Ich fühlte mich von den Anstrengungen des Tages so ermattet, daß ich nicht mehr nach meiner Burg zurückkehren mochte, vielmehr legte ich mich, nachdem ich Speise und Trank zu mir genommen, in meiner Barke schlafen, vor einem plötzlichen Überfall sicher, da ich ja einen Wächter in dem Hunde zur Seite hatte.
Neu gestärkt erwachte ich am folgenden Morgen. Nach eingenommenem Imbiß, den ich mit meinem neuen Freunde gewissenhaft teilte, schaffte ich meine Fracht ans Ufer und durchsuchte jedes Stück. Der Branntwein in dem Fäßchen erwies sich als eine Art Rum, und in den Koffern entdeckte ich mancherlei, was mir sehr willkommen war, z. B. ein Flaschenfutter von sehr schöner Arbeit, in welchem sich mehrere, drei Liter haltige, mit silbernen Stöpseln versehene Flaschen feiner Branntweine befanden; sodann zwei Töpfe mit eingemachten Früchten, die so fest verschlossen waren, daß das Seewasser nicht einzudringen vermocht hatte; ferner etliche gute Hemden, anderthalb Dutzend weißleinene Taschentücher und mehrere farbige Halstücher. Auf dem Boden des Koffers fand ich zuguterletzt noch drei große Beutel mit Silbermünzen, im ganzen 1100 Stück; in dem einen waren 6 Dublonen in Gold und etliche kleine Goldbarren. Gern hätte ich das ganze Gold, das ich nicht viel höher als Kieselsteine schätzte, für drei oder vier Paar englische Schuhe und Strümpfe dahingegeben, die ich seit so vielen Jahren schmerzlich entbehren mußte. In dem andern Koffer befanden sich Kleidungsstücke sowie ein kleiner Pulvervorrat, dessen außerordentliche Feinheit darauf hinwies, daß er nur zur Vogeljagd bestimmt sein konnte. Der Koffer, welchen ich zuletzt öffnete, enthielt noch eine Geldsumme in Realen, aber was mir am meisten Freude bereitet, war der Fund von Papier, Federn, Schreibzeug, Federmessern und einer großen Flasche voll Tinte.
Alsbald brachte ich den ganzen Fund unter Dach und Fach nach meiner Grotte, das Boot aber wieder an seinen alten Ort; ich selbst kehrte darin nach der Burg zurück, wo ich alles in derselben Ordnung vorfand, wie ich es kürzlich verlassen.
Zwar entstand ein nicht geringer Aufruhr unter den Ziegen und Katzen, als sie meinen vierbeinigen Gefährten erblickten, der sie laut bellend anfuhr; doch ich schlichtete bald den Streit der Parteien, und sämtliche tierische Genossen lebten dann in ungestörtem »Burgfrieden« einträchtig bei einander.
Traurige Überraschung
Als ich nach ein paar Tagen wiederum an das Ufer in die Nähe des Schiffbruchs kam, bemerkte ich zu meinem großen Schmerze den Leichnam eines Schiffsjungen, den die Wogen ans Land gespült hatten. Er trug nur eine Matrosenjacke, an den Knieen zerrissene Beinkleider, sowie ein Hemd von dunkelblauer Leinwand. Nichts verriet, welcher Nation er angehörte. In seinen Taschen fand ich zwei kleine Münzen und eine Pfeife, über welche letztere ich hoch erfreut war, und die in meinen Augen hundertmal mehr Wert hatte als Gold und Silber! Von der ganzen verunglückten Schiffsmannschaft, soviel ich auch umherspähte, entdeckte ich nicht das Geringste.
Nach den eben beschriebenen Ereignissen trat in meinem Leben wieder die frühere Eintönigkeit ein, nur daß ich bei allen Verrichtungen, die ich vornahm, behutsamer zu Werke ging und wachsamer auf alles acht gab, was sich außerhalb meiner Burg etwa ereignete. Wenn ich mein Landhaus besuchte, so wagte ich nicht, mich dahin zu begeben, ohne mich bis an die Zähne zu bewaffnen. Traf es sich aber, daß mich der Weg nach dem östlichen Teile der Insel führte, so konnte ich schon mit größerer Sicherheit, wenn auch immer nicht unbewaffnet, meine Reserveparks besichtigen. Manchmal wandelte mich in dieser Zeit die Lust an, eine zweite Reise nach dem gestrandeten Fahrzeuge zu unternehmen; allein mein Verstand sagte mir, daß es nichts enthielte, was die Beschwerlichkeiten und Gefahren vergüten könnte.