagerstätten von gutem Reisstroh nebst je zwei wollenen Decken: eine, um darauf zu liegen, die andre, um sich damit zuzudecken.

Sobald alles unter Dach und Fach gebracht war, erschien es wohl natürlich, daß ich nun auch an mich und Freitag dachte. Ich befahl letzterem, eine junge Ziege zu schlachten und sie in Stücke zu zerschneiden. Mit einigen derselben, die ich Freitag kochen ließ, bereitete ich eine kräftige Suppe und ein vortreffliches Fleischgericht. Dann wartete ich in dem neu aufgeschlagenen Zelte auf und hieß meine Gäste guten Mutes sein und tapfer zulangen.

Nach aufgehobener Mahlzeit trug ich Freitag auf, eine Barke herbeizuschaffen und unsre Waffen zu holen, die wir im Drange der verwichenen Stunden auf dem Schlachtfelde gelassen hatten. Nächstdem gab ich ihm den Auftrag, seinen Vater über die Wilden auszufragen, und ob er glaube, daß sie einen Rachezug gegen uns unternehmen würden. Freitags Vater meinte, die Flüchtlinge hätten in ihrem leichten Fahrzeuge dem Sturme, der sich bald nach ihrer Abfahrt erhob, um so weniger widerstehen können, als er sie bereits auf dem ersten Viertel ihres Seewegs überrascht hätte. Wenn aber das Fahrzeug auch nicht umgeschlagen wäre und seine Insassen in den Wellen begraben hätte, so würden diese doch nach Süden zu unvermeidlich an Küsten geschleudert worden sein, wo sie als Kriegsgefangene dem Tode preisgegeben wären. Sollten sie dennoch in ihre Heimat kommen, so würden sie ihren Landsleuten eher ab- als zureden, diese Insel jemals wieder zu betreten. Er habe nämlich vernommen, wie sie sich gleich nach unsern ersten Gewehrsalven ängstlich und zitternd einander zuriefen: die beiden Wesen (nämlich ich und Freitag) seien keine Menschen, sondern böse Geister, die vom Himmel auf die Erde herabgestiegen wären, um sie zu vernichten; denn Menschen, wie sie immer auch seien, könnten nicht Blitze und Donner machen, auch nicht Feuer und Tod in die Ferne schicken. Gewiß käme ihnen dieses Eiland wie ein verzaubertes Land vor, dessen geisterhafte Bewohner alles vernichteten, was sich in ihre Nähe wagte.

Der alte Mann mochte wohl nicht unrecht haben. Dennoch blieb ich auf der Hut; da wir aber jetzt unser vier waren, so konnten wir es getrost mit einer Rotte von 50, ja 100 Mann aufnehmen.

Nachdem wir uns noch über mancherlei unterhalten hatten, überließ ich Freitags Vater und den Spanier der benötigten Ruhe, denn sie waren immer noch matt und schwach. Auch wir beiden andern zogen uns nach dem Wohnhause zurück und suchten gleichfalls unser Lager auf. Trotz meiner Müdigkeit wollte mich der Schlaf nicht überkommen; die jüngsten Ereignisse tauchten wieder so lebhaft in meiner Seele auf, daß ich den ganzen Kampf gleichsam von neuem durchlebte. 

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